Westgoten
Erläuterung: Westgoten, Wisigoten (wohl v. gotisch wisu „gut“), Wesegoten, Vesier, Terwingen, lat. Visigothae, Vesegothae, Vesi, Tervingi, Teilgruppierung der Goten, 291 n. Chr. als Terwingen erstmals bezeugt. Nach einer Niederlage gegen den römischen
Kaiser Aurelian (271) und dem Rückzug der Römer aus
Dakien nahmen Teile der Goten, die späteren Westgoten, das Gebiet westlich von Dnjestr und Pruth sowie nördlich der Donau beiderseits der Karpaten in Besitz. Erst auf der Flucht vor den
Hunnen überquerten große Teile des terwingischen Volkes unter
Fritigern 376 die Donau und baten um Aufnahme in das Römische Reich. Nach der für die Goten siegreichen Schlacht von Adrianopel (378) gegen
Kaiser Valens schloss dessen Nachfolger
Theodosius I. mit ihnen einen Föderatenvertrag und wies ihnen in
Thrakien (v. a. in
Mösien) neue Wohnsitze zu. Von hier aus wanderten sie – damals immer noch ein polyethnischer Verband – unter ihrem König
Alarich I. aus dem Geschlecht der Balthen 395 weiter und verwüsteten große Teile der Balkanhalbinsel. Mehrfach fiel Alarich, 397 vom oströmischen Kaiser
Arcadius zum obersten Heermeister von
Illyrien ernannt, in Italien ein und besetzte und plünderte 410 Rom. Erst während der (seit dem Donauübertritt) rund vierzigjährigen Wanderung vollzog sich auf dem Boden des Römischen Reiches die Ethnogenese der Westgoten; aus dem ursprünglichen Völkergemisch entstand ein neuer Stamm. 418 erhielten die Westgoten unter König
Wallia, der sich 416 den Römern ergeben hatte, Landzuweisungen in
Aquitanien und begründeten als römische Föderaten das
Tolosanische Reich. Als römische Verbündete kämpften sie gegen die
Sweben in Spanien, wo sie unter
Eurich 468 festen Fuß fassten. Mit der
Niederlage von Vouillé bei Poitiers gegen die
Franken verloren sie fast ganz Aquitanien (507). Das seitdem auf Spanien beschränkte westgotische Königreich von Toledo hatte bis 711 Bestand. Die Aufhebung des Mischehenverbots zwischen Westgoten und den an Zahl und Kultur überlegenen Romanen sowie der Übertritt vom
Arianismus zum Katholizismus unter
Rekkared I. 587 förderten die rasche Romanisierung der Westgoten und die Verschmelzung von Hispaniern und Westgoten, die vornehmlich in Zentralspanien nördlich des Tajo siedelten. 711 unterlagen die Westgoten unter ihrem letzten König
Roderich in der Nähe des Flusses Guadalete den Angriffen der Araber. – Die Westgoten hinterließen Zeugnisse ihrer Baukunst und des Kunsthandwerks und schufen bedeutende Rechtskodifikationen.
Quellen:
BROCKHAUS