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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 2, Text 15 (S. 201-243)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Preßburg, Löwe, 1781
Autor: Martin Schech
Zuordnung: Geschichte

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15. Das Alterthum der Sächsischen Nation in Siebenbürgen, und derselben verschiedene Schicksale.


Es ist allzubekannt, welche verschiedene Meynungen, die Geschichtschreiber in Ansehung des Ursprungs der Sächsischen Nation in Siebenbürgen hegen, unter denen die vorzüglichsten, folgende sind:

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Erstlich: daß die heutigen Siebenbürgischen Sachsen, die Nachkömmlinge der alten Dacier, Gethen, oder Gepider seyen.

Zweytens: daß der Kaiser Karl der Grosse, nachdem er die Sachsen bezwungen, zahlreiche Kolonien, von den neubekehrten Sachsen, nach Frankreich, Niederland, Pannonien und Siebenbürgen verschicket, von welchen Kolonien die heutigen Sachsen größtentheils herrührten.

Drittens: daß der ungrische König Geysa der Zweyte einige deutsche Völker ausdrücklich beruffen, und solchen einen ansehnlichen Bezirk in Siebenbürgen, nebst gewissen Freyheiten angewiesen habe. —

Wenn diese drey verschiedenen Meynungen, (denn das Mährchen von den Hammelischen Kindern verdienet nicht, in einige Betrachtung gezogen zu werden. Wenn man auch nur die Zeit, wo diese wunderbare Begebenheit sich soll zugetragen haben, ansiehet, so ergiebt es sich sogleich, daß sich solche mit der Ankunft der Sachsen nicht reime) aus der ältern Geschichte geprüfet werden, so findet sich darinnen für die erstere dieser Meynungen sehr viel Wahrscheinlichkeit. Denn wo sind die Uiberbleibsel der Dacier hingekommen? Daß die Armee des letztern Dacischen Königs Decebalus bey der merkwürdigen Schlacht mit dem Kaiser Trajan, so um das Jahr Christi 105. vorgefallen, ziemlich aufgerieben worden, ist nicht zu läugnen; daß aber alle die Gefangenen sammt dem Landvolke, groß und klein ausgerottet worden, findet sich in der Geschichte keine Nachricht, und läßt sich auch mit der so gepriesenen Menschenliebe eines gütigen Trajans gar nicht zusammen reimen. Vielmehr giebt die Geschichte zu erkennen, daß der siegreiche Kaiser, die verscheuchten Dacier, huldreich aufgenommen, und geschützet, ihre Städte ausgebessert, und mit der besondern Römischen Bauart verschönert habe.

Nach dieser grausamen Schlacht hielten sich die gedemühtigten Dacier unter der Römischen Bohtmäßigkeit

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geraume Zeit ruhig, bis sie unter der vernachläßigten Regierung der folgenden tyrannischen Kaiser, und der harten Behandlung der Römischen Statthalter, ihre Häupter wiederum empor hoben, und das Römische Joch abzuschütteln trachteten. Endlich ergab sich die Gelegenheit unter dem Kaiser Lucius Domitius Aurelianus, daß sie ihren Zweck erreichten, und sich der Römischen Bohtmäßigkeit gänzlich entzogen. Dieser Kaiser ward nach dem Berichte des Schleidans, mit den Markomannen, Persern, und besonders mit der tapfern Königinn Zenobia in schwere Kriege verwickelt, und sah sich genöhtiget, die Römischen Legionen aus Dacien, welches er ohnehin zu behaupten nicht sonderliche Lust zu halben schien, herauszuziehen; wodurch die Dacier vollends ihres verdrüßlichen Jochs, unter welchem sie fast 200. Jahre geseufzet hatten, völlig befreyet wurden, und die zurückgebliebenen Römer, die wahrscheinlich vom niedern Pöbel waren, in beständigem Drucke oder Unterwürfigkeit erhielten, auch sich nicht scheuten, die benachbarten Römischen Provinzen feindlich anzufallen. Dieses gelung ihnen um so mehr, da dem Kaiser Aurelianus nach einer etwas mehr als fünfjährigen Regierung M. Klaudius Tacitus, und dessen Bruder Florianus auf dem Kaiserlichen Trohne folgten, aber beyde nur etliche Monate lebten, folglich sich der auswärtigen Angelegenheiten nicht viel annehmen konnten. Als aber um das Jahr Christi 276. M. Aurelius Probus zum Kaiserthume gelangte, und die Dacier ihre Einfälle fortsetzten, so griff er die Dacier an, und schlug selbige in Thracien, machte aber doch endlich im Jahre 278. Friede mit denselben, ja er nahm sie sogar zu Bundesgenossen an. Diesen Bund haben nachgehends die Kaiser M. Aurelius Carus, Carinus, Numerianus, Diokletianus, Maximinianus, Constantinus Chlorus, und Galerius Armentarius bestätiget, und nachdem Konstantin der Grosse den Kaiserl. Trohn bestieg, so half er den Daciern

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die von ihren Knechten bedenkliche Rebellion dämmen und erhielt von ihnen bald darauf 40000. Mann Hüfsvölker wider die Perser.

Hieraus erhellet nun klar: daß die Dacier von den Römern nicht gänzlich seyen vertilget worden. — Freylich könnte man hier einwenden, daß wenn die Dacier von den Römern nicht sind vertilget worden, so haben sie doch von den nachkommenden blutdürstigen Hunnen unter ihren Attila können verschlungen worden seyn. Allein wir finden in der Geschichte sichere Beweisthümer, daß auch dieses nicht geschehen ist. In dem fünften Jahrhunderte findet man, daß die Dacier oder Westgothen, die sich nunmehr auch Gepiden zu nennen anfiengen mit den orientalischen Kaisern Leo und Zeno in Handlungstraktate eingelassen, mithin müßen sie auch von den Hunnen nicht gänzlich ausgerottet worden seyn. Ein Beweis, daß auch die alten Dacischen Städte durch die Uiberschwemmung der Hunnen wahrscheinlicherweise zwar viel erlitten, aber doch nicht gänzlich zerstöret worden, sind diejenigen Münzen, die zu unsern Zeiten in dem Schutte der nachgehends zerstörten Dacischen Städte gefunden werden. So ist nahe bey Schäßburg gegen Abend zu ein grosser Berg, worüber die ordentliche Landstrasse gehet, und Attils Ziel genennet wird, allwo der alten Tradition zufolge, Attila sein Zelt aufgeschlagen gehabt, um von dieser Spitze des Berges sein ganzes auf der darunter gelegenen Ebene gelagertes Kriegsheer übersehen zu können. Hart neben diesem Berge gegen Mitternacht ist eine auf den Kockelfluß stossende Ebene, alwo die alte Dacische Stadt Zandava gestanden hat. Der Ort wird jetzt mit Früchten besäet, und der Burgstattel genennet. Nicht selten werden hier bey dem Pflügen die Grundmauern von alten Gebäuden entdecket, auch hin und wieder Münzen vom Kaiser Zeno und andern Kaisern gefunden. Diejenigen, die mir zu Gesichte gekommen sind, hatten die Größe eines Kaisergroschen, waren

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sehr dick, und von dem feinsten Silber. Auf der einen Seite war eine Kuh zu sehen, die ihr auf den vordern Knieen liegendes Kalb saugen läßt. Darüber stund das Wort Menizkos mit griechischen Buchstaben gepräget. Auf der andern Seite ein männliches Brustbild mit dem Lorberkranze, und die Uiberschrift Zeno. Sollte uns dieses nicht überzeugen, daß diese Stadt zu den Zeiten erwähnten Kaisers noch gestanden sey?

Es sind noch verschiedene Merkmaale vorhanden, welche die wahrscheinliche Muhtmassung bestärken, daß unter der Sächsischen Nation auch die Abkömmlinge der alten Dacier mit vermischt sind. Ich will nur einige kürzlich berühren: so bald Trajan das ehemalige Dacien dem Römischen Reiche unterwürfig gemacht hatte, so ließ er solches durch Statthalter unter den Namen eines Praesidis Consularis, wie auch eines Pro-Consulis Aurariorum (der die Bergwerke besorgte) verwalten, welche beyde sodann von dem in Illyrien angestellten Praefectus Praetorii abhiengen. Diese Römischen Beamte führten allenthalben die Römische Regimentsform ein. Solchergestalt wurden in den Städten Consules, Quaestores, Tribuni Plebis, Aediles, Aeditui, Centumvirate, Duumvirate, Decemvirate, Tribunate, u.s.w. die auch noch in der Sächsischen Nation üblich sind, eingeführet.

Die Römischen Kleidungsarten wurden gleichfalls unter den Daciern gebräuchlich, als: Pilei serviles, & de caesis lacernis, (Stelphüte, wie Tröster meynt) Pilei hiemales, (Winterhauben) Pilei Pannonici Militares, (die Kutsma bey den Ungern und Walachen) Vestes Dalmaticae (Dolmány) Tunicae manuleatae ( unfehlbar die Menteé) Sagum (soll dasjenige seyn, was hier zu Lande die Zekeé heißet) die Toga aber ist bey hierländigen Studenten noch im Brauche. Die Toga praetexta ist bey hiesigen Weibern gebräuchlich, und heißet die Kürschen. Sagulum ist auch eine Römische

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Kleidung, und soll das Nämliche seyn, was bey dem hiesigen Frauenzimmer der Seggel oder Seigel ist, und dergleichen mehr.

Zu der Römischen Rechtsordnung wurden die Dacier auch angeführt. Wie denn Fronius ein Kronstädter Rahtsgeschworner die uralteingeführte Rechtsordnung und Gebräuche der Sachsen noch unter dem Fürsten Stephan Báthori, nachmaligen König in Pohlen zusammengetragen, und solche die Statuten der Sachsen betitelt hat. Diese sind vom erstgedachten König Stephan Báthori den Sachsen bestätiget worden, und ein eigentlicher Auszug der alten Römischen Gesetze. — Am merkwürdigsten aber ist, daß die allerältesten Prothokolle in der Sächsischen Nation, wie man denn dergleichen schätzbare Uiberbleibsel des Alterthums annoch hin und wieder findet, größtentheils lateinisch geschrieben, -und die Entscheidungen sehr summarisch in lateinischer Sprache abgefasset sind. Die übrigen Schlüße der Magistrats werden auch noch, wie bey den Römern gemeiniglich Senatus-Consulta genennet. Vielleicht wäre es nicht zu verwägen gesagt, wenn man behaupten wollte, daß die ungrische Nation die lateinische Sprache, die ihr so eigen ist, nicht unmittelbar von den Römern, sondern vielleicht eher von den Daciern oder Gethen, die sich dazumal auch in Pannonien ausbreiteten, angenommen, indem die Römer zu der Zeit, da die Hunnen zum erstenmale kamen, Dacien sowohl als Pannonien größtentheils geräumet hatten.

Alle diese Uiberbleibsel der Römischen Einrichtung, Polizey, Gesetze, Kleidungen, Sprache, und Benennungen, haben die vom Könige Geysa dem Zweyten herein beruffenen deutschen Völker ganz sicher nicht aus ihrem Vaterlande mitgebracht, denn sie waren auf den Sachsen-und Schwaben-Spiegel, oder doch auf die deutsche Einrichtungen gewohnt; sondern sie haben solche bey den bereits im Lande wohnhaften Abkömmlingen der alten Dacier eingeführt gefunden, und sich denselben willig un-

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terworfen. Solchergestalt bleibet kein Zweifel mehr übrig, daß die Sächsische Nation vielleicht größtentheils aus den Abkömlingen der alten Dacier, Westgothen oder Gepiden bestehe.

Was aber die zwote Meynung anbetrifft, als ob Kaiser Karl der Grosse die Sachsen nach Siebenbürgen geschicket habe, so ist nicht zu läugnen, daß verschiedene sonst bewährte Geschichtschreiber diese Meynung zwar behaupten , aber mit keinen glaubwürdigen Beweisthümern bestärken. Dagegen man aber auch viele nicht minder glaubwürdige Schriftsteller namhaft machen könnte, die diese Meynung bestreiten. Am meisten aber ist dieser Meynung entgegen, daß dieser grosse Kaiser um das Jahr Christi 791. u. 796. theils selbst, theils durch seinen Prinzen Pipin die Ungern zwar scharf bekrieget, aber dennoch mit seinen Waffen weiter nicht als bis Ofen vorgedrungen, nach Siebenbürgen aber niemals gekommen sey. Wie sollte dieser einsichtsvolle Monarch die Sachsen, die er mit so vielem Blutvergießen zum christlichen Glauben gebracht , und die er so geneigt zum Rückfalle in das Heidenthum erkannt hatte, so entfernt bis nach Siebenbürgen mitten unter die eifrigsten Götzendiener geschicket haben ? Sollte dieses geschehen seyn, so müßte es aus einer guten Absicht, und aus ganz besondern Ursachen geschehen seyn, welche die Geschichtschreiber selbiger Zeit, die gewiß nichts vergessen, was zum Ruhme dieses grossen Monarchen dienen konnte, nicht würden verschwiegen haben. Allein weder in den Verzeichnissen des Eginhards, der doch des Kaisers vertrautester Kanzler war, und ihn bey allen seinen Feldzügen begleitete, auch sein Leben und seine Thaten sehr genau beschrieben hat, noch auch in den Verzeichnissen der übrigen Geschichtschreiber selbiger Zeiten, die sich alle bemühet haben, die glorwürdigen Verrichtungen dieses grossen Kaisers der Welt mitzutheilen, findet sich die mindeste Erwähnung , daß derselbe einige Sächsische Kolonien nach Siebenbürgen abgeschickt habe, wohl aber beschreiben sie recht umständlich, daß derselbe bis zehntausend Sachsen nach

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Frankreich und Niederdeutsckland geschicket, vergessen auch nicht anzumerken, daß diese Sächsischen Kolonien nach einiger Zeit, theils vom Karl den Grossen selbst, theils aber von seinem Sohne und Nachfolger Ludwig dem Frommen, die Erlaubniß erhalten, wieder nach ihrem Vaterlande zurückzukehren.

Noch einen Beweis, der diese Meynung bestreitet, will ich hier anfügen. Das Chronicon Carionis im dritten Theile im 4ten Buche, wo die Geschichte dieses Kaisers vorkömmt, wird dieser Punkt ausdrücklich berühret, wo es heißet: Quae vero deductis ex Saxonia Colonis a Carolo in Daciam, quae nunc Transylvania est, feruntur, fabulosa sunt. Transylvanos enim Dacorum & Gothorum veterum reliquias esse, non dubito, quibus accessisse conjicio Pannoniae superioris colonos Germanos, quando pulsi ab Hunnis & Avaris novas sedes quaesiverunt. - Also ist keine Wahrscheinlichkeit da, daß Karl der Grosse einige Sachsen nach Siebenbürgen, zumal in ein Land, das seiner Bohtmäßigkeit nicht unterworfen war, sollte verschicket haben.

Daß endlich die dritte Meynung als ob König Geysa der Zweyte einige deutsche Völker bey Gelegenheit der damals üblichen Kreuzzüge, unter dem Versprechen grosser Freyheiten nach Siebenbürgen beruffen habe, in der Wahrheit gegründet sey, haben wir die schätzbarsten Zeugnisse in Händen, dawider schwerlich etwas eingewendet werden kann. Die vielen bewährten Schriftsteller, die solches mit Gewißheit behaupten, wie auch die sogenannten Chroniken, welche unsere ältesten Vorältern angefangen, von ihren Nachkömmlingen fortgesetzet, und bis auf uns überbracht worden sind, die das Nämliche einstimmig behaupten, mit Stillschweigen zu übergehen, beruffe ich mich lediglich auf das Wort eines grossen Königs, welches die Verläßigkeit dieser Meynung außer allen Zweifel setzet. In demjenigen Freyheitsbriefe, den der Ungrische König Andreas der Zwey-,

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te, sonst der Hierosalymitaner genannt, den Siebenbürgischen Deutschen im Jahre 1214. verliehen, heißt es gleich anfangs: accedentes itaque fideles nostri Tentonici Ultrasylvani universi, ad pedes Nostrae Majestatis, humiliter Nobis conquerentes, sua quaestione suppliciter Nobis montraverunt: quod penitus a sua liberate, qua vocati fuerant a Piissimo Rege Geyza, Avo Nostro, excidiffent &c. Was kann deutlicher ausgedrückt werden, als die Worte: qua vocati suerant a Piissimo Rege Geyza &c. und wer wird sich wohl beyfallen, lassen, diese Worte in Zweifel zu ziehen? Ich weis wohl, daß einige bereits die Einwendung haben machen wollen, daß es statt vocati auch donati heißen könnte. Dieser Irrthum rühret von einem sonst verläßlichen Schriftsteller, nämlich vom Töppeltinus her, der in seinen Originibus & Occasibus Transylvanorum dieses Privilegium von Wort zu Worte eingeschaltet, aber bey dieser Stelle, statt vocati, donati gesetzet hatte. Allein nachdem er eines Besseren belehrt worden, hat er seinen begangenen Fehler öffentlich widerruffen, dessen Brief auch itzt noch vorfindig seyn soll. — Wenn aber diese Widerruffung auch nicht geschehen wäre: so würde dennoch das Zeugniß eines privaten Schriftstellers gegen öffentliche Urkunden, die von gekrönten, Häuptern herrühren , kein Gewicht haben. Dieses Privilegium ist von verschiedenen Königen und einheimischen Fürsten, die die Urschrift vor sich gehabt zu haben bekennen, transsumiert, oder von Wort zu Worte überschrieben und bestätiget worden. Unter diesen sind die vorzüglichsten Karl der Erste, sonst Karl Robert genannt, Ludwig der Erste, Siegmund, nachmaliger Römischer Kaiser, Mathias, Ladislaus der Fünfte, Ferdinand der Erste, und Stephan Báthori, nachmaliger König in Pohlen. In diesen schätzbaren Urkunden findet man, daß nicht das Wort donati gebraucht, sondern das Wort vocati beybeyalten worden.

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Dieses wird hoffentlich hinlänglich seyn, den Zweifel zu benehmen, daß von dem Könige Geysa dem Zweyten, als welcher der Großvater des Königs Andreas des Zweyten war, neuerdings deutsche Völker nach Siebenbürgen beruffen, und dort angesiedelt worden.

Wenn es demnach die Frage betrifft: woher der Ursprung der jetzigen Siebenbürgischen Sachsen herzuleiten sey? so glaube ich, daß man mit Zuverläßigkeit antworten könne: daß solche die Abkömmlinge, theils der alten Dacier, theils derjenigen Deutschen, die König Geysa der Zweyte herein beruffen, wie auch einiger vor, und nach dieser Zeit hereingekommener einzelner Deutschen, seyen.

Die Schicksaale dieser Nation kürzlich zu berühren, habe ich mir zwar vorgenommen, aber nicht so, daß ich mich in die Geschichte ihrer alten Dacischer, Gothischer, oder Gethischer Vorfahren einlassen sollte, welches allzuviel Zeit und Raum erfordern würde; sondern ich fange solche von der Zeit an, kürzlich zu erzählen, da ihre Vorältern unter christliche Regierung gekommen, und aller Wahrscheinlichkeit nach, selbst auch den christlichen Glauben angenommen haben.

Der siegreiche Kaiser Karl der Grosse, hatte noch gegen Ende des achten Jahrhunderts, als er bis Ofen gedrungen, einige der vornehmsten Hunnen dahin gebracht, daß sie sammt ihren Untergebenen die christliche Lehre annahmen, und sich taufen ließen. Jedoch war diese Bekehrung nur von kurzer Dauer; denn viele kehrten bald nach dem Abzuge des Kaisers wiederum zu ihren Götzen, und nachdem dieser vor die Ausbreitung der christlichen Religion so eifrige Monarch im Jahre 814. in der Stadt Aachen mit Tode abgieng, so war auch das Christenthum in Ungern bereits wieder erloschen. Als aber Geysa ein Sohn des Torus ums Jahr 970. regierender Herzog in Ungern ward, so dachte er mit allem Ernste auf die Bekehrung seiner Unterthanen zum christli-

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chen Glauben. Diese heilsame Absicht halfen ihm besonders , der heilige Wolfgang, ein Benediktiner Ordensgeistlicher, und der heilige Adalbert, Erzbischof zu Prag, wie auch ein gewisser Theodatus, der ein vertriebener Herzog in Apulien gewesen seyn soll, nebst einigen an seinem Hofe sich aufhaltenden deutschen Kavalieren, deren die Geschichte vornämlich dreyer, als des Grafen Wencellins, Hunt, und Pasmanns gedenket, vorzüglich befördern. Seinen Prinzen Stephan ließ der fromme Herzog durch vorbemeldeten Erzbischof taufen, und nach den christlichen Lehrsätzen sorgfältig auferziehen. Dieser tugendhafte Prinz folgte seinem Vater in der Regierung um das Jahr 997., erhielt auch durch seine erhabenen Eigenschaften von dem Pabste Sylvester dem Zweyten eine Königl. Krone, die der Abt und nachmalige Erzbischof von Kolotza Astricus überbrachte, womit er im Jahre Christi 1000. gekrönet, und solchergestalt der erste christliche König in Ungern ward.

Bis dahin hatten die Abkömmlinge der alten Dacier eben so wie die Uiberbleibsel der Römischen Kolonien in beständigem Drucke gelebt. Ob aber die Lehre Christi durch die unabläßigen Bemühungen des frommen Geysa auch zu ihnen gedrungen, oder nicht, ist ungewiß. Georg Haner in seiner Hist. Eccl. Trans. L. II. p. 60. berichtet: daß selbige noch um das fünfte Jahrhundert den christlichen Namen zwar angenommen, aber auch in die leidigen Irrthümer des Arius verfallen seyen, welches um so viel wahrscheinlicher ist, da eben um diese Zeit der berühmte Arius seine kätzerischen Lehrsätze unter den Griechen ausgebreitet, mit welchen die Dacier eben so wie die Ostgothen beständig starkes Verkehr gehabt, und also leicht von dieser irrigen Lehre haben können angestecket worden seyn.

Unter der löblichen Regierung des heil. Stephans hatte es das Ansehen, als ob es sich auch vor die Dacischen Nachkömmlinge zu günstigern Aussichten anließe.

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Die vorbenannten deutschen Kavaliere hatten sich das ganze Vertrauen des jungen Fürsten erworben, dergestalt: daß, nachdem die Feindseligkeiten des aufrührischen heidnischen Herzogs Kupa wider den rechtmäßigen Oberlandesherrn Stephan, der damals noch als Herzog regierte, öffentlich ausbrachen, und dieser sich genöhtiget sah, den Rebellen eine zureichende Armee entgegen zu stellen, er die Oberbefehlshaberstelle dem Grafen Wencellin anvertraute, der auch dieses Geschäft sowohl ausführte, daß die Rebellen bey Wesprim völlig geschlagen, Kupa selbst gefangen, und wegen seiner schweren Verbrechen geviertheilet wurde.

Als bald hernach der nunmehr gekrönte König Stephan ums Jahr 1003. sich mit Gisela einer Prinzeßinn Schwester Kaisers Heinrich des Zweyten vermählte, und selbige am Königl. Hofe ankam, so fanden sich in ihrem Gefolge abermal verschiedene Herren, die sie aus Deutschland begleitet hatten, darunter die vornehmsten, Herrmann, Helt, Christian, Gerhard, Schelcker, und andere mehr waren. Diese bekamen ebenfalls Gelegenheit, ihren Muht wider den Bulgarischen Herzog Kean, der in Siebenbürgen eingefallen war, aber darüber das Leben verlor, wie auch wider die gleichfalls in Siebenbürgen gedrungene Bissener oder Boßnier zu zeigen, und sich dem jungen Monarchen schätzbar zu machen.

Diese deutschen Herren fanden die Lage von Siebenbürgen, und besonders die Wohnplätze der Dacischen Nachkömmlinge ihrem Geschmacke gemäß, und wünschten, sich, bey ihren angetroffenen Nationsverwandten, vorbemeldten Dacischen Einwohnern, welche mehrentheils die Trümmer der ehemaligen Dacischen Städte, oder doch die nicht weit davon befindlichen Gegenden bewohnten, niederlassen zu dörfen. Sie erhielten diese Erlaubniß von dem wohlthätigen Könige gar leicht, da er ohnehin besorgt war, Siebenbürgen für den fernern Einfällen sicher zu stellen. Er beschenkte sie so gar mit Landgütern; und Herrmann er-

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hielt das Dorf Cibin, so seinen Namen von dem vorbeyfließenden Cibin oder Zabein erhalten, und nennte es Herrmannsdorf, welches erst nach der Zeit, da Geysa der Zweyte König in Ungern das Land mit mehreren Deutschen bevölkerte, erweitert, und zu einer Stadt geworden, auch den Namen Herrmannstadt erhalten hat. — Die übrigen deutschen Ankömmlinge nennten ihre erhaltenen Wohnsitze ebenfalls nach ihren Namen, als Heltau, Christians — oder Großau, Girelsau, Groß - und Klein Schelck. — Sie vereinigten sich mit ihren Nationsverwandten, nahmen ihre Sitten und Gewohnheiten an, und lebten miteinander friedlich, außer wenn sie von einbrechenden fremden Feinden beeinträchtiget wurden. Wenigstens findet man nichts aufgezeichnet, daß sie um diese Zeiten einiger einheimischer Verfolgungen ausgesetzt gewesen wären.

Als aber nachgehends die Ungern unter der Regierung ihres Königs Aba zum Heidenthume zurück fielen, und auf Anstiften eines gewissen Watha, eine grausame Verfolgung wider die standhaften Christen, besonders aber wider ihre Geistlichkeit erreget wurde, so ist es sehr wahrscheinlich, daß auch die in Siebenbürgen wohnhaften Deutschen an den stürmischen Zeiten Antheil dörften genommen haben. Jedoch die ewige Vorsehung setzte auch diesem traurigen Schicksale Gränzen, und fügte es, daß die standhaft gebliebenen Christen Gelegenheit und Mittel bekamen, ihre zerrütteten Kirchen, unter der sanften Regierung der Könige Bela, Geysa, und des gottesfürchtigen Ladislaus wieder auszubessern, ja hin und her auch neue aufzubauen.

Daß die Siebenbürgischen Deutschen, die sich damals noch nicht Sachsen, sondern nur Détschen nannten, ein Gleiches gethan, und ihre Kirchen theils ausgebessert, theils neue gebauet, findet sich im Schäßburger Stuhle, in dem Dorfe Großailisch ein schönes Denkmaal. Es ist nämlich daselbst an der einen Wand der Kirche folgende

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Inschrift zu lesen: Hujus sacrae Aedis exstructio, sinita Anno Jubilaeo 1076. Pastore de eadem & Decano existente Nicolao Erasmi. Renovatur Procurante Provido Thoma Schuller Anno 1180. Dealbatur & corrigitur a scultilibus, vivente Pastore Michaele Delio, Decano Capituli Bogatziensis Anno 1663. die 13. Septembr. Inst. A. 1711.

Als König Bela der Blinde im Jahr 1141. mit Tod abgieng, so bestieg dessen ältester Prinz Geysa, der in der Reihe der Könige dieses Namens der Zweyte ist, den väterlichen Thron. Dieses geschah in seiner zartesten Jugend, indem ihn die Geschichte nur zehnjährig angiebt. Zu seinem noch zarten jugendlichen Alter hatte er noch einen gefährlichen Mitwerber zur Krone. Der verstorbene König Koloman hatte zwo Gemahlinnen, davon die letztere einen Prinzen gebahr, der den Namen Borichus erhielt, den aber Koloman nicht für seinen Sohn erkennen wollte. Und gleichwohl hatte sich dieser unächte Königl. Prinz Borich einen starken Anhang zu machen gewußt, unter dem viele Grosse des Reichs mit begriffen waren; und es sah ziemlich bedenklich um den jungen König aus. Es kam zu einem öffentlichen Kriege. Ohnerachtet der König seinem Feinde an der Zahl der Kriegsvölker nicht allerdings gewachsen war, und ohnerachtet seine Rähte ihm die Gefahr dringend vorstellen, so ließ er sich doch solches nicht anfechten, und veranstaltete in vollem Vertrauen auf seine gerechte Sache, die Schlachtordnung. Es war eine der hitzigsten Schlachten. Der Sieg neigte sich endlich auf Königliche Seite, die Feinde wurden gänzlich geschlagen, und Feldherr Rapoltus ward gefangen.

Auf diese Weise befestigte diese junge König seinen Thron, und richtete nunmehr alle seine Sorgfalt nur dahin, wie er seine Staaten in einen blühenden Stand setzen möchte. Unter andrn hielt er es für zuträglich, wenn Siebenbürgen mit mehreren Deutschen bevökert

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würde. Er berief also die Sachsen, und versprach ihnen ansehnliche Freyheiten. Diese erschienen im folgenden 1142. und 1143ten Jahre, und wurden in denjenigen Strich Landes in Siebenbürgen angewiesen, den sie auch itzt noch bewohnen. Ich sage die Sachsen, denn ungeachtet in der allerältesten Urkunde, die wir haben, nämlich in dem Privilegium Königs Andreas des Zweyten diese Deutsche nur hospites Teutonici Ultrasylvani genennet werden, so schließet diese Benennung die Wahrscheinlichkeit nicht aus, daß es Sachsen, wenigstens größtentheils gewesen, die in Siebenbürgen angesiedelt, und mit den Dacischen Einwohnern vereiniget worden sind. In den ältesten einheimischen Jahrbüchern oder Chroniken heißet es allemal, daß der König Geysa der Zweyte die Sachsen herein beruffen; und die Urkunden der nachfolgenden Könige, bestimmen die Siebenbürgischen Deutschen durchgängig mit dieser Benennung: Saxones oder Universitas Saxonum Nostrorum. Diesem stimmet auch M. Kelp in seiner Dissertation bey, wenn er den Kardinal Picolomini als einen Zeugen anführt, mit den Worten: Teutones in Transylvania, e Saxonia originem habent, u.s.w.

Diese Sachsen erhielten von dem jungen Könige diejenigen Freyheiten, die ihnen König Andreas der Zweyte nach der Zeit bestätigte. Dieses kann sehr wahrscheinlich gefolgert werden, sowohl aus dem von diesem Könige ihnen ertheilten Freyheitsbriefe selbst, als auch aus dessen Bestätigung, die sie vom Könige Siegmund, damaligen Römischen Kaiser Anno 1419. erhielten, wo es heißet: Nos ex tenoribus & continentiis certarum Literarum, praedeictorum Dominorum Geyzae, Andreae, Karuli & Lodovici Regum, per Nos confirmatarum, in quoddam Privilegium Nostrum, coram Nobis specietenus productum, insertarum, & c. Dieses Privilegium aber enthielt die nämlichen Freyheiten, die Andreas Anno 1224. bestätiget hatte. — Es

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erhellet übrigens aus eben dieser Bestätigung, daß der vom Könige Geysa dem Zweyten Anno 1143. ertheilte Freyheitsbrief dazumal vorrähtig gewesen seyn müße.

Diese neuangekommenen Sachsen wurden von dem Könige mit den alten einwohnenden Deutschen dergestalt vereinigt, daß beyde hinfort nur ein Volk ausmachen, und ihre eigene Gerichtsbarkeit haben, folglich von der Woywodal - und Komitatsgerichtsbarkeit befreyt seyn sollten. - Diese Absonderung aber, und die übrigen ihnen zugestandenen Vortheile zog den Sachsen den Haß und die Mißgunst der übrigen Landeseinwöhner zu. Sie sahen es mit Unwillen an, daß die Sachsen sich in Städte einschlossen, auch auf dem Lande hin und wieder ihre Kirchen mit einer Ringmauer versahen. Besonders aber waren auch die Woywoden oder Königl. Statthalter übel zufrieden, daß sie in den von den Sachsen bewohnten Bezirken nicht wie sonst, freye Macht zu schallen und zu walten hatten. Es fehlte nicht an heimlichen Mitteln, wodurch die erhaltenen Freyheiten der Sachsen untergraben wurden; und ehe noch achtzig Jahre verstrichen, sahen sich die Sachsen aus ihren vorzüglichstem Vortheileu gesetzt, mußten aber gleichwohl dasjenige, wozu sie sich anheischig gemacht hatten, der Krone pünktlich leisten.

Im Jahre 1217. trat König Andreas der Zweyte sammt seinem Kriegesheere die Reise nach Palästina an. Die Sachsen mußten ihre ausgeworfene Anzahl Kriegesvölker mit beytragen, und wurden zum Vorzuge mit befehligt. In Abwesenheit des Königs hatte der Palatin Bankbán den Auftrag, die Regierung zu besorgen, verfiel aber mit der Königinn und ihrem Bruder in die bekannte Verdrüßlichkeit, die ihn bewegte, dem Könige nachzureisen. — Allem Vermuhten nach hatten währender Abwesenheit des Königs, die Statthalter in Siebenbürgen gewünschte Gelegenheit, die Sachsen willkührlich zu behandeln. —- Nachdem der König von seinem Kreuzzuge zu Hause gekommen, erschienen die gedrückten Sach-

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sen zu seinen Füßen, und klagten über den Verlust ihrer Freyheiten.

Der gütige König hörte sie an, und ließ ihnen im Jahre 1224. einen neuen Freyheitsbrief ausfertigen, der aller Wahrscheinlichkeit nach des nämlichen Innhalts war, als der vorherige, den ihnen der König Geysa ausfertigen lassen. Hier sind seine eigenen Worte: Quod Nos anrecessorum Nostrorum vestigiis inhaerentes, pietatis moti visceribus, pristinam eis reddidimus libertatem, ita tamen, quod universus populus, incipiens a Váras usone ad Baralt, cum terra Siculorum, terra Sebus, & terra Daraus, unus sit populus, & sub uno Judice censeantur, omnibus Comitatibus, praeter Cibiniensis, cessantibus radicitus & c.

Aus diesen wenigen Worten erhellet deutlich genug, daß die neuangekommenen Sachsen mit jemanden müßen vereiniget, und unter eine besondere Gerichtsbarkeit eingeschränket worden seyn, welches aber noch deutlicher erhellet, wenn man diejenigen Worte ansiehet, deren sich König Mathias in seinem Anno 1478. dem Markte Großschenk ertheilten Privilegium bedienet, wo er diese Stelle mit folgenden Worten ausdrücket: unus sieret populus u. s w. Dieses nun kann nur allein von den neuangekommenen Sachsen nicht verstanden werden, denn diese waren schon ein Volk, und durften es nicht erst werden. Was kann also wahrscheinlicher seyn, als daß König Geysa die neuangekommenen Sachsen mit den alteinwohnenden Daciern, oder Deutschen vereiniget habe — Diejenigen Worte, wo der König sie von der Woywodal, und Komitatsjurisdiktion ausnimmt, lauten folgendergestalt: sub uni Judice censeantur, omnibus Comitatibus, praeter Cibiniensem cessantibus radicitus & c. und weiter untern: firmiter praecipimus, quatenus illos, nullus judicet, nisi nos, & Comes Cibiniensis, quem nos eis loco & tempore constituemus &c.

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Da nun, wie bereits erwähnet worden, diese den Sachsen zugestandenen Vortheile ihnen so vielen Haß und Feindschaft zuzogen, so glaubten sie alle nur mögliche Sorgfalt nöhtig zu haben, damit sie ihrer erhaltenen Freyheiten nicht verlustig gemacht würden. Weßwegen sie denn bey dem Antritte der Regierung fast eines jeden der folgenden Könige fußfällig vor seinem Trohne erschienen, und um die Bestätigung ihrer alten Freyheiten baten, auch dieselben gemeiniglich erhielten.

Unter dem Nachfolger dieses Königs, nämlich unter der Regierung des Königs Bela des Vierten war um das Jahr 1241. die grausame Überschwemmung der Tatarn, die nicht nur Ungern und Siebenbürgen, sondern auch Pohlen und Schlesien betraf; wiewohl diese Barbaren in Schlesien bey Hundsfeld (jetzt Friedrichsfeld ) wie das Vieh niedergemetzelt wurden, dagegen aber in Ungern und Siebenbürgen desto gräßlicher hauseten, indem sie nicht nur das Königl. Ungrische Kriegsheer gänzlich über den Haufen warfen; sondern auch den König nöhtigten, nach Dalmatien, wohin er seine Gemahlinn und Kinder voraus geschicket, zu flüchten, wobey es nicht viel fehlte, daß er ihnen nicht selbst in die Klauen gerieht. In Ungern und Siebenbürgen floh alles, was sich regen und retten konnte. Es ist leicht zu erachten, daß auch die Sachsen in Siebenbürgen an dieser schaudervollen Landplage einen empfindlichen Antheil müßen genommen haben. Inzwischen hatten sie doch ihre Städte, und auf dem Lande ihre Ringmauern um die Kirchen, wo sich alles hinflüchtete, und sich solchergestalt noch kümmerlich rettete. In den Komitatern hingegen, besonders in dem Küküllöer, und an den Flüßen Marusch und Aranyosch lief alles den Wäldern zu, und da sich die Tatarn fünf ganzer Jahre in Siebenbürgen aufhielten, auch allen Vorraht, den sie in den verödeten Dörfern fanden, aufzehrten, so wurden die armen Flüchtlinge von Hunger und Kälte getrieben, sich weiters zu verlaufen; wie denn auch

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die wenigsten wieder gekommen sind; sondern als die Tatarn nichts mehr zu zehren hatten, und sich wieder fortmachten, so stunden auch die Dörfer in diesen Gegenden lange Zeit wüste und leer, welches aus einer von Andr. Hußti angezogenen Urkunde vom Jahre 1246. erhellet, wo der König Bela sagt: Accedens ad praesentiam Nostram venerabilis Pater Gallus Episcopus Transylvanus, a Nobis humiliteer ac devote postulavit, quod cum sua Diocesis, hostili persecutione Tartarorum, ad tantam inhabitantium deveneit raritatem, quod a tempore persecutionis, usque ad sua tempora, nulli vel pauci in Alba, quae est sedes Episcopatus sui Cathedralis, & in aliis cursibus Ponticialibus, Herina, Byolokal, Gobu, Zilaj & Tusnád, habeantur Inquilini, &c.

Dieser Abgang an Einwohnern gab also Gelegenheit, daß die Adelschaft, besonders in dem Küküllöer Komitate aus den benachbarten Sächsischen Stühlen eine ziemliche Anzahl Ackersleute zu sich beriefen, damit sie ihre Felder anbauen, dagegen aber auch zu ihrer eigenen Nohtdurft, so viel Erde als sie brauchen würden, ausreuten und zurichten möchten. Auf diese Weise haben sich so viele Sachsen auf adelichen Grund und Boden ansäßig gemacht, wie sich denn auch dermalen noch ganze und volkreiche Sächsische Dörfer in diesen Komitatern befinden, die in den vorigen wilden und stürmischen Zeiten fast alle unter das Joch der Leibeigenschaft gerahten, und itzt noch darunter seufzen.

Die Geschichte giebt uns hinlänglichen Bericht, was für trübselige Auftritte sich auch nach dem Tode Königs Bela des Vierten, der im Jahre 1270. erfolgte, unter seinem Sohne und Trohnerben Stephan dem Fünften in Ungern und Siebenbürgen ereignet, als welcher bey seinen erhabenen Eigenschaften seine Staaten nicht in Ruhe erhalten konnte, sondern einen schweren Krieg mit dem Böhmischen Prinzen Ottokar fuhren mußte, an

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welchen bedrängten Zelten die Sachsen in Siebenbürgen allemal auch Antheil hatten. Jedoch ein frühzeitiger Tod dieses hoffnungsvollen Königs, der im Jahre 1272. erfolgte, machte seinem Sohne Ladislaus, der kaum 14. Jahre alt war, auf dem Königl. Trohne Platz. Ein gutes Glück aber war es für Ungern, daß der glorwürdigste. Kaiser Rudolph aus dem Habsburgischen Hause dem unruhigen Ottokar so viel zu thun gab, daß er vergaß Ungern weiters zu beeinträchtigen. Er hatte nämlich seine Gemahlin, die eine Erbnin von Oesterreich und Steyermark war, verstossen, und behielt gleichwohl beyde ihm zugebrachten Lander in seinem Besitze. Wegen diesem offenbar ungerechten Verfahren wurde Ottokar von dem Allerhöchsten Reichsoberhaupte zur Verantwortung gezogen, und als er sich nicht wollte leiten lassen, als ein Aufrührer behandelt.

Ohnerachtet aber Ungern von seinem geschwornen Feinde Ottokar gute Ruhe hatte, so war dennoch der Zustand des Reichs nicht blühender. Der König hatte sich mit einer sehr verehrungswürdigen Sicilianischen Prinzesinn Namens Elisabeth verehliget, und gleichwohl war diese Ehe Kinderlos, weil der König mit einigen Kumanischen Weibern allzuvertraut umgieng, und die Regierung gänzlich vernachläßigte, daher denn alles in Unordnung gerieht, und jedermann mißvergnügt einhergieng. Nur die Kumaner, hoben ihre Häupter empor, und übten an ihren Miteinwohnern allen ersinnlichen Muhtwillen aus. Jedoch die göttlichen Gerichte blieben nicht lange aus. Der König erfuhr mit seinem größten Schaden, daß Untreue seinen eigenen Herrn schlägt. Er ward in seinem eigenen Zelte im Jahre 1290. bey Körösszeg, durch die untreuen Hände seiner geliebten Kumaner mit vielen Wunden ermordet.

Weil der ermordete König keinen Trohnerben hinterließ, so wählten die Stande einen Enkel Königs Andreas des Zweyten, welchen dessen Prinz Stephan mit

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einer edlen Venezianerinn aus dem Hause Morosini in rechtmäßiger Ehe erzeuget hatte, zum Könige. Er führte den Namen Andreas der Dritte, und regierte sehr löblich, jedoch unter vielen innerlichen Unruhen, und starb im Jahre 1301. als der letzte männliche Erbe aus dem Stamme Königs Stephan des Heiligen.

Wenzel, sonst auch von den Ungern Ladislaus genannt, bestieg zwar den Königl. Trohn, konnte aber solchen nicht behaupten, sondern Mußte ihn dem Otto einem Herzoge von Bayern überlaßen. Dieser erhielt vom Könige in Böhmen Wenzel dem Aeltern die Königl. Ungrische Krone, er brachte solche nach Ungern, und ward auch dafür zum Könige gekrönet. Mit der Krone auf dem Haupte reiste er in seinen Staaten herum, und zeigte sich seinen Unterthanen. Als er nun mit der nämlichen Feyerlichkeit nach Siebenbürgen kam, so hatte der damalige Woywode Ladislaus die Kühnheit, und riß dem Könige die Krone vom Haupte, warf ihn ins Gefängniß, woraus er nicht ehe entlasten ward, bis er dem Trohne entsagte, und sein Wort gab, daß er das Reich unverzüglich räumen wollte, welches denn auch im Jahre 1308. geschah.

Bald darauf ward Karl Robert, ein Sohn des Sicilischen Königs Karl Martels auf dem Königl. Ungrischen Trohn erhoben. Die Krönung aber konnte nicht vorgenommen werden, weil die Krone in den Händen des Siebenbürgischen Woywods war. Die Siebenbürgische Chronik enthält: daß im Jahre 1308. eine blutige Schlacht bey dem Rohtlaufchen, nahe bey Hermannstadt vorgefallen, zwischen wem aber, und in was für Absicht wird nicht das Mindeste angezeigt. Pethö Gergely §. XXVI. merket an: daß die Sachsen sich diesem Könige nicht unterwerfen wollen, bis sie nicht zu Päaren getrieben worden. Es kann also eine wahrscheinliche Vermuhtung seyn, daß König Karl die Sachsen durch diese Schlacht zum Gehorsame gebracht, oder es hat auch seyn

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können, daß dem kühnen Ladislaus durch diese Schlacht die vorenthaltene Königliche Krone abgenöhtiget worden.

Inzwischen regierte dieser König lang, und sehr löblich, und starb im Jahre 1342. Ihm folgte sein ältester 17jähriger Prinz Ludwig der Erste, ein preiswürdiger Regent, der die Fußtapfen seines glorwürdigsten Vaters betrat, und der schmeichelhaften Erwartung seiner Unterthanen vollkommen entsprach. Den Siebenbürger Sachsen wird unter der Regierung dieses gütigen Königs von einigen ein Schandfleck des Aufruhrs angedichtet. Es hat aber keinen Grund, denn die Geschichte giebt davon keine zuverläßigen Merkmaale. Andr. Hußti führet in seinem Traktate den er Wajvodae seu Duces Transylvaniae betitelt, eine Urkunde an, die der damalige Woywod Thomas im Jahre 1320. ausgefertigt hat. Vermöge derselben überließ dieser gewisse Güter um 200. Mark Silber an die Kinder und nächsten Anverwandten, eines gewissen Sächsischen Beamten, den die Geschichte Comes Henningus de Villa Petri nennet, käuflich. Dieser Henning hatte sich den Gewalthätigkeiten des Woywoden mit gewaffneter Hand widersetzet, aber darüber sein Leben eingebüßt, und seine Güter waren eingezogen worden, die nachgehends der Woywode dessen Kindern und Freunden verkaufte, oder besser zu reden, zurück zu lösen gab. — Dieser Vorgang aber geschah nicht unter dem Könige Ludwig, sondern unter dem Karl Robert, und es war auch nicht die gesammte Nation darein verwickelt, ungeachtet Thomas gern die ganze Nation mit eingestricket hätte. Denn er hatte überhaupt den übeln Gemühtscharakter, daß er diejenigen, auf die er seinen Haß geworfen, immer bey dem Könige anzuschwärzen trachtete, wie er es auch dem Walachischen Hospodar Bessarad gethan, und den König dahin bewegt hatte, daß er ihn selbst feindlich überfiel, darüber aber beynahe sein Leben einbüßte, auch die ganze Walachey verloren gieng.

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Aus eben so gehäßigen Absichten gegen die Sächsische Nation ward dieselbe auch angegeben, daß sie sich weigere den ordentlichen Tribut zu entrichten, und sich der Bohtmäßigkeit des Königs zu unterwerfen. — Der König machte sich also selbst an der Spitze eines mäßigen Heeres auf, die Siebenbürgischen Sachsen durch die Gewalt der Waffen zu ihrer Pflicht zu weisen. Die Sachsen hingegen bezeigten dem Könige bey seiner Ankunft, ihre willige Unterwürfigkeit, und überzeugten denselben, daß sie sich niemals dem Könige, wohl aber den ungerechten Zumuhtungen der Woywoden widersetzet hatten. Daß aber die Woywoden den Sachsen mit allerhand widerrechtlichen Ansinnungen zugesetzet, bekennet Pethö Gergely selbst, wenn er in seiner Chronik §. XXVII. sagt: mivel hogy az elöbbi Királyok Tisztartoyi nagy törvénytelenséget tselekedtek rajtok, 's a t. Diesemnach hörte der gütige König die Klagen der bedrängten Sachsen an, half ihren Beschwerden ab, und bestätigte ihre vom Könige Andreas dem Zweyten ertheilten Freyheitsbriefe, so wie sein Vater Karl Robert gethan hatte, kam auch ohne einen Schwerdtstreich friedlich nach Ungern zurück.

Zum fernern Beweise aber, daß die Sachsen unter der Löbl. Regierung dieses Königs sich gar keine Untreue zu Schulden kommen lassen, können die eigenen Ausdrücke desselben, deren er sich in zwey verschiedenen den Sachsen ertheilten Privilegien bedienet, allhier angemerket werden. Das eine ist 1370. ausgefertigt, wo der König sich folgendergestalt erkläret: Et votis suorum fidelium subditorum, quibus signanter Confinia, & finitimae Partes Regni, velut sublimibus columnis fulciuntur, & quorum fidelitatis constantiam, experimento didicit, & diuturna operum efficacia feliciter comprobavit & c.... Ideo Nos, hujusmodi ipsorum fidelium Saxonum Nostrorum fidelitates & servitia, quas & quae iidem ad Nos, & Sacrum

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Nostrum Diadema, semper habuerunt, & habent de praesenti, gratas habentes & accepta, in particularem ipsorum praeclarissimorum servitiorum, & laude dignorum meritorum eorum recompensam. &c. Im zweyten Anno 1373. ertheilten Privilegium sind folgende Worte: Quod Nos, sicut pro fidelibus & gratuitis famulatibus, fidelium Civium & Saxonum Nostrorum de Cibinio, Partis Transylvanae, per eosdem Nostrae Celsitudini, serventi Devotione exhibitis & impensis, &c.

Dieser preiswürdige König starb nach einer 40jährigen Regierung im Jahre 1382. und hinterließ eine Prinzessinn Maria, als die Kronerbin aller seiner Staaten, die aber an den zweyten Kaiserlichen Prinzen Siegmund von Brandenburg, der nachgehends den Kaiserlichen Trohn bestieg, verlobet war. Maria führte die Regierung, die aber sehr kurz war, unter der Vormundtschaft ihrer Königlichen Frau Mutter Elisabeth, und unter der Direktion des damaligen Palatins Niklas Gara, und bestätigte den Sachsen ihre Freyheiten. –

Die Reichsstände schienen mit dieser Regierung nicht zufrieden, und die junge Königinn sah sich nohtgedrungen, den Königlichen Trohn einem nahen Anverwandten, Karl von Durazzo, der unter dem Namen Karl der Zweyte vorkömmt, abzutreten. Jedoch die Regierung dieses Königs dauerte wenig über 2. Monate, indem derselbe den 13. Februar 1384. jämmerlich ermordet ward. Die beyden Königinnen aber wurden von vielen als die Anstifterinnen dieses Mords angegeben, und geriehten dadurch in gefängliche Haft.

Die Reichsstände schritten zu einer neuen Königswahl. Die Mehrheit der Stimmen fiel auf Siegmund, den Gemahl der vorigen Königinn Maria. Inzwischen starb die alte Königinn Elisabeth vor Kummer im Gefängnisse; Maria aber ward von ihrem Gemahle dem neuen Könige auf freyen Fuß gestellet. - Dieser König regierte

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sehr löblich, hatte aber dennoch das Glück nicht, den Beyfall seiner Unterthanen zu erhalten. Allenthalben herrschte Mißvergnügen unter denselben, welches endlich zu einer gefährlichen Empörung ausschlug. Unter den Verschwornen fanden sich verschiedene Grosse des Reichs, als Steph. Konth der Hedervár, und Steph. Laczfi Siebenbürgischer Woywod die zwar beyde darüber ihr Leben verloren, allein auch Siegmund selbst kam nachgehends durch die Ränke seiner Feinde in die Gefangenschaft, und mußte zu Schiklosch in der Baranyer Gespanschaft in einem tiefen Loche einige Zeit hindurch schmachten, bis ihm endlich Niklas Gara der Jüngere seine Freyheit wieder verschaffte.

Die Sachsen in Siebenbürgen blieben ihm jederzeit getreu, daher er ihnen auch ihre alten Freyheiten zu zweymalen, nämlich Anno 1387. und anno 1406. bestätigte, sie auch nachgehends im Jahre 1435. vermittelst einem besondern Privilegium von der Gerichtsbarkeit der Woywoden, welcher sich diese, vornämlich in Territorialzwistigkeiten anmaßten, befreyete. Dieser glorwürdige Mensch starb im Jahre 1437. und hinterließ eine einzige Prinzessin, Elisabeth, die an den Erzherzog Albrecht von Oesterreich vermählet war. - Als die Stände zu einer neuen Königswahl schritten, fielen alle Stimmen einmühtig auf den Durchleuchtigsten Erzherzog Albrecht von Oesterreich, welches auch bey der halb darauf erfolgten Römischen Kaiserwahl erfolgte. Allein diese sanfte Regierung dauerte kaum ein Jahr und 9. Monate, da er in dem Dorfe Neßmühl auf der Reise sein ruhmvolles Leben endigte.

Die Kaiserinn Königinn blieb schwanger, und besorgte die Regierung. Die Stände hofften einen männlichen Erben, der endlich auch erschien, und in der Taufe den Namen Ladislaus erhielt. In der Geschichte heißt er Ladislaus posthumus. Einige widriggesinnte Landstände konnten die Zeit nicht erwarten, um die Früchte

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einer hoffnungsvollen Regierung ihres natürlichen Königs zu genießen. Sie wählten also den Pohlnischen Prinzen Wladislaw zum Könige, der auch gekrönt ward, aber kaum vier Jahre regierte, da er in der bedaurungswürdigen Schlacht bey Varna blieb.

Die Wahl der Stände fiel nunmehr auf den bereits gekrönten jungen König zurück, der aber nur 6jährig war, weßwegen die Stände während der Minderjährigkeit ihres Königs, das Reich durch den heldenmühtigen Joh. Hunyades oder Corvinus als Gubernator verwalten ließen. Als der König zwölf Jahre erreicht hatte, so legte Hunyad sein Gubernatorat nieder, und der König sollte unter der Vormundtschaft seines Anverwandten, des Grafen von Cilley regieren. Allein der König bestätigte den Joh. Hunyad wider in seiner Gubernatorswürde, und wollte schlechterdings, daß derselbe an der Regierung Theil nehmen sollte, schenkte demselben auch den ganzen Bistritzer Distrikt in Sieberbürgen, unter dem Namen einer Grafschaft. - Im Jahre 1453. hielt König Ladislaus einen Landtag in Preßburg, dem er selbst beywohnte. Bey dieser Gelegenheit ertheilte er den beyden Sächsischen Ortschaften Bolgáts und Sittve die Kriminalgerichtsbarkeit. Den sieben Richtern hingegen verlieh er die von den Sachsen erbauten Schlößer Talmáts, Lotorvár und Rothen Thurm, sammt den dazugehörigen Dörfern und Besitzungen. Im nächstfolgenden 1454. Jahr schrieb dieser König abermals einen Landtag aus, wozu die Deputirten der Sächsischen Nation in Siebenbürgen ausdrücklich mit beruffen wurden.

Im Jahre 1457. starb der König Ladislaus, und Mathias ein Sohn des Johann von Hunyad, ward als ein Gefangener des Königs in Böhmen von den Ungern zum Könige erwählet. Weil er aber minderjährig war, so wählten die Stände abermal einen Gubernator in der Person des Michael Szylagyi. Dieser war kein Freund der Sachsen, denen er manchen Verdruß ausrichtete, be-

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sonders aber die Bistritzer hart drängte, und als diese sich den Korvinischen Beamten wegen ungerechter Zumuthungen widersetzten, wurden sie grausam gezüchtiget. Endlich aber fiel Szilagyi selbst in die Ungnade des Königes, und ward vom Hofe sowohl, als von den Regierungsgeschäften entfernet. - Im Jahre 1459. bestätigte dieser König den Szaszvároschern diejenige Freyheit, die König Andreas der Zweyte der Sächsischen Nation verliehen hatte, daß sie nämlich keiner andern, als der Sächsischen Komitialgerichtsbarkeit unterworfen seyn sollten. Im Jahre 1469. ertheilte er den Befehl, daß die in einigen Komitatern sich aufhaltenden Sachsen, wenn sie ihre Schulden und Grundsteuer würden abgeführet haben, die Freyheit haben sollten, sich in die beyden Stühle Mediasch oder Schelk zu begeben. 1474. gab er den Bistritzern die Versicherung, daß sie niemal mehr an irgend einem Menschen verschenket werden sollten, bestätigte ihnen auch nochmal die vorhin ertheilten Freyheiten auf das Neue. Im darauffolgenden 1478. Jahre hatten die Großschenker einen schweren Proceß, der sogar bis vor den Königlichen Trohn gebracht wurde. Es war nämlich ein gewisser Georg Thobiassy etliche Jahre hindurch Königsrichter im Großschenker Stuhle gewesen. Nach dessen Tode erhielt Johann von Marienthal das Königsrichteramt, hatte aber einen Bürger in Agnethlen, Mich. Knoll, eine offenbare Ungerechtigkeit begangen. Die beyden Söhne des vorigen Richters Tobiassy, Ladislaus und Tobias, hatten vom Könige Anno 1467. einen Freyheitsbreif erschlichen, vermöge dem ihnen das Königsrichteramt auf Lebenslang zugesichert worden. Diesen Brief hatte ihnen der König auch noch im Jahre 1477. bestätiget. Als nun die beyden Brüder davon Gebrauch machen wollten, so widersetzten sich die Großschenker, und beriefen sich auf das Privilegium Königs Andreas des Zweyten. Die Sache kam vor die Sächsische Universität, und endlich auch vor den König selbst. Der König ließ

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diese Sache durch seine Rähte und Protonotarien in seiner Gegenwart untersuchen. Der endliche Ausspruch fiel dahin aus: daß vermög vorangezogenen Privilegium derjenige das Königsrichteramt erhalten sollte, den die Bürger durch Mehrheit der Stimmen dazu erwählen und der König sodann bestätigen würde. Diesen Ausspruch ließ König Mathias den Schenkern in Form eines Privilegiums ausfertigen, der auch nachgehens vom Johann dem Zweyten im Jahre 1532. bestätigt worden ist.

Im Jahre 1490. starb dieser preiswürdige König, und ihm folgte in der Regierung Wladislaw König in Böhmen. Er bestätigte gleichfalls den Sachsen im Jahre 1493. ihre Freyheiten. Als ihm sein Königl. Prinz und Kronerbe Ludwig der Zweyte gebohren ward, und er der alten Gewohnheit nach in der Zeklerischen Nation von jedem Hauswirte einen Ochsen fordern ließ, so hatte er den Verdruß, daß sich diese Nation wider ihn empörte, die aber auch gar halb wider durch Gewalt der Waffen zum Gehorsam gebracht wurde.

Die Sächsische Nation bekam ebenfalls um das Jahr 1513. einen heftigen Verdruß, da die damaligen Woywoden sie schlechterdings nur unter ihre Gerichtsbarkeit ziehen wollten. Sie wendete sich an den König, und erhielt eine abermalige Bestätigung ihrer alten einheimischen Gerichtsbarkeit.

Dieser König starb im Jahre 1516. und hinterließ den Königl. Ungrischen Trohn, seinem noch unmündigen Prinzen Ludwig dem Zweyten, der aber wegen seinen herrlichen Eigenschaften sich dennoch der Regierung unterzog. Er führte solche mit vieler Klugheit, sogar, daß einige mißvergnügt darüber wurden, daß er sich der Geschäfte mit so vielem Eifer annahm, und suchten ihn durch allerhand vorgeschlagene Lustbarkeiten davon zu entfernen, denen er dann auch endlich Gehör gab. Es kam mit den Türken zu einem ernsthaften Kriege, in welchem leider!

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auch dieser junge König nach gehaltener blutigen Schlacht bey Mohátsch, auf der Flucht, in einem Graben unglücklicher Weise umkam.

Nach dessen Tode suchte der Siebenbürgische Woywod Johann von Zapolya sich durch allerhand Ränke auf den Königl. Ungrischen Trohn zu schwingen, und bediente sich der unter seinen Befehlen stehenden Königl. Armee, die er dem unglücklichen Könige Ludwig zu Hilfe anführte, aber leider! zu spät eintraf, zu seinem eignen Vortheile. Er ließ sich von seinen Anhängern sogar zum Könige krönen, und trotzte auf die mächtige Hilfe des Türkischen Monarchen Süleymann. Allein es half ihm dennoch nichts, denn der Römische König hatte die gerechte Sache auf seiner Seite. Er gründete seine Ansprüche auf die im Jahre 1515. den 22. July, unter Vermittelung und Gewährleistung Kaisers Maximilian des Ersten, zwischen Wladislaw, damaligen König in Ungern, und Johanna, hinterlassenen Wittwe Philip des Ersten Königs in Spanien, in Gegenwart der vornehmsten Ungrischen Magnaten, geschlossenen Traktaten, vermöge welchen die Ungrische Krone auf dem Falle, der sich damals ereignet hatte, dem Könige Ferdinand feyerlichst vorbehalten war.

Auf solche Art behauptete auch König Ferdinand wirklich den Ungrischen Trohn, und Zapolya mußte sich mit dem Fürstenthume Siebenbürgen und einigen Gespanschaften in Ungern, wie auch mit Gestattung des Königlichen Titels, vornämlich bey der Pforte, unter derem Schutz er stand, begnügen. Man kann also mit Zuverläßigkeit sagen: daß Johann Zapolya der erste Fürst in Siebenbürgen gewesen, ob er gleich den leeren Titel eines Königs in Ungern führte.

Als die siegreichen Waffen Königs Ferdinands, unter den Befehlen der von ihm aufgestellten Woywoden Peter Perényi, und Valentin Török bis nach Siebenbürgen drangen, hatten die Sachsen grosse Hoffnung,

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unter Oesterreichische Bohtmäßigkeit zu kommen, und thaten in dieser frohen Zuversicht den Königl. Ferdinandischen Truppen allen nur möglichen Vorschub. Allein sie mußten bald darnach eine bittere Rache dafür leiden. Denn der Moldauische Fürst Peter, ein eifriger Anhänger des Zapolya, brach bey Kronstadt in Siebenbürgen ein, überfiel die Ferdinandischen Truppen bey der Nacht, sengte und plünderte aller Orten, wo er hinkam, und zog bey Bistritz, welches er ausplünderte, mit grossem Raube nach der Moldau zurück. Und diese Einfälle wiederholte er fünfmal, und übte an den Sachsen eine grausame Rache. Stephan Báthori hingegen, ebenfalls ein eifriger Anhänger des Zapolya, belagerte im Jahre 1528. Schäßburg, und als er das Schloß nicht einnehmen konnte, so plünderte er die untere Stadt rein aus, legte Feuer an, und verbrannte selbige größtentheils.

Die Hoffnung der Sachsen fiel über einen Haufen, als Anno 1538. ein Friede erfolgte, vermög dessen Siebenbürgen dem Johann zufiel.

Im Jahre 1540. starb dieser König, und die Kriegsunruhen giengen vom Neuen an. Die Sapolyischen Anhänger riefen den jungen Prinzen des Zapolya, unter dem Namen Johann Siegmund zum Könige von Ungern aus. Die Regierung aber führte die verwittibte Königinn Isabella, unter dem Beystande der drey von ihrem sterbenden Gemahle, ernannten Vormünder der jungen Prinzen, nämlich des Peter Petrowitsch, des Bruder Georgs (sonst Martinusius genannt) und des Valentin Török. Die Sachsen fiengen bey diesen kriegerischen Auftritten wieder an ein günstigeres Schicksal zu hoffen. Allein diesmal schlugen ihre Wünsche ebenfalls fehl. Vielmehr trug sich eine merkwürdige Veränderung mit der Sächsischen Nation zu, deren Folgen die Sachsen nachgehends oftmals veranlaßte, selbige zu bereuen. Die beyden Ungrischen und Zecklerischen Nationen begehrten nämlich die Sächsische Nation, als den dritten Mitstand in ihre Gemein-

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schaft aufzunehmen. Diese Zumuhtung konnte den Sachsen nicht anders als schmeichelhaft fallen. Sie nahmen den Antrag an, sahen aber bald die nachtheiligen Folgen ein. Es waren zwar noch im Jahre 1437. in Kapolna, wie auch im Jahre 1439. in Mediasch dergleichen Konföderationen vorhergegangen, wodurch diese drey Nationen sich vereinigten, daß sie sich wechselweise ihre althergebrachten Freyheiten, Vorrechte, Privilegien, und Schlüße wollten beschützen helfen, und mit vereinigten Kräften das allgemeine Beßte des Vaterlandes zu befördern trachten. Jedoch bey diesen an sich heilsamen Bündnissen, blieb gleichwohl jede Nation bey ihrer vorigen Verfassung. Allein bey der diesmaligen Vereinbarung wurde die vorige Verfassung der Sächsischen Nation stark geändert. Denn es war fest gesetzt worden: daß alle drey Nationen gemeinschaftlich die allgemeinen Erfordernisse besorgen wollten, und daß, wenn zwo Nationen über einen Punkt einig würden, sodann die dritte auch einzustimmmen gehalten seyn sollte.

Die erste bittere Frucht dieser Vereinigung empfand die Sächische Nation in dem 1545. zu Thornburg gehaltenen Landtage, wo die nunmehr vereinigten drey Nationen beschlossen, eine allgemeine Abgabe zum Unterhalte der Königinn und ihres Prinzen im ganzen Lande einzusammeln, bey welcher Gelegenheit die Sächsische Nation weit über die Gebühr bebürdet wurde. Die zwote unangenehme Folge erfuhr sie in dem, des nämlichen Jahres zu Hermannstadt gehaltenen Landtage, wo die beyden übrigen Nationen beschlossen: daß sie befugt seyn sollten, in den Sächsischen Städten sich Häuser anzuschaffen, und zu besitzen. Jedoch die Sächsische Nation that ihr Mögliches, und befreyte sich annoch von dieser Zumuhtung.

Die Hoffnung doch noch unter den glorreichen Osterreichischen Zepter zu gelangen, fieng bey der Sächsischen Nation wieder an aufzuleben, als mit Anfange des 1551. Jahres der General Joh. Baptist Kastaldo mit einer an-

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sehnlichen Armee in Siebenbürgen einrückte, und bald darauf durch Vermittelung des Siebenbürgischen Schatzmeisters Bischofs zu Wardein, Martinusius (der in der Geschichte gemeiniglich nur Frater Georg genennet wird) im Namen des Königs Ferdinand einen förmlichen Vertrag mit der Königinn Isabella schloß, vermög welchem diese Prinzessinn ganz Siebenbürgen, sammt dem, was sie in Ungern besaß, an den König Ferdinand abtrat, und darneben die Königl. Ungrische Krone, und die übrigen Reichsinsignien, die in ihren Händen waren, auslieferte; wogegen der König Ferdinand ihr die beyden Schlesischen Fürstenthümer Oppeln und Ratibor, wie auch die Sapolyischen Familiengüter in Oberungern abzutreten, auch 100.000 Dukaten baar auszahlen zu lassen versprach. Sie verließ auch nebst ihrem Prinzen Siebenbürgen noch in diesem Jahre, reisete aber nicht weiter, als bis Kaschau, wo sie einige Zeit voller Reue und Unentschlossenheit verweilte. Inzwischen ward die Königl. Ferdinandische Regierung in Siebenbürgen eingerichtet, Hermanstadt mit der Ferdinandischen Artillerie besetzt, und die Sachsen sahen nun ihre Wünsche glücklich erfüllet.

Erst 1553. gieng Isabella von Warschau über Krackau nach Oppeln. Kaum aber war sie etliche Monate da gewesen, als sie einen unüberwindlichen Widerwillen über die ganze dortige Gegend vorschützte, und mit ihrem Sohne wieder nach Warschau zurück kehrte, allwo ihre Frau Mutter, die noch lebte, ihr mit Einwilligung des Königs die Herrschaft Sámbor in so lang einräumte, bis die Zeit etwas Besseres hoffen ließ. — Den Vertrag mit dem Könige Ferdinand hatte Isabella ohne Vorwissen des Süleymanns, unter dessen Schutze sie stand, errichtet, und sich dadurch einen grossen Unwillen zugezogen. Sie baht demnach ihren Bruder den König in Pohlen, um seine Vermittelung, den Zorn des Sultans zu besänftigen. Dieser gab sich durch seinen Gesandten

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am Türkischen Hofe alle ersinnliche Mühe. Petrowitsch, der ein naher Anverwandter des Sapolischen Hauses, und der Vormünder des jungen Prinzen war, ließ auch durch seine Freunde am Türkischen Hofe an der Aussöhnung mit dem Großherrn arbeiten, die endlich auch zu Stande kam, und ihn bewegte, daß er seme Völker zu Isabellens Beystand aufbrechen ließ.

Petrowitsch fieng nunmehr öffentlich an das Land auf die Seite der Isabella zu ziehen, und machte den Königl. Ferdinandischen Statthalter Stephan Dobo die Erklärung: daß von den öffentlichen Landeseinkünften, zur Verpflegung der Königl. Ferdinandischen Truppen gar nichts mehr verabfolget, solidem selbige auf Rechnung der Königinn Isabella erhoben werden sollten. - Dobo gab die kurze Antwort: daß er von niemanden Befehle annehme, als von seinem Könige.

Hierauf belagerte Petrowitsch Weißenburg, hatte aber kein grobes Geschütz bey sich. Er schickte also den Georg Matschkáschi nach Hermanstadt, und ließ die Ferdinandischen Kanonen abfordern. Der Magistrat schlug es ab. Und da Matschkáschi auf seiner Forderung beharrte, und sich mit harten Bedrohungen heraus ließ, ward die Bürgerschaft schwürig, und jagte ihn zur Stadt hinaus. Allein er rächte sich auf eine grausame Art, denn seine Leute erkauften einen ungrischen Koch mit Gelde, daß er die Stadt anzünden sollte. Dieses bewerkstelligte er den 31. März 1556. durch eine einfältige Dienstmagd also, daß bis 556. Bürgerhäuser in die Asche gelegt wurden, und der damalige Graf der Nation Johann Roth darüber sein Leben einbüßte, indem er von einigen aufrührischen Bürgern mit einer Axt ermordet wurde.

Die Türken fiengen nunmehr im Königreiche Ungern an, offenbare Feindseligkeiten wider die Königl. Ferdinandischen Staaten und Unterthanen auszuüben. Der Türkische Monarch hingegen drang unter den fürchterlich-

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sten Bedrohungen darauf, daß die Siebenbürgischen Stände die Königinn Isabella und ihren Sohn durch eine feyerliche Gesandschaft wieder ins Land einführen lassen sollten. Diesem Befehle mußte ein Genügen geschehen. Franz Kendi mit einem zahlreichen und prächtigen Gefolge, und in Begleitung eines Türkischen Chiauses holten sie von Lemberg ab, und die Woywoden aus der Moldau und der Walachey, Alexander und Petraschko, hatten ausdrücklichen Befehl, die Königinn zu begleiten. Den 22ten Oktober desselben Jahres langte Isabella und Joh. Siegmund in Klausenburg an, wohin die Königinn unverzüglich einen Landtag ausschrieb, und sich sammt ihrem Sohne den Landesständen aufführte, zugleich aber diesen den Vortrag machte: daß selbige auf den standesmäßigen Unterhalt ihrer Person, und des jungen Fürsten den Bedacht nehmen möchten. Die Stände wälzten auch diese Last größtenteils der Sächsischen Nation auf den Hals, unerachtet diese alles Mögliche anwendete, ein billiges Verhältniß unter den Nationen auszuwirken.

Im Jahre 1557. den 13ten Oktober starb Petrowitsch der erste Minister dieser Königinn, und gar bald darauf, nämlich den 15ten September 1559. folgte ihm Isabella selbst in die Ewigkeit, und hinterließ das Fürstenthum ihrem Sohne Joh. Siegmund, der nunmehr selbst die Regierung übernehmen mußte.

Wenn man alle die Drangsalen, welche die Siebenbürgisch-Sächsische Nation, unter der Regierung dieses Fürsten und seiner Nachfolger, nämlich der einheimischen Siebenbürgischen Fürsten erlitten, berühren wollte, so müßte man Folianten anfüllen.

Krieg, Pestilenz , Hungersnoht, Feuersbrünste, Mord, Räubereyen, und alles, was ein Land in Noht und Elend setzen, und seinen Untergang befördern kann, wechselten in einer ununterbrochenen Reihe in diesem Lande beständig mit einander ab, und nicht selten trafen sie auch alle zusammen. — Von allen diesen Landesla-

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plagen mußte die Sächsische Nation gemeiniglich den vorzüglichsten Theil empfinden. Sie mußte mit äußerlichen Feinden kämpfen, und selbst mit ihren Mitständen immer zu Felde liegen. Zum Unterhalte der Fürsten mußte sie das Meiste beytragen, und wegen des Tributs, den die Türken erpreßten, hielten sich die abgeschickten Chiause allemal an die Sächsischen Städte. Wenn ein Fürst den andern drängte, so mußte die Nation Mittel verschaffen, seine Entwürfe auszuführen. Sodann kam öfters sein Gegner, und holte das Uibrige, was jener noch gelassen hatte, nach, und man muß sich verwundern, daß dieses Volk nicht völlig ausgerottet worden, wenn man die gräßlichen Auftritte, welche sich unter einem Botschkai, Siegmund, Andreas, und Gabriel Báthori, unter den Rakotzi, Bartschai, Kemény und Apafi ereignet, genau überleget, wie ganz ungeheure Heere rachgieriger Türken, grausamer Tatarn, Walachen und Moldauer, ja selbst auch die Kurutzen, oder einheimischen Rebellen in den Sächsischen Städten und Stühlen gewühlet, unaussprechlich viel unschuldiges Menschenblut vergossen, geraubet, geplündert, und unzählige Menschen in die Sklaverey geschleppet haben.

So thürmete sich unter der einheimischen Fürstlichen Regierung ein verderbliches Unglück über das andre auf, und überschwemmte öfters das ganze Land, am allermeisten aber die Sächsische Nation, und nöhtigte sie gar oft, wenn sie rein ausgeplündert war, und dennoch von Neuem gepreßet ward, daß sie von dem vornehmsten Adel so viel ausborgen mußte, daß mancher Sächsische Stuhl weit über die hunderttausend Gulden schuldig, und durch die übermäßigen Interessen, die derselbe damals zu 10. 12. 14. und mehr vom Hundert entrichten mußte, von Tag zu Tage tiefer in die Schulden sank. Ja es war wahrscheinlich, daß wenn dieser klägliche Zustand noch weiter fortgedauert hätte, diese ganze Nation nohtwendig zu Grunde hätte gehen müßen.

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Allein die höchste Vorsehung veroffenbarte sich gegen diese fast unterdrückte Nation mit Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts in den heitersten Aussichten. — Der letzte von den einheimischen Fürsten, Michael Apafi hatte einen sehr vertrauten Minister an dem Landesgenerale, nachmaligen Reichsgrafen Michael Teleky. Dieser wußte es dahin einzuleiten, daß das ganze Land des höchstschätzbarsten Glückes, doch endlich theilhaftig ward, unter den Schutz des grossen Kaisers Leopold gebracht zu werden.

Nunmehr näherten sich die Wünsche der bedrängten Sächsischen Nation ihrer Erfüllung. Sie hatte doch nunmehr jemand, dem sie ihr Anliegen und ihre Beschwerden mit Zuversicht ans Herz legen konnte. Der heldenmühtige Herzog Karl von Lothringen war der Erste, der den schwankenden Zustand dieser Nation mitleidig ansah. Deßgleichen that ein tapferer Markgraf Ludwig von Baaden, und der verdienstvolle General Veterani; so viel Muht und Klugheit er gegen die Feinde besaß, so viel Menschenliebe und Herablassung zu den Hilfsbedürftigen ließ er von sich blicken. Bey seinem unglücklichen Falle wurde er als ein Vater des Landes beweinet. Diese Helden waren die gepriesenen Werkzeuge, die den kläglichen Zustand der Sachsen, dem erhabensten Monarchen schilderten. Leopold hörte sie huldreich an. Er verordnete: daß die drey uneinigen Nationen einen freywilligen Vertrag über die bisher unter ihnen so vielfältig bestrittenen Gegenstände treffen sollten. Dieser Vertrag kam im Jahre 1692. den 23. April zu Stande, und enthält die Entscheidung aller derjenigen Punkte, über die unter den einheimischen Fürsten von den drey verschiedenen Nationen, fast in allen Landtagen, mit so vieler Bitterkeit gestritten worden. Der glorwürdigste Kaiser genehmigte diesen Vertrag , (der unter dem Namen Accorda Trium Nationum bekannt ist) und bestätigte denselben den 7. April 1693. Ja er gieng noch weiter, und verordnete im

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Jahre 1703. eine unpartheyische Beschreibung aller Kontributionsfähigen Gegenstände, um daraus eine standhafte Norm entwerfen zu lassen, vermög welcher die allgemeinen Abgaben ohne Nachtheil eines oder des andern Verhältnißmäßig aufgetheilet werden konnten. Allein die dazwischen gekommenen Rákotzischen Unruhen vereitelten diese heilsamen Absichten. Endlich starb dieser großmühtige Monarch den 5. May 1705. und der älteste Kaiserliche Prinz, der bereits zum Römischen Könige gekrönte Joseph der Erste bestieg den Kaiserlichen Trohn.

Dieser Monarch betrat die preiswürdigen Fußtapfen seines Vaters, und ließ die Wohlfahrt seiner Völker sein vorzüglichstes Augenmerk seyn. Da aber derselbe den Kurutzenkrieg mit allem Nachdrucke fortzusetzen beschlossen hatte, so hinderte ihn solcher die heilsamen Entschlüße seines verewigten Vaters ins Werk zu setzen. Dazu übereilte ihn der Tod, denn er starb zum größten Leidwesen seiner getreuen Unterthanen den 17. April 1711. als eben der Friedensschluß mit den Mißvergnügten zu Stande kam.

Die Trauerpost von dem hohen Todesfalle dieses Kaisers erhielt dessen einziger Bruder, der damalige König in Spanien Karl der Dritte in Barcellona, als er eben im Begriffe war Siegeslorbeer einzusammeln. Er sah sich dadurch in dem Besitze aller Kaiserlichen Erbländer. Die unumgängliche Notwendigkeit beschleunigte seine Rückreise nach Deutschland. Während seiner Reise erhielt er in Mayland auch den Ruf zu dem erledigten Kaiserlichen Trohn. Er richtete demnach seine Reise über Prag nach Frankfurt am Mayn, wo er den 22. December mit der größten Pracht gekrönet, und unter dem Namen Karls des Sechsten ausgeruffen ward. – Die Königlich Ungrische Krönung gieng hernach den 22. May 1712. in Preßburg vor sich.

Die Sächsische Nation in Siebenbürgen, die unter einer unermäßlichen Schuldenlast seufzete, und die durch

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die ungebührlichen Zinsen, die sie jährlich entrichten mußte, bis aufs Mark erschöpfet ward, säumte keinen Augenblick, ihren neuen Landesvater ihr schweres Anliegen an den Tag zu legen, und sie ward huldreichst angehöret. Denn schon den 6. November 1712. erfolgte das bekannte Kaiserliche Dekret, welches der Sächsischen Nation eine so große Linderung, vornämlich in Ansehung der übermäßigen Zinsen, als welche auf sechs von Hundert in Baarem, und Zehn in Naturalien oder Robotten eingeschränkt wurden, verschaffte.

Uibrigens wollte dieser wohlthätigs Monarch der Sächsischen Nation auch in Ansehung ihrer Bedrückung bey Auftheilung der allgemeinen Abgaben geholfen wissen. Es ergieng daher unter dem 31. März 1713. ein abermaliges Allerhöchstes Dekret, vermöge welchem, die noch vom höchstseligen Kaiser Leopold im Jahre 1703. angeordnet gewesene allgemeine Landesbeschreibung neuerdings veranstaltet werden sollte. In dem auf den 25. Junius nach Hermanstadt ausgeschriebenen Landtage wurden diejenigen Personen, welche zu dieser Beschreibung angestellet werden sollten, von den Landständen ausgewählt. Jedoch das Werk selbst ward verzögert, und gerieht endlich ins Stecken, da 1716. ein hefftiger Krieg mit den Türken, und bald darauf noch eine hefftigere Pest im Lande ausbrach. — So bald diese wichtigen Hindernisse nicht mehr vorhanden waren, so drang der Allerhöchste Kaiserliche Hof wieder auf vorerwähnte Beschreibung. Es ward auch ums Jahr 1722. wirklich Hand ans Werk gelegt, und gleichwohl noch nicht ausgeführt. — In dem auf den 9. April 1725. nach Klausenburg ausgeschriebenen Landtage, verlangten Se. Excell. Graf Lotharius von Königseck sehr angelegentlich, damit diese Konscription doch einmal zu Stande gebracht werden möchte. Jedoch in dem darauffolgenden Monate May mußte Se. Excell, auf Allerhöchsten Befehl nach Wien abgehen, und solchergestalt blieb es wieder bey dem Vorigen.

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In der auf den 15. September des gedachten 1725. Jahres nach Klausenburg ausgeschriebenen Versammlung brachte der damalige Interimskommandierende General Joh. Karl Freyherr von Tiege das Konscriptionsgeschäft wieder in Bewegung. Hier aber äußerte es sich klar und deutlich, daß einigen von den Ständen daran gelegen war, dieses zu hintertreiben. Sie brachten demnach in Vorschlag, die Art der Auftheilung der allgemeinen Auflagen, durch sogenannte Portas, da solche einmal durchgehend verhaßt wäre, völlig abzuschaffen, und diejenigen, so durch Calculos geschiehet, einzuführen. Diese bestand darinnen: daß man die ganze Summe der allgemeinen vor das Land ausgefallenen Aussagen oder Kontributionen in hundert gleiche Theile eintheilte, davon denn jeder Nation nach Gelegenheit 30. 36. bis 40. mehr oder weniger dieses Calculi zugetheilet wurden. — Die Sächsische Nation ergab sich auch in diese Art der Auftheilung, da man sie im Anfange sehr erleidlich behandelte. Nachdem aber auch diese aus der Art schlug, und sie wie vorhin überbürdet ward, so fiengen sich ihre Klagen wieder vom Neuen an.

Inzwischen gieng der wohlthätige Kaiser Karl der Sechste den 20. Oktober 1740. mit Tode ab, und seine älteste Prinzessinn die grosse Maria Theresia war vermög der 1722. festgesetzten pragmatischen Sanktion die einzige Erbinn aller Kaiserlichen Erbländer. Diesem ungeachtet hatte diese erhabene Prinzessinn kaum den väterlichen Trohn bestiegen, als sie sich von allen Seiten mit mächtigen Feinden umgeben sah. Treue Unterchanen erzitterten über ihre Gefahr; Sie allein erhielt eine unbegreifliche Standhaftigkeit. Auf ihre gerechte Sache sich verlassend, ließ sie sich getrost von ihren Unterthanen huldigen. In Siebenbürgen war der 20. Februar 1741. zu dieser feyerlichen Handlung in Hermanstadt anberaumet. Mitten unter diesen frohen Beschäftigungen traf ein Eilbohte von Wien ein, und überbrachte den versammelten

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Landständen die höchsterfreuliche Nachricht: daß ihre angebehtete Monarchinn den 13. März desselben Jahres mit einem Erzherzoge glücklich entbunden worden. Der Jubel der versammelten Ländesstände war außerordentlich. Eine süße Ahndung bemeisterte sich der Herzen, daß dieser Königliche Sprosse den glorreichen mütterlichen Trohn dereinst besitzen, und die Wohlfahrt so vieler Völker auf die entferntste Zukunft gründen werde. Frohe Ahndung! Noch frohere Erfüllung damaliger schmeichelhafter Wünsche! Joseph der Zweyte besitzt bereits den Trohn der erhabensten Mutter, und ist mit dem Glanze aller derjenigen Tugenden und seltenen Eigenschaften umgeben, welche die verewigte Maria Theresia ihren Unterthanen, ja der ganzen Welt so schätzbar gemacht haben!

Inzwischen griff die Kriegesflamme wütend um sich. Vieles Menschenblut ward vergossen. Allein die gerechte Sache behielt dennoch die Oberhand, und die große Maria Theresia behauptete das Zepter, wozu sie von der ewigen Vorsehung bestimmet war. — So bald sich diese grosse Monarchinn einigermaßen Ruhe verschafft hatte, so war ihr einziges Bestreben die Glückseligkeit ihrer Völker. Die Siebenbürgisch-Sächsische Nation entgieng auch in dem entlegensten Winkel ihrer Landesmütterlichen Sorgfalt nicht. Unter den unzählbaren Wohlthaten, deren diese erhabene Monarchinn die Sächsische Nation theilhaftig machte, war dieses gewiß eine der vorzüglichsten, da sie im Jahre 1750. durch eine besonders geschärfte Verordnung, die so genannte Gratuitam Victitationem abschaffte, und völlig vertilgte. Diese aber bestand darinnen: daß in den vorigen Zeiten der hohe und niedrige Adel, der Militärstand, und ein jeder, der nur einen Schatten von einem öffentlichen Amte besaß, oder bey jemand dergleichen in Diensten stand, aller Orten im Lande , besonders aber in der Sächsischen Nation mit unentgeltlichem Unterhalte, Vorspann und Futter für die Pferde bedienet werden mußte. Dieses war gewiß eine unerträg-

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liche Last. Oefters kamen drey, vier, und mehrere Partheyen an einem Orte zusammen. Jede wollte zuerst mit Essen, Trinken, Vorspann, Haber und Heu bedienet seyn. Da gab es denn allerhand Ausstellungen, bald an einem, bald am andern, und die Bezahlung der Dorfsbeamten war gemeiniglich ein Puckel voll Schläge, die zwar auch nicht selten erwiedert wurden. In den Städten ergieng es eben so. Oftmals kamen Partheyen, die zwey auch drey Züge angeschirrter Pferde mit sich führten, und gleichwohl neben dem, daß diese Pferde mit Heu und Haber, und ihre Besitzer und Bedienten mit überflüßigem Essen und Trinken versorget wurden, dennoch die Herrschaft durch besondere Vorspannpferde befördert, die eignen Pferde aber geschonet werden mußten. — Dieser höchstverderbliche Mißbrauch ward völlig aufgehoben, dagegen aber verordnet: daß ein jeder für baares Geld leben, und mit eigner Gelegenheit reisen sollte. Diejenigen hingegen, so besonders von dem Militär unmittelbar im Allerhöchsten Herrndienste reisen müßten, sollten mit Kommissariatischen Assignationen versehen werden, und alles, was ihnen verabreicht würde quittiren, welche Quittungen nachgehends bey Gelegenheit der Landeskompute angenommen, oder sonst vergütet werden sollten.

Eine andere höchstersprißliche Wohlthat, die vornämlich auch einen starken Einfluß in die Wohlfahrt der Sächsischen Nation hatte, war das Inscriptionswerk, welches ebenfalls auf Allerhöchst dringende Verordnung im Jahre 1755. zu Stande kam. Es ward nämlich in jedem Ungrischen, Zeklerischen, und Sächsischen Bezirke, überhaupt im ganzen Lande, von jeder der drey Nationen ein Censor, also in jedem Bezirke drey Censoren mit vollständigen Verhaltungsbefehlen aufgestellet, welche mit Zuziehung der einheimischen Beschreiber, die im Jahre 1750. aufgenommenen Verzeichnisse aller Kontributionsfähigen Gegenstände auf das Sorgfältigste untersuchen, nach der Vorschrift genau beurtheilen, und in

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ihre gehörigen Rubriken eintragen mußten. Aus diesen Verzeichnissen ward von der ausdrücklich vom Allerhöchsten Hofe hiezu verordneten Kommission ein richtiges und zuverläßiges System ausgearbeitet, nach welchem seit dem einem jeden Kontribuenten die abfällige Kontribution nach Verhältniß seines Vermögensstandes also ausgeschlagen wird, daß niemand mehr oder weniger von seinem Vermögen kontribuiert, als sein Nachbar von dem seinigen, und solchergestalt nunmehr alle Klagen über Bebürdungen oder Partheyligkeit nohtwendig wegfallen müßten.

Ferner hatte diese wohltätige Monarchinn fest beschlossen, die Sächsische Nation auch aus ihren häufigen Schulden zu ziehen, und verordnete zu dieser heilsamen Absicht eine eigene Kommission unter dem Vorsitze des Freyherrn von Seeberg, die bey denen Sächsischen Ortschaften und Stühlen, die Allodialwirtschaften einführen, und die Mittel zu Bestreitung der Besoldungen für die Beamten, und ihre Untergeordnete sowohl, als auch zur Tilgung der häufigen Schulden heraus suchen sollte.

Ohnerachtet nun diese huldreiche Monarchinn das Vergnügen nicht erlebet hat, ihre wohltätige und menschenfreundliche Absicht vollständig erreichet, und die Sächische Nation von allen ihren Schulden gänzlich entbürdet zu wissen; so hat sie dennoch mit Allerhöchster Zufriedenheit bemerket, daß ihre gemachten vortrefflichen Anstalten den gehofften Erfolg nicht verfehlet, indem diese Nation von der größten Schuldenlast wirklich befreyet, und das übrige der Nationalschulden allem Anscheine nach in kurzer Zeit vollends getilget werden dörfte.

Die Sächsische Nation hingegen wird die allerverehrungswürdigste Asche ihrer verewigten Wohltäterinn mit ihrer spätesten Nachkommenschaft segnen, und muß es zu ihrem ewigen Ruhme bekennen, daß diese Nation in Vergleichung ihrer vorigen bedrängten Umstände, unter dem glorwürdigsten Oesterreichischen Zepter ihr golde-

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nes Zeitalter erreichet habe, und froh und dankensvoll kann sie einer entfernten Zukunft entgegen sehen, da nächst Gott, ein grosser Joseph, der größte der Menschenfreunde ihre Schicksaale leitet!

Schech.
Topic revision: r113 - 07 Sep 2012, KatalinBlasko
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