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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 1, Heft 3, Text 27, (S. 257-282)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1781
Autor:
Johann Seivert
Zuordnung: Sprachgeschichte
(p257)
Die Sprache der siebenbürgischen Sachsen gehöret mit zu den stärkesten Beweisen ihres deutschen Ursprungs, und dieses zwar, weil sie eine unläugbare Tochter der deutschen ist. Ihre heutige Unähnlichkeit mit dieser ihrer Mutter ist ein Einwurf, von keinem Gewichte. Sprachen gleichen unsern Schönen; je älter sie werden, desto mehr verändert sich ihre Gestalt, nur mit dem Unterscheide, daß jene immer schöner werden, diese aber an Schönheit beständig abnehmen. Die deutsche Sprache selbst, ist nicht mehr diejenige, die im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte herrschte. Was Wunder denn, daß ihr das Siebenbürgischsächsische unähnlich ist? Doch darf man nicht denken, daß die uralte deutsche Sprache noch in dieser Mundart lebe. Nein, wir reden nicht mehr so, wie unser Landsmann der berühmte Dichter
Klingsohr, zu den Zeiten des Königes
Andreas des Jerusalemitaners redte. Wie wäre es aber auch möglich? Die wilden Kriege der vorigen Jahrhunderte, und andere Verwüstungen würden längst die sächsische Völkerschaft in Siebenbürgen ausgetilget haben, wenn sie nicht immer neue
Pflanzer aus Deutschland verstärket hätten; und sollte sich mit diesen nicht allzeit eine neuere deutsche Sprache verbreitet haben?
(p258)
Die Wörter unserer sächsischen Sprache überhaupt, sind größtentheils solche, die noch zu Anfange des sechszehnten Jahrhunderts unter den Deutschen gebräuchlich waren, und viele davon auch in Absicht auf die Aussprache. Unsere Sachsen wurden mit deutschen Schriften, ja mit den Deutschen selbst immer mehr und mehr bekannt; und dieses möchte wohl die Ursache seyn, daß unsere itzige Sprache nicht reicher an ältern deutschen Wörtern ist. Die neuern unterdrückten nach und nach die alten. Der Britte, der Franzos, schreibt, und liest anders: so schreiben wir deutsch, und sprechen es nach unserer Mundart aus. Ich weis nicht, ob jeder
Plattdeutsche ein hochdeutsch geschriebenes Buch plattdeutsch lesen kann; wer unter uns aber nur zu lesen weis, der liest solches in seiner sächsischen Muttersprache. Wir haben also niemals nöhtig gehabt, Siebenbürgischsächsisch zu schreiben. — Bey solchen Verhältnissen unsrer Sprache, sollte ich mich wohl betrügen, wenn ich sie für eine besondere deutsche Mundart halte?
Ob das
Nieder-oder
Oberdeutsche die Mutter unserer Sprache sey, ist eine Frage, in deren Beantwortung ich nicht zu irren glaube, wenn ich sie für eine Vermischung beyder Spracharten halte. Unsere Wörter, die theils dem Niederdeutschen, theils dem
allemannischen Dialekte eigen sind, bezeugen es zur Genüge. — Sollte es aber auch Wahrscheinlichkeit haben, daß die ersten deutschen Pflanzvölker in Siebenbürgen aus einer Provinz , und von einerley Mundart gewesen sind? Für mich gewiß nicht! — Daß
Fläminger die Gegenden von
Hermannstadt bevölkert haben, beweiset uns ein Schreiben des Pabstes
Innocenz des Dritten.* Der Repserstuhl hat unter andern Merkmaalen einer schweitzerischen Kolonie, das Dorf Schweitzer. (Vicus Helvetiorum) Daß Sachsen darunter gewesen, wer wird das läugnen?
* Beym Baluzi Tom.I, Lib. I, Ep. 272.
(p259)
Ja, ungeachtet ich unserm alten
Lebel* sonst wenig Glauben beymesse, so ist es mir doch sehr wahrscheinlich, wenn er in seinen elenden Hexametern von unsern Ahnen schreibt:
Helvetios quosdam suisse, Vindelicos Suevos Et Pynthasacos, aliosque Styria & Oene viros, Permixtim Bavaricos, Noricaeque telluris colonos Praecipue Saxones, Geysillae Reginae affines.
Unsere Geschichtschreiber behaupten, König
Bela der Vierte habe nach den traurigen Verwüstungen, auch Siebenbürgen aufs Neue mit Deutschen bevölkert, und ich finde bis itzt noch keine Ursache, ihnen zu widersprechen. — In den folgenden Zeiten haben sich manchmal beträchtliche Pflanzvölker aus verschiedenen deutschen Provinzen, mit der sächsischen Nation vereinigt, und ihre Sitten, Rechte und Sprachart angenommen. Sie lernen aber selten rein sprechen, sondern sie vermischen gemeiniglich das Deutsche mit der Landessprache. — Als der Kaiserliche Feldherr
Castaldi 1553. Siebenbürgen mit seinem Kriegsheere verließ, blieb der größte Theil seiner Völker im Lande zurück, setzte sich in die sächsischen Städte und Flecken, und nahm das Bürgerrecht an.** So kamen auch im Jahre
1664. viele Sachsen, Mährer , Schwaben, Niederländer, und andere Deutsche nach Siebenbürgen, die sich in dem sächsischen Gebiehte häuslich niederließen.***
Wenn man nun dieses alles, und noch dazu, daß die durch Krieg und Pest verwüsteten Örter sehr oft mit freywilligen Einwohnern aus allen Gegenden des sächsischen Gebiehts bevölkert worden sind: so wird es nicht mehr wunderbar scheinen, wie die Sprache unserer Sachsen eine Vermischung des Ober - und Niederdeutschen seyn
* Johann Lebel, der als Pfarrer zu Thalmatsch 1542 ein Werkchen: de Oppido Thalmus geschrieben, welches zu Hermannstadt 1779 gedruckt worden.
** Miles im Würgengel, auf der 51igsten Seite.
*** Eben dieser, in der Einleitung.
(p260)
könne; ja, daß sie selbst so mancherley Dialekte habe ?— Sie hat in der That viele, dennoch könnte man sie füglich in vier Hauptdialekte eintheilen. 1) In den
Hermannstädtischen, der sich immer mehr und mehr von veralteten deutschen Wörtern reinigt, und gleichsam das
Hochsächsische ist. 2) In den
Kronstädtischen, oder
Burzelländischen, der viel Eigenes hat, und einen Hermannstädter oft unverständlich ist. Besonders verwandelt der Burzländer gern den Buchstaben w in b. Für zwinzig (zwanzig) spricht er sbinzig; für Schweng (Schwein) Sbeng; und so ist auch aus Wurzelland,
Burzelland geworden. 3) In den
Bistritzischen. Dieser ist halbdeutsch, und dennoch den Sachsen außer dem bistritzischen Gebiethe fast ganz unverständlich, klingt auch ziemlich makaronisch. 4) In den Bäurischen, der in den übrigen sächsischen Gegenden herrschet. Er ist sehr reich an alten Wörtern, welche die heutige deutsche Sprache nicht mehr kennet.
An Idiotismen möchte es unserer Sprache wohl nicht fehlen, so, wie sich auch viele Wörter aus der ungrischen, walachischen, ja auch aus der lateinischen in dieselbe eingeschlichen haben. — Den Wunsch eines grossen
Leibnitz* nur einigermassen zu erfüllen , will ich aus meinem gesammelten Wörterbuche der siebenbürgischsächsischen Sprache einige Proben, besonders von eigenthümlichen, altdeutschen und fremden Wörtern geben. Ob ihnen meine Leser aber auch allzeit die rechte Aussprache geben werden, muß ich nicht ohne Grund in Zweifel ziehen; denn manchmal ist unsre Aussprache so, daß sie blos durch mündlichen Unterricht gezeiget werden kann.
* In Otio Hannov auf der 50. Seite. "Desideratur specimen vocabulorum & modorum loquendi peculiarium Saxonibus Transylvaniae, i.e. non ut loquuntur homines cultiores, sed, ut loquitur plebs, ut comparari possint cum lingua plebeja nostrorum Saxonum. Dicitur enim esse in plebe illa multas voces nec hungaricas, nes selavonicas, & tamen aliis Germanis communiter non intellectas.
(p261)
Besonders wird der Buchstabe a nicht selten als ein Doppellauter ausgesprochen, den ich anders nicht, als durch ay bestimmen kann. Z.B. Folgende Wörter: Hengst, Heu, drohen, liegen, kann ich nach unserer Mundart nicht anders schreiben, als: Hayst, Hay, dray'n, lay'n; und doch werden unsere Sachsen selbst, ungewohnt ihre Muttersprache geschrieben zu lesen, diese Wörter kaum so lesen, als sie ausgesprochen werden; und was werden erst Deutsche thun? Ei, eu, ey hat gar den Thon nicht, wie in Zeit, Leut, seyn; sondern das i behält den Laut, den es im Alphabete hat. Je wird im Deutschen wie ein langes i ausgesprochen; in unserm Sächsischen aber sind häufige Fälle, wo man die Mitaussprache des e deutlich höret. Z.B. gién, geben, hiéven, heben, lieben, beben. In diesen Fällen habe ich das e mit einem Accente bezeichnet. — In dem Doppellauter uo wird das o sehr kurz ausgesprochen. — Zum Beschlusse muß ich noch melden, daß
Frischens deutschlateinisches Wörterbuch, welches zu Berlin im Jahre 1741 gedruckt worden, auch in den Fällen, wo ich es nicht anführe, in Absicht der angebrachten deutschen Wörter mein Bürge ist. Sollte ich aber in der Rechtschreibung und Herleitung der Wörter die Abwege des Irrthums nicht allzeit vermieden haben: so werden mich meine Leser mit dem Gedanken entschuldigen, daß vor mir dieses Feld noch niemand bearbeitet hat. In der Rechtschreibung habe ich den Dialekt angemerkt, wenn es nicht der Hermannstädtische ist; die Wörter aber selbst sind entweder dem gesittetern mit dem gemeinen Volke, oder nur dem letztern gemein.
(p262)
Von der Proben der Siebenbürgischsächsischen Sprache.
A.
Abäzig, adj. klein, die rechte Größe nicht habend, von dem deutschen Worte butt, butzig, welches in
Frischens Wörterbuche gleichen Verstand hat.
Aegresch, m. unreife Trauben; von dem Ungrischen Egres.
Aegresch Kächen. Eine Speise von unreifen Weinbeeren. Vumägresch, Stachelbeeren. Ruit (roht) ägresch, Preißelbeeren.
Aecker, m. bäurisch Aker, Eicheln. Frisch Wörterb. die Aecker, glandes caducae, Angelsächsisch accaeren.
Affig, adj. närrisch, von dem Worte Affe, Simia.
Agelast, m. ein Schimpfwort auf mürrische Leute. Vielleicht von angelastus [griech], der nicht lachet, ein Sauertopf. Es kann aber auch deutschen Ursprungs seyn, da die ältern deutschen für Lust auch Gelust sagten; und so kann Agelast soviel als Ungelust seyn.
Agrasem, n. ungeruhsam. So nennen gesittete Leute das Schwein, dafür man sonst Schweng gebraucht. Die
Medwischer sagen gar Porcianer.
Angem, adv. übel, böse, zornig. Et es mir angem, es ist mir übel. En angem Menesch, ein böser zorniger Mensch. Englisch Anger, der Zorn.
Anrich Kiéhl, f. die Luftröhre. Die Bedeutung dieses Worts ist vielen so unbekannt, daß sie danrich Kiéhl, (donnerige Kehle) sagen. Andere meynen, es bedeute die unrechte (arecht) Kehle; es ist aber die innere, oder innerliche Kehle. Für innerlich, sagen die Bauern itzt noch: annerlich.
(p263)
B.
Bäl, l, bäurisch; Bal, ein Darm.
Bälen-Kächen, eine eigene siebenbürgische Speise von Ochsendärmern, die mit Milch und Eyern gefüllt, abgekocht , und in einer Milchbrühe aufgetragen wird.
Bafliesch, n. der Speck. So viel als Backfleisch. Denn, die Speckseite, Succidia, nennen wir von dem alten deutschen Worte Backe, bachen
Fr. W.
Bangen, v. trommeln. Bang f. die Trommel.
Niedersächsisch: bungen, die Bunge.
Barn, m. Ein Barn heißt bey uns, wann die Fruchtgarben rund aufeinander gelegt, und nach gehöriger Höhe zugespitzt, und mit Stroh bedeckt werden.
Tröster in seinem
alt und neuen Dacia auf der 233ten Seite meynet, das Wort sey von bar, frey, los, ledig, herzuleiten, weil ein solcher Kornthurm im Freyen stünde; oder von Barn der Sohn; weil er gleichsam der Sohn des ganzen Ackerlandes ist. Wahrscheinlich aber kömmt dieses Wort von bergen, verbergen her, weil die Fruchtgarben auf diese Art, für Schnee und Regen verbergt werden. Daher hießen die alten Deutschen granarium einen Kornberg, foenile, einen Heuberg, engländisch: a Hey Barn. Eine Scheune, a Barn.
Béen, v. 1) rösten, Gebét Bruid, geröstetes Brod. 2) ausbrühen, aqua fervida eluere. Ein solches kochendes Wasser heißet die Béh.
Bekrid, adj. betrübt, bekümmert. Bekridnes, f. Bekümmerniß, Unruhe.
Wahrscheinlich von dem veralteten deutschen Worte kretten, dem aber Frisch, den Begriff: einen mit Recht vornehmen, beylegt. Allein die angeführten Stellen können wohl unsern Wortverstand leiden. Script. Brunsvic. Tom. III. „Kaiser Friedrich wollte in Mayland niemand kretten, sonden nur den Bürgermeister henken lassen."
(p264)
Dieses kann wohl so viel bedeuten: der Kaiser habe niemand betrüben oder beunruhigen wollen, sondern nur den Bürgermeister henken lassen. — So auch: "die Dänen konnten in Sachsen frey herum gehen, nemend dorste se kretten; Siebenbürgischsächsisch: nemend tuirfte se bekriden, beunruhigen,betrüben.
Bérlen, v. brüllen, blären, mugire.
Béren, v. mit großem Geschrey zanken, beschelten. Holländisch: baren;
Fr.W. báren, beren, fremere, ferociter murmurare. - Bebér, n. Rixae magnis clamoribus.
Béromen, v. 1) mit Ruß schwärzen. Niederdeutsch: berämen, von Ram, Ruß. 2) Die Weinstöcke mit Pfählen bestecken.
Bierkel, Spitzen.
Bletz, für Kürsen, ist noch in einigen Gegenden gebräuchlich.
Fr.W. Bletz. S. 81. c. i.
Bloch, m. ein Walach, Blochen, f. eine Walachinn,
Filstich in
Schediasm. Historico de Valichor. Hist. hat von dem Ursprunge dieses Worts einen ziemlich seltsamen Einfall. Er glaubt nämlich, sie hätten diesen Namen, wegen ihrer ungeschliffenen Sitten von Bloch, ein Klotz, truncus erhalten; und deswegen sage man itzt noch zu einem groben Menschen : da Bloch! — Dieses ist zwar wahr, ich werde aber allzeit glauben, daß ein ungesitteter Mensch, wegen seiner Gleichheit mit groben Walachen also genennet werde, so, wie wir einen unverschämten Menschen einen Zigeuner schelten. — In allen Urkunden heißen die Walachen Blacci, und dieses [griech.] und daher kömmt auch unsere Benennung Bloch. Denn unsere Sprachart verwandelt das a sehr gern in o, als: rathen, roden, That, Thod. - Doch haben auch einige kleine Dialekte, z.B. der bolgatzische, Blach
(p265)
Bokeln, v. Wenn die sächsischen Weiber ihren Kopfzeug aufsetzen, so heißet dieses bokeln; weil nun der sogenannte Qwätsch ihnen zween kleine Buckeln auf dem Kopfe macht, so scheinet bokeln davon herzukommen.
Braleng, m. ein Frischling, porcus anniculus, von brahn, brühen, weil sie geschlachtet, nur mit siedendem Wasser abgebrühet werden; und weil man sie nur rupfet, nicht aber wie die Speckschweine zugleich mit Feuer röstet: so heißen sie im bistritzischen Dialekte
Plekleng, von pleken, rupfen.
Brig und Prig, bedeutet in zusammengesetzten Wörtern einen Berg: Schelmbrig, Schellenberg, Kirprich, Kirchberg, Burprig, Burgberg.
Brock, f. 1) das Weiche des Brods, medulla panis. 2) Ein Eingebrocktes, moretum, embractum.
Brögem, m. der Bräutigam. Ein verkürztes Wort, wie tunzem, für tugendsam.
Brölst, f. die Hochzeit, in einigen Dialekten; dafür andere Hoczet gebrauchen. Holländisch Bruglost.
Buirten, Ornatus capitis virginum Saxonicalium. Das mannbare Frauenzimmer trägt den deutschen — détschen Buirten, der einer Hand breit hoch, und vom schwarzen Sammet ist. Die mittleren Mägdchen bedienen sich des ungrischen, der eben von Sammet , zween Finger breit, und mit einer goldenen, oder silbernen Spitze besetzet ist. — Vielleicht kömmt es von dem ungrischen Párta, oder von dem deutschen Worte Borte.
Frisch hat in dem 2ten Theile seines
deutschlateinisches Wörterbuchs S. 120. aus der preußischen Landordnung: eine Jungfrau in Börtlein Kränzlein, oder Haaren.
Buretz, f. ein Erdschwamm, fungus, ein walachisches Wort,
(p266)
C.
Calefor, f. ein kleiner Ofen, vom Lateinischen calefacio.
Campest, m. Hauptkohl, brassica capitata. Der im Salzwasser eingemachte, heißet Sour Campest. In
Fr. Wörterb. bedeutet Compost, Cumpest eingemachten Hauptkohl, deswegen hält der Verfasser Compost für ein Wort, das überhaupt etwas Eingemachtes, conditum, anzeiget, und leitet es deswegen von compositum her. Weil aber diese Kohlart von Caput auch Capiskraut, Kabuß, Cappis, Kabiskraut, u.s.f. heißet, (S. I. Theil S. 164. c. 3.) so könnte unser Campest wohl auch von Caput herstammen. Campest-Bitt, altdeutsch Gumpastbutte.
D.
Däppen, n. der Topf.
Melandri Centur. Jocos. T. II. S. 26: „ M. Conrad! mich gemahnet euer, wie Pf. Sommers, der seicht in die Kammer, und warf das Topfen zum Fenster hinaus, und sagte darnach, er wär irr in der Materie worden, hätte je wohl gewust, daß eines hinaus gehörte.“
Diessem, m. Sauerteig, Dasypod. Lex. Deissen, holländlsch: Suerdeessen.
Dozen, m. Tuber panis cocti.
Drémmern, v. ein Getöse machen. Gedremmer, n. ein Getöse.
Drogen, m. das Zäpfchen im Halse, epiglottis.
Druol, adv. zuwider, unangenehm, vielleicht von dem Niedersächsischen drulen.
Dürpel, m. die Thürschwelle. Holländisch: Dörpel.
Dürstedel, m. die Thürpfosten; altdeutsch: Thürstüdel, von Stud, eine Säule
(p267)
E.
Ekest, jemals, nekest, niemals.
Emest, jemand, némest, niemand.
Engden, adv. immer, beständig; soviel als Ende ohn, oder ohne Ende.
Errn, Jéren, m. der Fußboden. Holländisch: aere, - area, pavimentum.
Episch, ungewandt. De episch ségt, die ungewandte Seite, pars aversa.
Fr. Wörterb. äbigt, ebigt, aversus.
F.
Fluren, v. flöten. Flur, eine Flöte.
Fräsen, frasen, v. frieren; altdeutsch: friesen, frasen, n. das Fieber, in einigen Dialekten Frier.
Fridden, m. 1) der Friede. 2) ein Planken, weil dadurch der Friede zwischen den Nachbern erhalten wird.
Fronsen, f. die Kopfbänder des sächsischen Frauenzimmers.
Fr. Wörterb. Fransen, Lemnisci
G.
Gadeluis, f. Zeitlose, Colchicum. Bedeutet soviel, als ohne Zeit, oder die keine Zeit hat, indem sie das ganze Jahr durch gefunden wird: so möchte Gadeluis, gutlos, oder ohne Gutes bedeuten, weil dieses Gewächs von keinem Vieh gefressen wird.
Gängeln, v. junge Hunde werfen, daher heißet eine Hündinn Gänglen.
Gameln, v. schmeicheln, liebkosen. Dieses Zeitwort hat die deutsche Sprache so viel ich weis nicht, wohl aber davon abstammende Wörter.
Fr. Wörterb.: gämelich, lascivus. Auf dem
Harze in
Niedersachsen heisset Gamel einen Bräutigam.
Garz, bitter, herb.
(p268)
Gatch, f.ein ungrisches Beinkleid von Leinwand, vom ungrischen gatya.
Gebinn, m. die Oberdecke eines Zimmers.
Fr. Wörterb. Bühne, Binne, laquear.
Géch, f. 1) das Salzwasser, in welches der Hauptkohl eingemacht wird. 2) eine Geige, Violin.
Gedahr, n. das zahme Federvieh. Holländisch: Gedierte, Thiere.
Gedeus, n. Leinenzeug, Wäsche; uneigentlich aber ein verächtliches Weibsbild.
Gegrän, n. die Milchhaare, lanugo.
Gehell, n. der Kopfzeug der sächsischen Weiber.
Fr. Wörterb. Hülle, Velamen. Wie wir für die Binne, Gebinn sagen, so für Hülle, Gehell.
Gekärs, Hagebuten, Hanbutten, fructus cynosbati. Das Wort Urskitzeln in
Fr. Wörterb. hat einen ähnlichen Begriff. Einige Deutsche heißen sie Hetschepetsch; und so heißen wir das hegebutenmus Hätschempetsch.
Gemächt, n. 1) Ein Vorschub an den Stiefeln, sonst auch Wöbes. 2) der Hodensack, Math. Lex. gemächte, Pudenda.
Gertkummer, f. die Sakristen, vestibulum. Man sollte eigentlich Gerkummer sagen, denn es kömmt von dem alten deutschen Worte gerben, ankleiden, her; davon die Oberdeutschen diesen Ort Gerbkammer, die Niederdeutschen aber Gerkammer heißen.
Gestäpp, m. Gewürz, Stäppen, eine Speise würzen. Gestüppe bedeutet in
Fr. Wörterb. den Staub. Weil nun das Gewürz ganz klein, und gleichsam zum Staube zerstossen wird, so mag es bey uns den Namen Gestäpp erhalten haben.
Gétter, f. 1) Güter, praedia. 2) ein Vieh; da Gétter, du Vieh! das Gut unserer Alten bestund größtentheils im Viehe.
Gewürz, n. Küchenkräuter überhaupt, olera.
(p269)
Giebsen, v. gähnen, oscitare.
Fr. Wörterb. giebsen, das Maul aufsperren, wie die jungen Vögel.
Giren, m. der Zipfel des Kleides. Altdeutsch: Gern, Geren. Ezech. 16, 8; und Hagg. 2, 13. nach
Luth. Uibersetzung.
Gohn, n. Gehen. Imperat. Gang, so der schwäbische Dialekt. Dasypod. Lex. eo, ich gohn.
Gomern, v. lüstern seyn. Die alten Deutschen hatten von Gaum, palatum, das Zeitwort gaumnen, essen; und davon mag unser gomern herkommen, welches eigentlich eine heftige Begierde etwas zu essen anzeigt. Gomerkaz, im Scherze, ein lüsterner Mensch.
Gorr, f. eine Stutte. Dasypod. Lex. Gurr, equa.
Gotzbergel, oder Gottsbärgel, m. ein Zwerg, nannus. Da der Ursprung dieses Worts unbekannt ist, so kann man auch seine Rechtschreibung nicht bestimmen. Der kronstädtische Dialekt verwandelt das w gern in b, und so kann aus Zwerg, Zwergel, Zbergel geworden seyn: vielleicht ist das veraltete deutsche Wort Bosser ein Zwerg
(Fr. Wörterb.) verbunden worden, daraus denn durch Verwechslung des b in g, Gotzbergel leicht entstanden seyn kann. Sollte es aber Gottsbärgel geschrieben werden, so hieße es so viel: als Gottes Schweinlein. Eine Art beflügelter Insekten heißen Herrgottüsger, Herrgottsöchschen.
Grampig, adv. grob, plump, vom ungrischen goromba.
Grunn, f. plur. Grunnen, der Knäbelbart, mystax. Nach
Tröstern l. c. S. 333, weil er der grünen Jugend erstes Barthaar ist. Tröster muß nicht daran gedacht haben, daß wir auch den Bart der Fische, Katzen, und dergleichen, Grunnen nennen.
(p270)
H.
Härz, adj. lieb, artig. Härzer Vuoter, lieber Vater; en herz Kengd, ein artigs Kind. Ein Benwort von Herz.
Häzel, m. eine Hausgrille.
Hall, Ech hall, für éch well, bäurisch: wall, ich will, ist unter dem gemeinen Volke sehr gebräuchlich.
Hann, m. Villicus, der gewöhnliche Amtsname der sächsischen Dorfrichter, dessen Ursprung noch zweifelhaft ist.
Tröster auf der
88. S. leitet es von dem alten deutschen Worte Huonen Laino, ein Wihrtsoder Gasthaus her, weil die Reisenden gemeiniglich bey den Dorfhanen einzukehren pflegten.
Soterius in seinem
Cibinium MS. sieht es für das
tatarische Chan an, welcher Name von den
Tatarn eingeführet worden, als sie unter dem unglücklichen
Könige Bela den Vierten im Lande wohnten. — Allein dieser Amtsname war auch in Deutschland gebräuchlich. Nach
Frischens Zeugniß T. I. S. 466., werden in der
Jülichischen Polizeyordnung, unter andern Befehlshabern, auch die Honnen erwähnt. Hunschaft ist noch in einigen Provinzen am Niederrheine für Hundschaft, hund für hundert, centum gebräuchlich. Honne schien also mit Centgraf übereinzukommen. — Zu dieser Meynung stimmet der Gebrauch in den sächsischen Städten, da man die Vorsteher der Centurien, oder Nachbarschaften, Nachbarhannen, Centuriones, heißet.
Hanglich, f. eine Art Backwerk, darauf Butter, und Eyer mit der flachen Hand geschmiert, und vertheilt wird. Daher meynet
Tröster I. c. S. 206. das Wort käme von Hand, und gleichmachen her, und schreibt wider den Sprachgebrauch handglych. Weil aber dieses Backwerk meiner Kenntniß nach, den
(p271)
Deutschen völlig unbekannt ist, wollte ich es lieber von dem ungrischen herleiten.
Heen, v. hangen, altdeutsch, hahen.
Fr. Wörterb.
Heng, m. der Riese, gigas, altdeutsch, Heune.
Hieben, v. 1) heben. 2 ) gähren. Was da gährt, hebt sich in die Höhe.
Hühnen-sähn, n. der Nachtnebel, Nyctalopia, von Hühner, und sehen; weil die Hühner des Nachts beym Lichte nicht sehen.
Huibes, m. eine Art Kuchen. Die gemeinste ist diejenige, die auf dem Feuerheerde, unter glüender Asche gebacken wird. Aschenbrod, polenta. — Der Ursprung dieses Worts ist unbekannt.
Tröster S. 236. glaubt, daß er entweder von hui, hoch, vornehm, oder von hui geschwind, weil er bald gebacken ist, und Bissen herzuholen sey.
Huilépp, f. Hippe, Crustulum, von hohl, und Hippe. In
Menkens Script. Saxon. kömmt Hol-Hippel, und Hol -Hipperi vor.
I.
Ichen, einiger, von dem veralteten deutschen Worte icht, aliquid. Für keiner, sagen wir nichen.
Ientem, kurz vorher, paulo ante.
Iest, adv. semel, aliquando.
Altdeutsch, einist. Ieste mohl, zusammengesetzt von einst, und einmal.
Ihm, m. bäurisch, der Oheim, holländisch Oone,
K.
Köchen, eine gekochte Speise, kömmt von kochen. Kameln, f. Holunderblüthe.
Kérnig, adv. frisch, munter, gesund. Vielleicht von dem Worte Kern, in so weit dieses
etwas Vorzügliches
(p272)
bedeutet.
Fr. Wörterb. Kerne=Mann, Kerne, vir lectissiumus.
Késpänig (gespähnig) adj. widerwärtig, zänkisch, von dem alten deutschen Worte Span, Hadder, Zank.
Fr. Wörterb. spänig seyn, controversari.
Kiehl Edes, f. (Kehl=Eidexe) die Bräune, angina.
Kiehl Mämcher, die Mandeln am Halse, tonsillae. Mämcher ist das Verkleinerungswort von Mämmen, Frauenbrüste. Also auch wegen der Aehnlichkeit, wie das deutsche Wort Mandeln.
Kiep, Küb, f. der Rauchfang. Dieses Wort scheinet von Kopf, Koppe, Kuppe, herzukommen; entweder in so weit der oberste Theil eines Dinges so genannt wird, als: die Spitze eines Berges: Koppe, Kuppe, vertex montium, davon auch bey uns manche Bergspitzen Kübgen heißen. Der Rauchfang ist gemeiniglich höher, als das Dach des Hauses, und also gleichsam der Kopf desselben. Oder aber, in so weit einige Dinge wegen ihrer Ründung und Gleichheit, Kopf genannt werden. Unsere alten Rauchfänge waren alle rund gebauet, und mit Hüten bedeckt. Küpekratzer, ein Rauchfangkehrer.
Kitzgen, adv. ein klein Weniges, parum, paullisper, vom ungrischen Kitsín.
Klaft, f. eine Feuerzunge. Dasypod. Lex. eine Kluft.
Klétite, f. eine Art dünner Eyerkuchen. Klétite Pfann, die Pfanne, in welcher sie gebacken werden.
Koches, n. die Küche, Küchel, so viel als Kochhaus. In zusammengesetzten Wörtern wird Haus nur als es ausgesprochen. Z.B. Backes, Backhaus; Benbes Bienenhaus (Bienenkorb) Rothes, Rathhaus.
Kotschen, v. zudecken, von dem alten deutschen Worte Gutsche ein Bett, holländisch Kötse. Weil sich die Deutschen mit Betten bedecken.
(p273)
Kraft, f. die Rinde des Brods, von dem lateinischen crusta.
Kratzewétz, m. eine Gurke, nach dem
Tröster S. 236; weil die Gurken einem kratzenden Waitzenkorne gleich sehen. Allein, es kömmt von dem walachischen Crastavéz. Die Bistritzer nennen sie Audreng.
Kreuschen, v. schreyen. Gekreusch, n. Geschrey, ein altes deutsches Wort.
Frisch Tom. II. S. 440. führt aus Ieroschins Übersetzung des Petri Duisburgensis an: Sie spisten die Kinder uff die Zuyne, da sie zabiltin, und krieschen. Siebenbürgischsächsisch: Sä spesten dä kengder of dä zöng, daß se zabelten, und krieschen. Holländisch: kreyten.
Krockt, n. 1) das Unkraut, krogden, das Unkraut ausreuten. 2) die Speise vom Capiskraut, oder Hauptkohl.
Krom, m. von dem Wochenbette der Weiber; ist bey dem gemeinen Volke noch gebräuchlich. Denn vor Alters waren sie gewohnt, ihre Betten mit leinenen Tüchern zu umhängen, und so gleichsam einen Kram, tabernam, zu machen.
Kürsen, f. Ein Winterpelz des sächsischen Frauenzimmers von Fellen ohne Uiberzug, mit einem breiten Gebräme. In den Städten werden sie immer ungebräuchlicher. Unsere Großmütter trugen über denselben noch ihren schwarzen und gekräuselten Sommermantel. Davon haben die Kürschner ihren Namen.
Fr. Wörterb. pellita tunica, ein Kursen, auch die Kürß.
Kuiren, v. kosten. Altdeutsch: Churen, chüren.
Kuisen, n. ist noch auf dem Lande für reden gebräuchlich; altdeutsch: kosen.
Kukurutz, Türkesch=Kuirn, n. Triticum saracenicum. Einige meynen, daß diese Frucht von den
Kurutzen oder Misvergnügten in Siebenbürgen eingeführet
(p274)
worden, und daher diesen Namen erhalten habe. So viel ist gewiß, daß dieses Gewächs unsern Großvätern unbekannt gewesen; und dafür Hirse gesäet worden. Im Jahre 1722. ließ der kommandirende
General Graf Virmont den Anbau des Kukurutzes scharf verbiehten, weil man bemerkte, daß die Felder lange nicht so fruchtbar waren, als vor dem Anbaue dieses Gewächses. Virmont aber starb bald hernach, und mit ihm die Kraft seines Befehls.
L.
Lästen, v. aufheben, aufstehen.
Fr. Wörterb., lüften levare. En der Läst, in der Höhe. Läfzen, die Lippen. Läfzen ist auch im Oesterreiche, in Elsaß, und in mehr andern Provinzen gebräuchlich.
Läbend, n. die Sose, embamma, vom ungrischen Leves.
Lahmen, v. eine Oefnung. wegen der Fische in das Eis hauen. Eine solche Oefnung heißet Lahm, vielleicht von dem deutschen Blume, mit Weglassung des B; denn der Buchstab u, wird gar oft in a verwandelt. Z. B. gut, gad; Blut, Blad; Ruthe, Rád.
Lélgem com vailchen, n. Mayenblume, von dem lateinischen Lilium Convallium.
Lémel, f. eine Messerklinge; altdeutsch: Lamel.
Lenneng, m. ein Bohrer.
Létges, n. die Weinschenke; Létgesen, Weinschenken. Fr. Wörterb. Leutgeb, caupo, Leuthaus, caupona.
Licht, adj. 1) unnütz, gottlos; e licht Kerl, homo nihili, impius. 2) wohllüstig; e licht Mengsch, homo libidinosus. 3 ) mager, besonders vom Vieh gebräuchlich. Licht, adv. schlecht, übel; et gieht mir licht, es geht mir übel,
(p275)
Lösgen, n. eine Liebste, amasia; ein Buhler, amator, vom alten deutschen Worte löseln. Ein Lösler, procus, amator.
Fr. Wörterb.
Loy da Loy! ein Schimpfwort auf ein einfältiges Weibsbild. Es scheint von dem alten deutschen Worte luyen mugire herzukommen, und so würden Loy und Kuh gleichbedeutende Wörter seyn.
Lurz, adj. im bäurichsen Dialekte; dafür aber andere Schlemm oder Lenk sagen, link. Lurzhängdig, linkhändig.
M.
Mälm, m. zermalmte Erde. Niedersächsisch. Melm. Mämmen, m. Brust, Dutte, vom lateinischen Mamma.
Mäsch, f. ein Sperling, von dem veralteten deutschen Worte Musch, passer; lat. barbar. Musca,
Fr. Wörterb.
Mahn, f. Muhme. So werden auf den Dörfern die Anverwandtinnen überhaupt genennet; und stammt von dem veralteten deutschen Worte Magen, cognatus her. Auch alte Weiber werden gemeiniglich also genennet. Luitprand hat Manna in diesem Verstande.
Masch, f. ein schmales seidenes Band.
Matzen, v. küßen; e Matzgen, ein Kuß.
Fr. Wörterb. schmatzen, basiare.
Méhr. Wir gebrauchen dieses Wörtchen wie das lateinische sive. Méhr Weng, méhr Wasser, sive vinum, sie aquam. Das deutsche oder, drückt es nicht so gut aus. Für: mehr, plus, sagen wir mie.
Mettig, m. Mittwoch, altdeutsch, Mittichen.
Morles, Muorles, m. ein gemeines, aber dem Verstande nach, ganz unbekanntes Scheltwort. Man schickt einem gleich zum Muorles. — Es scheint aber von dem niedersächsischen Mähre, der Alp, incubus, herzukommen; das a verwandeln wir gern in o; als
(p276)
schlagen, schlon; tragen, dron: auch in uo; Vater, Vuoter; Garten, Guorten. Multerhuf, m. Maulwurf, vom niedersächsischen Mold, humus effossa, Alberi Lex. Moltworf, talpa. Die aufgeworfene Erde, Multerhufen, so viel als Moldhaufen. Unsere Mundart verwandelt nicht selten das o in u, als: Holz, Hulz; Sold, Suld; Wonne, Wunne.
Muor, f. bäurisch Moor, Morast.
Fr. Wörterb. Mor, Caenum palustre.
Muoser, Moser, m. der berüchtigte Name, welchen die siebenbürgischen Sachsen den deutschen Soldaten, und wegen der ähnlichen Kleidung den Deutschen überhaupt beylegen. Die Sachsen verstehen dieses Wort selbst nicht, also ist es auch unschuldig. In den vorigen Zeiten war es sehr gebräuchlich, feindlichen Kriegsvölkern Spitznamen beyzulegen.
Durbanzen,
Labanzen,
Kurutzen, sind Beyspiele aus unserer Geschichte. Es könnte also wohl seyn, daß die deutschen Soldaten unter dem Feldherrn
Castaldi im sechszehnten Jahrhunderte, sich diesen Namen durch ihre heimlichen Mausereyen erworben haben. Doch sagen wir itzt für Mauser Mouser. Wenn der Ursprung dieses Namens nicht von so übelm Geruche ist: so wollte ich ihn von dem niedersächsischen Muse, ein Panzer herleiten. Wie von Clebe, eine Lanze, die Landsknechte Clener, so könnten wohl auch die gepanzerten Soldaten von Muse, Muserer genannt worden seyn. U wird nicht selten in o verwandelt, als: Futter, Fotter; Mutter, Motter; also auch Muser, Moser.
N.
Nächten, adv. gestern Abends. Ein veraltetes Wort im Deutschen, das im fünfzehnten Jahrhunderte noch gebräuchlich war.
(p277)
Nann, Nenn, f. Mutter, veraltet nun auch schon im bäurischen Dialekte, und wird gemeiniglich nur Schimpfweise gebraucht. Dafür sagt man itzt Motter, Muotter, und im
Burzellande Mäckter.
Néklicch, adv. unversehens, plötzlich.
Nina, f. ein Name, den die Kinder auf den Dörfern den Frauenspersonen, wenn sie mit ihnen reden, beylegen.
Nappen, v. mit nickendem Kopfe schlafen; vielleicht von dem veralteten deutschen Worte, napotzen.
Fr. Wörterb.
O.
Opern, die Augenwimpern, cilia.
Obend, m. der Abend; schweitzerisch Obend: en zowend, auf dem Abend. Obendemmes, das Abendessen,
Fr. Wörterb. Nachtimmes.
P.
Päddem, m. bäurisch Paddem, eine Melone; von dem alten deutschen Worte Pfademen, pepo. Davon hat der bistritzische Dialekt Fäden, die andern aber, welche pf gemeiniglich nur wie p aussprechen, Páddem. So sagen wir anstatt Pfau, Po; Pfahl, Pohl; Pflaumfeder, Plomfedder.
Palocs, f. Ein Mus aus Hirse . oder Haidekornmehl, und Wasser. Der Ursprung des Worts ist unbekannt; man sagt aber im Scherze, daß ein gewisser Paul ( Pal ) und Lukas (Loces) sich diese Speise zuerst gemacht hatten, und daß sie ihnen auch wohl geschmeckt habe. Einer fragte daher, wie sie diese Speise nennen sollten? dem der andere antwortete, daß sie solche nach ihren Namen Paloces heißen sollten. — Dieses ist die gewöhnlichste Speise der
Walachen, die sie
Mameliga nennen.
(p278)
Péls, bäurisch Bels, f. Pflaume, prunum. Wegen der Aehnlichkeit mit den Pflaumen heißen die Datteln Túrkesch-Pélsen. Pélsen ist das deutsche Wort Bilsen, welches itzt aber einen ganz andern Begriff hat. In Alberi Lex. heißen die Schlehen Bllsen, pruna silvestria.
Pendel, m. der untere Theil eines Frauenzimmerhemdes, der gemeiniglich von gröberer Leinwand, als der obere ist. Vom ungrischen Pendely, ein Weiberhemd.
Podel, m. eine Pfütze,
altdeutsch Pfudel. Podélnas séng, tropfnaß seyn, permadere.
Pohl, m. ein Pfahl,
niedersächsisch Pal, davon kömmt das Zeitwort upöhlen, anpfählen; mit Nadeln, oder Nägeln anheften.
Prodeln, v. plaudern, Geprodel, n. Geplauder,
Q.
Qwaddeln, v. schwätzen, garrire. Geqwadel, n. das Geschwätz, nugae. Qvidden, qwedeln für reden, sind altdeutsche Wörter.
R.
Rég, n. der Berg, kömmt von ragen, hervorragen, prominere. Einen von den Bergen, auf welchem der obere Theil von Hermannstadt liegt, heißt
Johannsberg; und dafür sagten unsre Vorfahren Johannis Rég, im gemeinen Leben Hannsrég. Aus Unwissenheit des Ursprungs ist endlich Hangsrek, und deutsch Hundsrücken daraus geworden.
Réklich, adj. schön, artig; vielleicht von dem alten deutschen Worte reulich, redentllch; köstlich, zärtlich, lieblich.
Reusen, f. das rauche Gebräm der Kleider, limbus ex pellibus. Verreusen, v. ein Kleid mit Rauchwerk verbrämen. Frisch in seinem
Wörterb. T. I. S. 124.
(p279)
leitet Bräme, Gebräme, von rauf, rauch her; und davon scheint auch unser Réufen herzukommen, und verréufen so viel als verauchen zu seyn. Aus berauche, ist im holländischen brave geworden, limbus pelliceus. Die Seiten der Fuchsbälge heißen Reif,
T. II. S. 104. und es könnte auch daher unser Réufen kommen, da die Kleider gemeiniglich mit Fuchs verbrämt werden.
Rom, m. Weinpfahl, ridica, vom niedersächsischen Ram, ein Ast. Die sächsische Sprachart verwandelt nicht selten das a in 0, als: Abend, Owend; Saamen, Somen; Verlag, Verlog.
Rosénchen, (Resin) n. Johannisbeer, ribes, wegen der Aehnlichkeit mit den kleinen Rosinen, oder Korinthen, die wir Söß (süße) Rosénchen nennen.
Ruid, adj. roht. Rod, m. der Raht, Senatus. Ein
Thurm zu Hermannstadt, wo ehmals die Blutgerichte gehalten, und bey Ausführung der Verurtheilten geläutet worden, heißet der Rodtorn, Rahtsthurm. Er sollte Ruidtorn, der rohte Thurm heißen; denn, bey den alten Deutschen, wurden die Thürme, in denen man die Blutgerichte hielt, rohte Thürme genennet. Die Siebenbürgischsächsischen sind größtentheils alte deutsche Gebräuche, wovon der
Schwerttanz unserer Kürschner, ein Beweis und Beyspiel ist.
Rukes, m. ein Tauber, columbus, vom Laute seiner Stimme.
S.
Schallewayren, wollene Strümpfe.
Tröster I. c. S. 234. sieht dieses, für ein griechischdeutsches Wort an, das von [griech.!!] , crus herkäme, und also [griech.!!] wären, so viel hieße, als Schenkelwähren. — Zu weit hergeholt! es ist das ungrische Salavár. Schéll, f. die Wassernuß, tribulus aquaticus
(p280)
Schömmern, v. von dem ungrischen Csömör, eine in Siebenbürgen sehr gemeine Krankheit. Manche Leute, sobald sie etwas zu viel, oder zu begierig essen, befinden sich sogleich übel, bekommen fliegende Hitze, und Kopfschmerzen. Diese Folgen zu verhindern, sage man zu Personen, die zu begierig essen: sie möchten an den Wolf denken!
Schempes, n. das heimliche Gemach, cloaca; so viel als Schimpfhaus, wie Rotes, Rahthaus.
Schien, adj. fein, altdeutsch, schier; Schiertuch, feines Tuch.
Schléch, f. der Regenwurm, von schléchen, schleichen.
Schlém, adj. krumm, link; schlémmhängdig, linkhändig, Pictor. Lex. schlamm, obliquus, tortus..
Schnikeschnuovogel, m. eine Schnecke. Was Schnuogel bedeute, ist mir unbekannt. Gewisse Insekten, welche den grünen Haber verderben, heißen Schniégel; und die Schnecken schaden den Küchenkräutern. Vielleicht daher.
Schray'n, v. weinen. In diesem Verstande ist schreyen im Deutschen veraltet. Faust Litmb. Chron: „der Bischof zu Baderborn starb —, ward beschrien, und beklagt."
Sieber, m. der Speichel, altdeutsch, Seifer,
Fr. Wörterb.
Spechulz, n. Schmetterling, Zweyfalter, papilio; scheint aus dem letztern Worte verdorben zu seyn, dafür Geiler von Kaisersberg Pfeifholter, und Tschudi Wysholter hat.
T.
Törn, v. dürfen; altdeutsch türen, praef. ich tör; davon kömmt Getürstig, dreist, unverschämt.
Toren, Heuschrecken. 1542. seyn viel Torant das
Land überzogen. Chron. templi maj.Cibiniens.
(p281)
Triesten, v. 1) trösten. 2) ächzen. Alber. Lex. ich dreyster, gemo.
Trud, f. Here; truddeln, Hexerey, oder Zauberey treiben. War auch vormals im Deutschen gebräuchlich. Drutten, veneficae.
Fr. Wörterb.
U.
Uospänen, v. entwähnen, ablactare. Niedersächsisch, spänen, von Span, mamma.
V.
Verbleckt, (verblickt). Ein sehr gewöhnliches Wörtchen, aber dem eigentlichen Verstande nach unbekannt. Es enthält etwas Scheltendes; und da gemeine Leute in gleichen Fällen, gedannert, gedonnert, verflacht, verflucht, gebrauchen, so ist verbleckt unfehlbar so viel, als verblickst, oder verblitzt. Für blitzen sagten die alten Deutschen blicksen.
Versouren, v. ein Scheltwort. Scheint nicht von Sour, sauer; sondern vom Niederdeutschen sor dürre; versoren, vertrocknen, herzukommen. Versouren und verdorren mögen also wohl einerley Verstand haben.
Vörbes, n. der Vorschub an den Stiefeln, von vor, und bützen, reparare; oder Fuß, wie wir für barfuß, barbes sagen.
Vrengdern, v. heurahtet, von dem deutschen verändern. Wer heurahtet, verändert seinen Stand.
W.
Wengert; m. Weingarten. So sagen wir für Baumgarten, Bangert.
Wies, f. der Waise, orphanus; für Weise, sapiens, sagen wir der Wéuse.
Wihmern, v. Winseln, gemere, ein Zeitwort von Wih, weh.
(p282)
Zéch, f. Zunft, Zechmiester, Zunftmeister; Zeche, tribus civium ist im Straßburgischen, und andern Dialekten noch gebräuchlich.
Zeklich, adv. öfters. Gleiche Bedeutung hat auch das altdeutsche Wort dicke. Wie nun für Diensttag einige Dialekte Zinstag haben: so kann auch aus dicklich zeklich entstanden seyn.
Zieger, m. das ausgesteckte Weinzeichen. Z'm Zieger gohn, zum Weine gehen; ungrisch Tzégér, es scheinet mir jedoch vom Zeigen herzukommen, denn dadurch wird es angezeigt, wo der Wein verkauft wird.
Zien, f. die Zähe; m. der Pfeil, der Ähnlichkeit wegen ; denn am Pfeile ist das Eisen, wie der Nagel an der Zähe.
Zieper-Brannen, m. Röhrbrunn. Das Wasser aus solchen Brunnen heißet Zieperwasser. Das erstere Wort scheint so viel als Zoberbrunn zu heißen, weil das Röhrwasser in einen Kasten fällt. Für Zober, Zuber, alveus, sagten die alten Deutschen Züber. Einen kühlen Brunn heißen wir kale Brannen; und nach unserer Mundart schreibt du Fresine im Glossar. ganz richtig: fontem invadunt eum, qui vulgari nomine vocatur Calebrannia, welches
Frisch T. I, S. 147. statt Kalt-Brunnia verschrieben zu seyn glaubt.
Zieget, n. eine Teichinsel in den Gärten, von dem ungrischen Sziget, die Insel.
Zoppern, n. zusammziehen; davon kömmt bezoppert,
adj. runzlicht.
Zwenkeln, v. mit den Augen rücken, palpebras movere.
Johann Seyvert.