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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 3, Text 25 (S. 367-381)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Preßburg, Löwe, 1782
Autor: Samuel Augustin ab Hortis
Zuordnung: Geographie, Kartographie

Beschreibung des Flusses Poprad 1

Beschreibung des Flusses Poprad 2

Beschreibung des Flusses Poprad 3

Beschreibung des Flusses Poprad 4

(P 367)

25. Topographische Beschreibung des Flusses Poprad, oder Poper in der Zips.


Fortgesetzt von der 201 Seite dieses Bandes.

Zweyte Abtheilung.

Was die physikalische Beschaffenheit dieses Strich Landes betrifft, so haben wir in Ansehung dessen oben bereits angeführt: daß derselbe von beyden Seiten der Länge nach, mit abwechselnden Bergen, und Hügeln belegt sey, und an verschiedenen Oertern, besonders an den Ufern des Flusses, auch schöne Auen und ebene Felder habe. Die Anhöhen und Hügeln sind fast alle kahl, und werden mit allerhand Getreide und Feldfrüchten besäet. Die ebenen Felder dienen theils zum Wieswachse, meistens aber zum Anbaue des Flachses, und mancherley Feldfrüchte; die Berge hingegen geben den Schaafen, Pferden, und dem Hornviehe gute Weide, auch allerhand Bau- und Brennholz. Die meisten Waldungen sind in dieser Gegend schwarz, und bestehen aus allerhand Nadelholz, als Tannen, Fichten, Kin- und Lerchenbäumen, oder wie man sie hier gewöhnlich nennet, Rohtbäumen. (Larix) An Birken, Ahorn, Espen, Erlen,

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und Haseln fehlet es auch nicht; die Buchwälder aber sind nur an einigen wenigen Orten, und die Eichen allein auf bem Leibitzer Gebiehte zu finden; sie tragen hier aber weder Eicheln, noch die so nützlichen und bekannten Knoppern. In den Karpatischen Gebirgen findet man Krumholz, und den berühmten Linbaum.* Das Krumholz dient weiter zu nichts anderm, als daß man daraus ein heilsames Oel brennet; denn solches wegen der Holzung zu holen, ist viel zu mühsam. Von den Linbäumen aber werden Bretter geschnitten und allerhand Tische, Kästen und Schränke verfertiget, die den Vorzug haben, daß sie sich recht schön bearbeiten lassen, einen guten und angenehmen Geruch geben, von keinem Wurme angegriffen werden, und die Kleider für den Motten sicher halten. Außerdem ist dieses Holz sehr gut zur Bildhauerarbeit; es werden daraus auch Mulden, oder Tröge, Wurfschaufeln und allerhand andere Gerähte verfertiget.

Ob nun gleich dieser Strich Landes häufig genug mit Bergen besetzt ist, so reichen dennoch diese keine Metall dar, und man konnte bey allen angestellten Versuchen noch bis dato auf keine rechten Gänge kommen. Anbrüche von Kupfer, Silber, und Bley hat man zwar in den herumliegenden Gebirgen entdecket, und hoffnungsvolle Spuren angetroffen; allein, wenn man darauf gearbeitet hat, so fand man sich in seiner Hoffnung getäuschet. Die Karpatischen Gebirge zeigen Spuren von Zinnober, Gold, Silber, Kupfer, Spiesglas und Eisen; allein von dieser Seite des Gebirgs ist noch niemals ein ergiebiges und dauerhaftes Bergwerk zu Stande gekommen.

*Ob dieser Linbaum die Sibirische Ceder (Pinnus Cembra) welche in Sibirien und auf den Schweitzer Alpen wächst, auch der Ceder von Libanon sehr nahe kömmt, sey: dieses wollen wir die Naturforscher, und solche, die von beyden eine genaue Kenntniß haben, untersuchen lassen. Eine umständliche, und ausführliche Beschreibung davon findet man in den K. K. privilegirten Wiener Anzeigen im 2ten Jahrgange S. 363. u. s.

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Die vielen Flüße und Bäche, die von den Bergen, herabrollen, und diese Landschaft durchströmen, geben den Einwohnern Krebse und allerhand schmackhafte Fische, unter denen die Lachse und die Forellen die vornehmsten sind. Karpfen, Hechten, und andere Fische, die man in der Donau, Teiße, ober auch im Schájó und Bodrog antrifft, nähren unsere Flüße nicht. Weil jedoch der gemeine Mann von Fischen eben kein Liebhaber ist, so haben die vornehmsten Einwohner den Sommer über zu ihrem Bedürfnisse genug, und im Winter werden bey starken Frosten, abgeschlagene und gefrorne Fische, von der Teiße in Menge hiehergebracht.

Die Witterung ist in den meisten Monaten so kalt, daß, wenn man Liptau, Orawa, den Trakt des Zipser Komitas hinter dem Berge Magura, wo der Dunawetz stießt, ausnimmt, man mit Grunde der Wahrheit sagen kann, daß dieses die kälteste Gegend unseres Vaterlandes sey. Nur zwo Meilen von den Karpatischen Gebirgen gegen Mittag, bey Leutschau und Iglo herum, ist die Luft schon um ein Merkliches wärmer; in der übrigen Gegend aber ist man fast keinen einzigen Monat im Jahre von Nachtfrosten sicher. Es muß dem, der diese Gegend nicht kennt, wunderbar vorkommen, wenn, er in der Zipser Chronik Folgendes davon lieset. "Anno 1641. den 5ten Aug. sind wegen der unerhörten Kälte, so in Hundstägen dieses Jahres eine geraume Zeit gewähret, nicht allein die Früchte des Feldes und der Gärten fast gänzlich zu Grunde gegangen, sondern auch 150 Roß auf der Hola, (d. i. auf dem Königsberge) auf der Weide sammt zwey Hirten erfroren, auch Schnee und Reif gefallen, und wie im Winter Eiszapfen gefroren." Im Monate May, auch so gar gegen das Ende desselben, ist es hier nichts Neues, wenn nicht nur auf den Gebirgen, sondern sogar auf dem flachen Lande Schnee mit kaltem Regen und Froste begleitet, fällt. Außer der heutigen Erfahrung finden wir hievon in der bereits gemeld-

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ten Zipser Chronik eine Nachricht vom Jahre 1657, da es heißet: „Dominica Rogate den 19ten May, und nachfolgende Täge, waren sehr starke Winde, grosse Kälte mit continuirlichem Regen; in Gebirgen aber Schnee, welches Wetter grossen Schaden gethan, indem es viele Dächer zerrissen, in den Wäldern die Bäume ausgerissen, die Früchte sind erfroren, viele Schaafe mit Pferden und andern Viehe umgekommen, auch Menschen erfroren.„ Dieses hat sich nun ereignet in der letzten Hälfte des Maymonats, zu welcher Zeit so wohl der nicht weit entfernte Königsberg, als der obere Theil des Karpatischen Gebirges ohnehin noch mit häufigem Schnee bedeckt zu seyn pfleget. Ja auch zu Ende des Monats Junius fällt zuweilen bey einem kalten Regen oder Winde, auf gedachtem Gebirge so starker Schnee, daß die Spitze derselben völlig bedeckt, und die ganze Gegend verkältet wird.

So langsam und spät sich aber der Sommer und die warme Witterung einstellet, so geschwind und zeitig rückt dagegen der kalte Herbst und der frostige Winter an. Schon gegen das Ende des Augustmonats stellen sich bisweilen sehr strenge und verderbliche Nachtfröste, kalte Regen, und auf den umliegenden Gebirgen neuer Schnee ein, welcher durch die scharfen Nord- und Ostwinde, das Land so verkältet, daß man nicht selten die Sommerfrüchte in Pelzen gekleidet, einsammeln muß. Wenn es sich trifft, daß dergleichen Fröste bey einer Windstille schon zu einer solchen Zeit kommen, da die Gerste und Erbsen noch nicht zur völligen Reife gediehen sind, so nehmen dadurch die Gewächse gewaltigen Schaden. Der Sommer des 1781sten Jahres war für diese Gegend so außerordentlich und seltsam, daß sich Niemand unter den hiesigen Einwohnern, auf eine so brennende und fast bis über die Hälfte des Septembermonats anhaltende Hitze und Dürre, zu erinnern weis. Dagegen hat der gelehrte Herr Karl Wagner, in seinen Analectis

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Scepusii Sacri et Profani, Part. II. Pag. 232 angemerket: Daß im Jahre 1627 in der Zips ein so kalter Herbst gewesen sey, daß die an den Karpatischen Gebirgen, und folglich an der Poper wohnenden Leute ihre Feldfrüchte wegen der strengen Witterung und grossen Kälte, auf den Aeckern uneingeärndet liegen lassen mußten, und solche nicht eher als in der Hälfte des Novembers, da sich zu ihrem größten Glücke das Wetter etwas erträglicher anließ, einsammeln konnten. — Die Winterfrucht, nämlich Waitzen und Korn, muß im Septembermonate, und wo möglich, in der Mitte desselben angebauet werden, da denn nicht selten die Gerste und Haber zum Theile noch auf dem Felde ist. Der Waitzen und das Korn kommen daher kaum auf die Tenne, so muß der Saame desselben gleich wieder in die Erde gestreuet werden. Man kann also aus dem leicht ersehen, wie sehr der hiesige Landmann zu solcher Zeit beschäftiget sey. Er muß ärndten, dreschen, pflügen und säen; und dazu kömmt noch die so mühsame Flachsarbeit, daran aber das weibliche Geschlecht den größten Antheil hat.

Bey allem dem, was wir von Frost und Kälte gesagt haben, muß man dennoch auch dieses von hiesiger Gegend eingestehen, daß besonders im Monate Julius und August bey einer stillen Luft sehr heiße Tage mit unter zu seyn pflegen, da denn auf die durchdringende Hitze, gewöhnlich scharfe Donnerwetter erfolgen, die nicht ein blosses Schrecken, sondern durch Entzündung des Strals bisweilen grossen Schaden nach sich ziehen. Wenn dasjenige vollkommen richtig und nicht übertrieben ist, was von der Dürre und Hitze des Zipserlandes in der Leutschauer Chronik stehet; so könnte man daraus abnehmen, wie die allzugrosse Hitze und Dürre auch in dieser Gegend statt finde, die doch gewöhnlich kühl und so gar frostig ist. Denn da heißet es: „Anno 1473 war so eine grosse Dürre, von Pfingsten bis auf den Allerheiligentag, daß sich die Wälder von der Sonne angezündet haben, wie

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auch die Wurzeln in der Erde." Und in der That scheint die allzuwarme Witterung, der hiesigen Gegend nicht sonderlich zuträglich zu seyn. Man bemerket, wenn im Frühjahre, besonders im May keine kühlen Winde wehen, und die Nächte warm sind, so entstehen gemeiniglich viele Insekten, und allerhand Würmer, die nicht allein in den Gärten, sondern auch nach der Zeit in den Feldern, vielen Schaden verursachen. Ein allzu warmer Sommer bringt Krankheiten, und wenn nicht häufige Regen dazwischen kommen, so vertrocknen oder verwimmern die Feldfrüchte, und fallen sowohl an Stroh als Körnern ziemlich schlecht aus. Im Herbste nähret eine dürre Hitze, allerhand Krankheiten, und die schädlichen Raupen, die dem Kohle und allen Arten Kräuter und Gartengewächsen so sehr schädlich sind. Die hiesigen Einwohner lieben also die kühle Luft; weil ihr Körper an dieselbe gewöhnt ist, und weil sie auch, nicht ohne Grunde glauben, daß ihnen diese den Segen auf den Feldern und in den Gärten bringe. Daher halten sie viel auf das gewöhnliche Sprüchwort: daß ein kühler May und ein nasser Brachmonat ihre Scheuren fülle. Die Abende und Nächte sind auch zwischen den heißesten Tagen meist kühl und erqwickend; und wenn man sich an einem heißen Tage noch so sehr erhitzet, und abgemattet hat, so kann man sich des Abends und des Nachts, dennoch wieder erfrischen und erholen.

Die Luft ist wegen der hausig wähenden Winde, und der klaren Wasserbäche, die alle Oerter durchströmen, rein und gesund. Wenn also die hiesigen Einwohner bey ihrer Arbeit, im Essen und Trinken das rechte Maaß beobachten, und sich für Ausschweifungen in Acht nehmen; so können sie ihre Gesundheit lange erhalten, und ihre Lebensjahre weit genug bringen.

In den Herbstabenden zeigen sich nicht selten, besonders in dem Karpatischen Gebirge, rohte, zuweilen aber auch weislichte Nordscheine, die der gemeine Mann Him-

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melszeichen nennet, und als Vorbohten eines blutigen Krieges, oder anderer ähnlichen Landesplagen und trauriger Begebenheiten ansiehet.

Aus dem also, was hier von der Witterung und dem eigentlichen Klima gesagt worden ist, kann man auf die Fruchtbarkeit, und auf die Gaben, Güter und Wohlthaten dieses Landesstriches, wie auch auf dessen Mängel und damit verbundenen Unbequemlichkeiten den Schluß machen; nur muß zugleich der Unterscheid in Ansehung der innern Beschaffenheit des Erdreichs bemerket werden. Denn das verstehet sich von selbsten, daß ein sandigter und steinigter Boden zum Fruchttragen nicht so tüchtig sey, als ein fettes Erdreich. Daher sind bisweilen die Felder auf ein und ebendemselben Gebiehte sehr weit von einander unterschieden. Darnach haben einige Dörfer zwischen Waldungen und Bergen eine solche Lage, die den Winden und der Kälte, mehr als die andern ausgesetzet sind: diese säen um zwey Wochen früher, und ärndten dennoch um so viele Zeit später; denn die von kalten Gebirgen etwas weiter entfernet sind, genießen auch eine wärmere Luft. In solchen Orten sind die Früchte der Gefahr des Frostes um so mehr ausgesetzet, und die Felder werden aus eben der Ursache nur meistens mit Haber besäet, weil ihm die Kälte nicht so leicht schaden kann. Da, wo das Land besser, und die Witterung erträglicher ist, wird auch Waitzen angebauet, jedoch nur sparsam, indem diese Frucht nicht aller Orten geräht, sondern nur gar oft fehlschlägt, und entweder brandig wird, oder sich eines Theils in Roggen verwandelt. Der Mangel, den die hiesige Gegend in Ansehung dieses Produkts leidet, wird aus den benachbarten Komitatern ersetzet. Dieser Abgang aber hat wieder nicht viel zu bedeuten; indem hier kein so starker Aufwand, des Waitzens, als in einigen andern Komitatern, wo auch der gemeine Mann Waitzenbrod ißt, statt findet. Anstatt des Waitzenbrods bedienen sich in der gan-

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zen Zips, die Vornehmern des so genannten Dunstbrods, welches aus dem feinesten Roggenmehle gebacken wird, und sowohl an Schönheit, als an Güte und Geschmacke dem Waitzenbrode nichts nachgiebt, ja wohl in mancher Absicht dieses übertrift.

Der Roggen geräht hier zu Lande recht schön und gut; nur zu solcher Zeit schlägt er gemeiniglich fehl, wenn der Schnee zu lange auf der Wintersaat liegen bleibt, und selbige ersticket. In diesem Falle wird ein solches Stück Feld, welches mit Winterfrucht besäet war, zur Zeit des Lenzes neuerdings umgepflügt, und Sommersaat hinein gestreuet.

Die Gerste ist übrigens schön, und übertrift jene, die tiefer im Lande wächst um ein Merkliches, indem ihre Körner größer und vollkommener sind. Dahero haben sich schon viele, aus dem Torner und Abaujwárer Komitate Zipsergersten zum Anbauen angeschaft, die nicht nur in der Schönheit der Körner, sondern auch in Ansehung des Wachsthums sich von der übrigen ungrischen auszeichnet: denn die Aehren haben in der ungrischen Gerste vier Reihen von Körnern, und kommen in der Gestalt den Waitzenähren nahe; die Zipserische hingegen hat nur zwo Reihen, und die Aehren derselben sehen platt aus. Diese Frucht geräht hier gut, und wird auch, wegen ihren Nutzen am häufigsten angebaut. Denn die Körner davon geben ein gutes Bier, und starken Brandwein, ja, wenn es die Noht erfordert, auch Brod für die Armen; das Stroh aber ist ein treffliches Futter für das Vieh. Der Verschleiß von dieser Frucht ist auch allezeit der sicherste und beqwemste: indem davon nicht allein hier eine grosse Menge zum Biere und Brandwein verbraucht, sondern auch in das benachbarte Liptauer Komitat verführet wird. Doch werden an die Stelle des abgeführten Vorrahts, wieder viele tausend Metzen von allerhand andern Feldfrüchten, aus dem Scharoscher, Gömörer, Torner, Abujwárer, und andern Gespanschaften

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hergebracht. Dieser Handel giebt den hiesigen Einwohnern einen ziemlichen Theil der Nahrung, und man kann es leicht wahrnehmen, wenn es an der Abnahme und dem Verschleiße des Brandweins fehlet; auch alles übrige Gewerb und die Haushaltung merklich dabey leidet.

Haber wachst aller Orten, und einige wenige essen auch Brod von dieser Frucht. Uiberhaupt haben die Zipserischen Feldfrüchte, als: Waitzen, Roggen, und Gerste, vor allen übrigen im Lande den Vorzug, indem sie an Körnern vollkommen groß und schön sind, wozu die kühle Luft, und das langsame Reifen vieles beyzutragen scheinet.

Von Hülsenfrüchten gerahten die Erbsen noch am beßten; die Linsen und Bohnen aber achtet man nicht. Buchwaitzen oder Heidekorn, Hirse und Türkischer Waitzen wird hier gar nicht gebauet; weil diese Gewächse für der kalten Luft nicht bestehen können, und entweder im Frühlinge oder zur Herbstzeit, von den Frösten Schaden leiden. Doch kömmt allerhand Salat, Kohl, Rüben, Erdäpfel und dergleichen Gewächse, deren Wurzeln genossen werden, gut fort. Den Winter über bekömmt man allerhand grünen Salat und Brunkresse aus dem Karpatischen Gebirge, wo man sie an den Wasserqwellen sammelt. Die Melonen, auch sogar die Kürbisse finden hier nur durch Mühe und Kunst ihr Fortkommen.

Unter dem Obste haben die Riebisel oder Johannesbeeren, die rohten und schwarzen Weichsel, oder wie man sonst nennet, die sauern Kirschen, vor allen den Vorzug. Diese sind fast das einzige Gartenobst, welches reichlich und gute Früchte trägt, deren Bäume und Stauden auch am beßten fortkommen, und sich stark vermehren. Birnen wachsen auch gut, allein die Aepfel und Zwetschken kommen selten zur gehörigen Reife. In den Wäldern hat man eine Menge Erdbeeren, Hinbeeren, Heidelbeeren, und in den Gebüschen und Fel-

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dern Schlehen und Brombeeren. Allein an Weintrauben, Pfirsichen, Feigen, Kastanien, Mandeln und dergleichen Früchten, die eine warme Luft haben wollen, ist hier gar nicht zu gedenken. Nicht einmal Nußbäume lassen sich wegen der Kälte erzielen, sondern erfrieren den ersten Winter; aber die Haselnüße gerahten manche Jahre sehr häufig.

Die Bienenzucht kann man hier nur als Mittelmäßig betrachten, insonderheit in solchen Orten, wo man keine Waldungen in der Nähe hat. Denn, sobald die Wiesen abgemähet, und die Brachfelder umgewandt werden, findet die Biene keine Nahrung mehr. Darauf erfolget der lange Winter, ein später und kalter Frühling, und die Bienen verzehren also ihren Vorraht vor der Zeit, und sterben aus. Dagegen aber ist das hiesige Honig das beßte, und man hält es zugleich für das gesundeste; es wird auch allzeit besser bezahlt, als dasjenige welches vom flachen Lande, und aus den wärmern Gegenden des Landes gebracht wird.

Zum Seidenbau ist hier nicht der geringste Anschein, indem die dazu erforderlichen Maulbeerbäume, wenn solche auch gleich Wurzel geschlagen, nicht fortkommen wollen. Die neuesten Versuche, die man damit angestellet hat, haben es dargethan, daß die im Sommer ausgetriebenen Sprößlinge und Wippel, gleich den folgenden Winter wieder erfrieren. Und eben so wenig Hoffnung kann man sich auf die Pflanzung des Tabacks in dieser Gegend machen.

Was die Viehzucht betrifft, so hat ein jeder kluger Hauswirt darauf hauptsächlich zu sehen, daß er sich nicht mehr Vieh anschaft, als er den langen Winter über mit Futter versehen kann. Und eben aus diesem Grunde, werden hier nur wenige Schaafe über den Winter ernähret; dagegen aber jährlich ganze Heerden von diesem Viehe aus Siebenbürgen und dem [[OrtMarmaroscherGespanschaft]Marmaroscher Komitate]] in diese Gegend getrieben. Die Böcke und Ham-

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meln werden auf hiesiger Gegend eine Zeitlang gemästet, und alsdann abgeschlachtet; die Schaafe den Sommer über gemolken, und von ihrer Milch, besonders zur Herbstzeit vortreffliche Käse gemacht. Alsdann werden auch diese noch vor dem Winter abgeschlachtet, und das Fleisch zum Theile frisch verbraucht, zum Theile aber geräuchert oder eingesalzen, in Fäßer gelegt, und auf den Winter bewahret. Das hiesige Rindvieh ist nicht von der größten Sorte, in der Farbe grau, schwarz roht oder bunt; allein was die Ochsen betrift, so liebet man vorzüglich die grauen, die dabey noch grosse und schöne Hörner haben. Und weil solche hier nicht zu Hause sind, so trachtet man sie aus andern Gegenden des Landes zu erhalten. Ohnehin wird sowohl von der Teiße und aus den da herumliegenden Komitatern, besonders aber aus Lodomerien und Gallizien vieles Schlachtvieh gebracht; denn sonst hätte diese Gegend wirklichen Mangel am Rindfleische. Kalbfleisch hingegen hat man besonders im Frühlinge solchen Uiberfluß, daß man damit auch andere Gegenden versorgen kann. Die eigentliche Ursache davon ist diese: weil wegen Mangel hinlänglicher Fütterung, die ein so langer Winter erfordert, das meiste junge Vieh abgeschlachtet werden muß.

Pferde werden wegen dem Ackerbau in einer grossen Menge unterhalten: die Armen suchen sich mit kleinen, die nicht viel kosten, zu behelfen; die es aber im Vermögen haben, machen sich eine besondere Ehre daraus, schöne und gut gewachsene Pferde zu ziehen, und bey ihrem Feldbaue zu gebrauchen. Und zu dieser Arbeit sind auch gute und dauerhafte Pferde nohtwendig: indem der Landmann die Frucht aus der Erde durch seinen Fleiß gleichsam erzwingen muß. Er muß seinen Acker vorher gut düngen, auch wohl dreymal pflügen, und einarbeiten, ehe er den Saamen mit Hoffnung eines nach Wunsch erhaltenden Nutzens in denselben streuen kann.

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Von wilden vierfüßigen Thieren giebt es in den hiesigen Wäldern, und in den Karpatischen Gebirgen: Bären, Rehe, Gämse, Wölfe, Luchse, Hasen, Murmelthiere; etwas seltner aber Hirsche und Wildschweine. Von Wildvögeln: grosse Adler, Auerhüner, Haselhüner, Rebhüner, Wildtauben, Waldschnepfen, Brachschnepfen, Krametsvögel, Amseln, Droscheln, Wachteln, Lerchen und andere mehr. Aber keine Fasanen, selten Wildgänse, doch desto mehr Aenten; und die Trappen gerahten auch fast niemal anders, als durch eine Trennung von den übrigen Schaaren, folglich durch einen Irrweg in diese Gegend; daher man diese Vögel in mehrern Jahren kaum einmal hier zu sehen bekömmt. — Und nun genug von der physikalischen Beschaffenheit dieses Strich Landes an der Poper. —

Was dessen politische Verfassung betrift, so hat es damit die nämliche Bewandniß, wie in den übrigen Komitatern und Distrikten unsers Vaterlandes. Alle Dörfer stehen unter der Aufsicht ihrer Grundherrschaft, und unter der Gerichtsbarkeit des Zipser Komitats. Nur diejenigen Ortschaften ausgenommen, die zu den Sechszehn Königl. Kronstädten gehörig sind. — Diese hatten ehedem ihren Grafen, den sie sich selbst aus ihrem Mittel wählten, einen Landnotarius und Landvormund, welche die öffentlichen Geschäfte der damaligen dreyzehn Städte, zu besorgen hatten, Die Zinsen und Gefälle für die Herrschaft und Obrigkeit sammelte ein jeder Richter des Orts, mit Beyhilfe des Magistrats in den dazu gesetzten Terminen ein, und übergab sie dem Grafen; der Graf aber alsdann den ganzen Betrag von allen Städten, an seine gehörige Stelle. Die Rechtssachen, die der Richter und Magistrat eines Orts zur Befriedigung beyder streitenden Parteyen nicht ausmachen konnte, kamen vor den Grafen, und von ihm an den sogenannten Königlichen Stuhl, der aus allen dreyzehn Richtern bestand, die zu gewissen ausgesetzen Zeiten ihre Versamm-

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lungen hielten, bey denen der Graf den Vorsitz hatte. Bey diesem Gerichte wurden auch alle Kriminalsachen vorgenommen, und alles nach ihren Sächsischen Rechten entschieden. Nur selten kamen einige Streitsachen von hier zu der sogenannten Schloßjurisdiktion nach Lüblau, oder vor den Starosten. Gegenwärtig stehen diese Städte unter der K. K. Administration, davon der nunmehrige Sechzenstädter Graf nach dem Administrator das erste Mitglied ist. Außer diesen sind noch zween Beysitzer, Notarii, eine Landkämmerer und Kanzellisten, alle gut besoldet.

Die Katholische Geistlichkeit hat in diesem Bezirke zwey Dekanate: Superioris et inferioris Fluvii Poprad. Beyde Dekane stehen unter dem Zipser Bischofe.

Mit Ausbesserung der Landstrassen und Brücken ist man gegenwärtig, so wohl von Seiten des Komitats, als von der der Sechszehn Städte auf das Eifrigste bechäftiget, so daß man gegründete Hoffnung aus ihren Bemühungen schöpfen kann, daß in wenigen Jahren alles dieses in dem beßten Stande und schönster Ordnung zu sehen seyn wird.

Die Poststrasse berühret zwar bis dato nur einen Winkel vom Obern Flusse Poprad; es sind aber dennoch hiebey solche Anstalten gemacht, daß man aller Orten, entweder von Lautschburg und Horka, oder von Leutschau die Briefe erhalten, und wieder auf die Post befördern kann.

Von Manufakturen kömmt außer dem, was die hiesigen Handwerker zur Nohtdurft der Einwohner zu verfertigen pflegen, hauptsächlich in Erwägung: 1. Das Papier, welches in der Papiermühle zu Teplitz, Deutschendorf, und Rauschenbach verfertiget wird. Es kömmt hiebey freylich das Meiste auf den Meister an, der die Sache besorgt; wo gehöriger Fleiß und Emsigkeit sich einander die Hand bieten, da entsteht ein gutes Pa-

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pier, und der Verschleiß ist sicher. Bis dato hat Herr Samuel Czießer in Deutschendorf, sowohl nach Siebenbürgen, als nach Gallizien das meiste Papier verschließen, weil er ein Mann ist, der Wort hält, und alles zum Vergnügen seiner Korrespondenten befördert. 2. Das grobe Tuch, welches in Käsmark und Laibitz verfertiget wird, und dessen sich der Landmann zu seiner täglichen Kleidung bedienet, wird nicht außerhalb Landes verführet; ja es findet nicht einmal hier starke Abnahme, weil sich der Bauer in den umliegenden Gegenden mit Beyhilfe seiner Hausgenossen, dergleichen Tuch selbst verfertiget. 3. Die Leinwand kann mit allem Rechte unter die Hauptartikel des hiesigen Gewerbes und Handels gezählet werden. Es wird in diesem kleinen Bezirke von dergleichen Waaren eine fast unglaubliche Menge verfertiget, so, daß man auf eine jede Haushaltung und Familie durch die Bank 2 bis 300 Ellen rechnen kann, ohne was in den adelichen Höfen durch Frohndienste der Unterthanen gemacht wird. Diese Leinwand wird nun von Färbern, Griechen, und andern Handelsleuten zusammen gekauft, und alsdann sowohl weiß, als gefärbt nach Debrezin, Pesth, und von dort weiter verführet. Es scheint zwar, als wenn bey dieser Manufaktur die vielfältige Mühe und Arbeit lange nicht belohnt werde; indem dieselbe bisweilen einen allzugeringen Preis hat, und ein Stück von 100 kurzen Ellen, welches etlich und achzig Wiener Ellen beträgt, kaum vor 9 oder 10 Rfl. verkauft werden kann. Wenn man aber bedenket, wie alles, was nur einige Kräfte hat, bey dieser Arbeit Hand anlegt, und das weibliche Geschlecht besonders, bis auf die Kinder von 7 und 8 Jahren, die an andern Orten müßig gehen, oder die Zeit mit Tändeleyen zubringen, sich damit auf eine erstaunende Art Tag und Nacht beschäftigen, und daß eben durch diesen Kanal, ein namhaftes Kapital am Gelde jährlich in das Land, und in diese Gegend gebracht wird: so, wird man

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gewiß an dem Nutzen dieser Beschäftigung nicht mehr zweifeln können. Die hiesige Leinwand, die zum ordentlichen Verkaufe gemacht wird, ist dicht, stark und dauerhaft, nur etwas schmal, weil sie die meisten der hiesigen Käufer und Abnehmer nicht breiter haben wollen. Sonst aber wird von einigen, theils zu ihrem Bedürfnisse, theils auch zum Verkaufe, wenn man es verlangt, feine und breite Leinwand verfertiget, die der feinen Schlesischen nichts nachgiebt, ja diese an Güte und Dauerhaftigkeit übertrift.

Zur politischen Verfassung gehören auch die Einwohner; weil wir uns aber vorgenommen haben, davon in einer besondern Abtheilung zu handeln; so wollen wir unsern Versprechen in der Fortsetzung trachten ein Genügen zu leisten.
Topic revision: r24 - 29 Nov 2011, KatalinBlasko
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