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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 1, Text 4 (S. 26-64)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1782
Autor:
Samuel Augustin ab Hortis
Zuordnung: Geographie
Beschreibung des Flusses Poprad 1
Beschreibung des Flusses Poprad 2
Beschreibung des Flusses Poprad 3
Beschreibung des Flusses Poprad 4
(p26)
4. Topographische Beschreibung des Flußes Popprad, oder der Popper in der Zips.
Der Fluß Poprad, den die deutschen Anwohner die Popper nennen, war bis itzt noch Manchem in
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unserem Vaterlande so unbekannt, daß denselben so gar auch einige inländische Schriftsteller und Geographen, entweder gänzlich aus der Acht gelassen, oder von ihm nur den blossen Namen nach, eine geringschätzige Erwähnung gethan haben. Dieses mag wohl daher entstanden seyn, weil besagter Fluß, der zwar in unserem Vaterlande entstehet, aber durch dasselbe einen so kurzen Weg nimmt, daß er schon in einer Strecke von ungefähr 7 oder höchstens 8
deutschen Meilen, sich in ein anderes Land begiebt, sich auch bald darauf in einen andern Fluß ergießt, und seinen Namen verlieret. Wenn man sich aber seine Entstehungsart, und die Qwelle, woraus er entspringet, die Gestalt und Beschaffenheit des Landes, welches er durchströmet, die Ortschaften und Städte, womit die Ufern desselben besetzt sind, die Einwohner, die sich in denselben befinden, und den Nutzen dieses Flusses, welcher durch Annehmung verschiedener anderer Flüße und Bäche, einen sehr schnellen Zuwachs erhält, genau vorzustellen weiß; so wird man in der That überzeugt werden, daß die nähere Kenntniß desselben aller Aufmerksamkeit würdig sey.
Es entstehet aber der Fluß Poprad auf dem
karpatischen Gebirge, aus den sogenannten
Popper See, welcher wegen der vielen Forellen, die sich daselbst aufhalten, von den Slawaken Ribie Pleso, der Fischsee genannt wird, und auf der hohen
Bergspitze Wisoka liegt. Wir können diese Gegend als eine der höchsten unseres Landes ansehen, nachdem unweit hievon, unter der benachbarten Bergspitze, welche der kleine
Kriwian genannt wird, ein ähnlicher See befindlich ist, aus dem sich der
Waagfluß ergießt, und gegen Westen zu fließet. Der Fluß Poprad hingegen nimmt anfänglich seinen Lauf gegen Mittag, und sobald er aus den Gebirgen auf das flache Feld kömmt, und sich bey dem
Berge Baba, (Babiahora) mit dem
Lautschburger Wasser vereiniget hat, wendet er sich gegen der Sonnen Aufgang. Hier durchläuft er eine der schönsten und angenehmsten Gegenden des Zipserlan-
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des wie in einem anmuhtigen Thale, welches von der linken Seite, im Herabgehen durch die Kette der karpatischen Bergspitzen, von der rechten aber mit allerhand kahlen, jedoch fruchttragenden, theils auch mit Bäumen bewachsenen Hügeln und Bergen eingeschlossen ist. An den Ufern des Flusses sind bald schmale, bald mehr ausgebreitete Ebenen, die mit schönen fruchtbaren Auen, Wiesen, wohl gebauten Kastellen, auch verschiedenen Städten und Dörfern, davon die
Kön. freye Stadt Kaißmark als der Mittelpunkt anzusehen ist, prangen, und dem Auge des Reisenden einen sehr reitzenden Anblick verschaffen.
Nicht weit von
Lüblau bey
Hopgarten nimmt dieser Fluß von unserem Zipserlande Abschied , durchstreicht bey
Plautsch einen Winkel des
Schároscher Komitats,
und verläßt bey
Kellerhals (Pivnitschka) Ungern gänzlich. Darnach fließt er zwischen gräßlichen Bergen einige Meilen fort, bis er in einer schönen Ebene bey
Neu Sandetz mit dem Flusse
Dunawetz, welcher von der andern Seite des karpatischen Gebirges entstehet, und ebenfalls einen Theil des Zipserlandes durchströmt, sich vereiniget, und hiermit seinen Namen verlieret. Mit dem Dunawetz gehet er fort bis in die
Weichsel, und fällt alsdann mit demselben bey Danzig in die Ostsee.
Bey ihrem Zuge durch die Zips nimmt die Popper verschiedene andere Flüße und Bäche an, die ebenfalls größtentheils von den Karpatischen Gebirgen herab fallen, und sich in dieselbe ergießen. Dadurch aber erhält dieser Fluß in einer Strecke von ungefähr 5 Meilen einen so starken Zuwachs, daß man bey
Knißen bereits im Stande ist, Lasten darauf zu legen, und vermittelst von Balken zusammen geschlagener Flöße, die Weine und andere Waaren bis Warschau und Danzig zu befördern. Die namhaftesten unter diesen Flüßen sind: das Lautschburger Wasser, das Teplitzer warme Wasser, das Fölkwasser, der Rohtbach, der Steinbach, das weiße Wasser, das Heeckwasser, und andere mehr, die wir am gehörigen Orte, wo sie in die Popper fallen, benennen werden.
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Von diesem Flusse haben die Anwohner desselben mancherley Vortheile zu genießen. Er befeuchtet an seinen Ufern das Land, und macht dasselbe wegen seinem Durchzuge angenehm und reitzend. Er treibt verschiedene Mühlen, besonders da, wo er noch nicht zu groß angewachsen ist. Weiter herunter trägt er Lasten, und wird dem Komerz überaus nützlich. Besonders aber nähret er allerhand gute und schmackhafte Fische, die hier freylich nicht als ein besonderer Nahrungszweig der Einwohner angesehen werden können, weil bey dem hiesigen geringen und wenig bedeutenden Fischfange nur hier und da einzelne Personen ihr Fortkommen zu erleichtern suchen. Man hat aber dennoch, besonders in der Jahrszeit, wenn die Wäßer offen zu seyn pflegen, soviel, daß nicht allein die vornehmsten Einwohner dieser Gegend zur Abwechslung der Speisen, (denn der Bauer ißt hier keine Fische) einen hinlänglichen Vorraht finden, sondern man kann auch andern benachbarten Städten und Oertern, die daran Mangel leiden, etwas zulassen. Die Menge des Sandes, den die meisten Flüße, die aus den Karpatischen Gebirgen entspringen, und sich in die Popper ergießen, mit sich führen, verursachet, daß die Anzahl der Fische, die den Sand nicht vertragen können, sondern sich viel lieber zwischen Kieselsteinen aufhalten und vermehren, vermindert wird. Dieser Zufluß des Sandes aber ist wiederum in anderer Absicht sehr nützlich, und in Ansehung des Bauwesens nohtwendig und unentbehrlich.
Außer den kleinen Fischen, deren man hier mancherley antrift, und die ich hier nicht namentlich anführen mag, sind besonders beliebt: die Aschen, Aale, und Aalraupen, vorzüglich aber die Forellen und Lachse. Die Forellen erscheinen zu solcher Zeit am zahlreichsten, wenn die Seen auf dem Karpatischen Gebirge, bey starken Regengüßen und Wolkenbrüchen aufschwellen, und sich stark ergießen; da denn die darinnen, besonders in dem
Poppersee befindlichen, heraus geschwemmet werden, und mit dem
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häufigen Wasser zugleich herabstürzen. Hier erhalten sie sodann mehr Nahrung, als an ihrem Geburtsorte, wo sie sehr mager zu seyn pflegen, auch nicht, wie gewöhnlich rohte, sondern schwarze Flecken, oder Punkte haben. Sie werden auch in dem Flusse, wo sie viele kleine Fische zu ihrem Unterhalte finden, besser befleischt, fetter, und eßbarer, als sie da gewesen sind; da denn auch ihre schwarzen Punkte in rothe verwandelt werden. Und dieß ist eben das Merkmaal, daran die Fischer erkennen, ob einer Forelle schon lange, oder erst kürzlich, aus der See in den Fluß gewandert, und ob sie schlecht oder gut sey. Wenn sie noch die schwarzen Punkte hat, so ist sie noch nicht genug gemästet, sondern schlecht und mager.
Man zählt hier zu Lande zweyerley Arten von Forellen: einige haben ein weißes Fleisch, und diese nennet man ohne allen Beysatz Forellen. Die andern haben ein röhtliches und etwas derbes Fleisch, wachsen auch um ein merkliches größer als jene, die man wegen der Aehnlichkeit, die sie mit dem Lachse haben, Lachsforellen, oder auch Goldforellen heißet. Es halten einige dafür, daß diese Art Forellen aus den von Lachsen hingeworfenen Eyern oder Rogen, die sie während ihres Aufenthalts in diesem Wasser, von sich lassen, entstünden; nachdem man aber die nämliche Art von Forellen auch in solchen Flüssen, z.B. im Waagflusse antrift, wo keine Lachse sind,* noch mit einem Flusse, wo Lachse gefangen werden, die mindeste Gemeinschaft hat, so läßt sich daraus der Un-
*In dem Waagflusse giebt es keine Lachse, sondern eine ganz andere Art grosser Fische, welche die Slawaken Hlawatka nennen. Viele Gelehrte sind unrecht berichtet worden, daß dieser Fisch mit den Lachsen einerley sey, und haben daher geglaubt, daß auch in der Waag Lachse gefangen werden. Es ist aber fast gar nicht zu glauben, daß auch nur ein einziger Fluß in Ungern Lachse haben sollte, der nicht mit der Ostsee eine Verbindung hat, als woher einzig und allein die Lachse in solche Flüße gerahten, die sich in dieselbe mittelbar oder unmittelbar ergießen. Den Fisch Hlawatka nennen die Liptauer auf deutsch Lachsforen.
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grund dieser Muhtmassung sehr leicht schließen. Es müssen also diese Lachsforellen entweder von einer besondern Gattung seyn, oder aber, sie erhalten dazumal, wenn sie erst recht alt und groß werden, ein derbes, und in der Farbe röhtliches Fleisch. Auch in Ansehung der äußern Haut, findet man hier unter den Forellen einen merklichen Unterschied; denn einige derselben haben auf einem silberfarbenen, andere hingegen auf einem schwärzlichen oder aschgrauen Boden, rohte Punkte und Flecken.
Der Lachs hat hier nicht sein eigentliches Vaterland, sondern er kömmt aus der Ostsee (Mare Balticum) in die Weichsel aus der Weichsel in den
Dunawetz, und dann in die Popper. Die Zipser Gespanschaft hat also zween Flüße, welche ihm diese vortrefflichen Fische zuführen, nämlich den Dunawetz und den Popperfluß. Im Frühlinge macht sich der Lachs von seinem Geburtsorte weg, eilet dem frischen Wasser entgegen, und schwimmt beständig wider den Strom, bis er nahe an die Qwelle des Flusses kömmt, den er ergriffen hat, wenn er anderst unterwegs nicht aufgehalten wird. Gegen das Ende des Monats May ist derselbe schon in der Zips, nachdem er sein ganzes Winterqwartier in der Ostsee ausgehalten hat. Es ist recht lustig anzusehen, wenn sich dieser Fisch, durch eine Bewegung des Schwanzes, auch wohl zwo
Klafter hoch in die Höhe schnellet, um das zu überwinden und zu übersteigen, was ihm bey erhöheten Wasserfällen im Wege ist. Sein Fleisch ist im Frühlinge roht, etwas derb und hart; nach und nach aber wird dasselbe, vermuhtlich von dem süßen Wasser, immer bleicher und zärter, da er dann mitten im Sommer am beßten zu essen ist. Im späten Herbste ist sein Fleisch schon völlig weiß, allzuweich, und sich am Geschmacke gar nicht mehr ähnlich. Daher werden die Lachse auch um diese Zeit wenig geachtet, und schlecht bezahlet. Wenn man im Sommer das
Pfund mit 17 oder 18 Kr. bezahlet, so kann man es im Weinmonate auch um die Hälfte dieses Preises haben. Sie sind aber auch bis
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dahin meist alle ausgefangen, und es werden keine mehr bis im folgenden Jahre, wenn eine neue Wanderung dieser Fische vor sich gehet, gesehen.
Die Lachse, die in der Zips gefangen werden, sind selten über 3 Schuhe lang, und haben am Gewichte, die kleinern 3, die größern 6 bis 7 Pfunde; und ein Lachs von 10 Pfunden ist hier schon eine Seltenheit. Da man aber aus Beschreibungen und Nachrichten, die man von diesen Fischen hat, weis, daß die größten davon, die bereits ihr gehöriges Alter und Wachstum erreicht haben, auch 30 Pfunde wiegen, und eine Länge von 5 Schuhen haben, so kann hieraus gar leicht der SChluß gemacht werden, daß die schweresten und größten unterwegs ergriffen, und aufgefangen werden, folglich nur die kleinen und geringen, die um so leichter den Nachstellungen auszuweichen, und durchzukommen im Stande sind, nach Zipsen gelangen. Denn auch hier sind diese die kleinsten, die der Qwelle des Flusses am nächsten kommen. Den Sommer über werden diese Fische, besonders von
Lüblau und
Kniesen, wo sie noch am häufigsten gefangen werden, abgeschlagen, in Waidenruhten eingeflochten, und so bis nach
Eperies und
Kaschau, frisch hingetragen, und verkauft. Weiter aber können sie nicht, ßer in Essig und Wasser abgesotten, einmariniert und gut verwahrt, gebracht werden.
Außer den Fischen hat der Fluß
Poprad auch, wiewohl nur wenige Krebse und Fischotter. Um die ersten giebt sich niemand Mühe, weil man solche aus kleinen Bächen, viel geschwinder und leichter erhalten kann; die letztern aber, werden meistens aus Furcht für der Grundherrschaft, heimlich von Bauern, die damit gut umzugehen wissen, gefangen, und in den Städten verschließen.
Der Schade, den dieser Fluß zuweilen verursachet, ist erträglich, und nicht von allzugrosser Bedeutung. Im Frühlinge, wenn der Schnee schmilzt, das Eis plötzlich bricht, und fortgehet, tritt er an einigen Oertern, die etwas niedrig liegen, aus seinem Lager, oder es reißen die Eis-
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schollen manche, besonders baufällige Brücken entzwey. Im Sommer verursachen die starken und lang dauernden Regen, die aus den Gebirgen herabfallen, zu mancher Zeit solche Uiberschwemmungen, dabey der Wieswachs und die Feldfrüchte, an den Ufern des Flusses, und auf dem flachen Lande verschlämmet werden, die Mühlen aber und andere Gebäude, einer augenscheinlichen Gefahr ausgesetzet sind, auch wohl merklich darunter leiden. Doch ist das Beßte dabey, daß sich dergleichen Uiberschwemmungen nur selten, ja in vielen Jahren kaum einmal ereignen, und wenn solche nur die Brachfelder lediglich betreffen, so verschaffen sie durch die Bedüngung, von dem hinterlassenen Schlamme mehr Nutzen als Schaden. In der
Chronica Leibnitzeriana findet man, daß im Jahre 1621 bey
Altwalldorf und in dortiger Gegend, solche Wasserfluhren kurz vor dem Gedächtnißtage des Apostels Jakobs entstanden sind, die nicht allein Häuser und Kirchen unterwaschen und zu Grunde gerichtet haben, sondern auch sogar die Leichname der Todten, aus ihren Gräbern gerissen, und viel andern Schaden verursachet. In der Leutschauer Chronik ist beym Jahre 1661 folgendes angemerkt: "Den 12ten August des Nachts, fiel so ein groß Regenwetter ein, als bey Menschengedenken nicht gewesen. Unter andern Orten, als Kayßmark, Beel etc. hat das Wasser mit den Bäumen, Mayerhöfe, Gerbhäuser, Krautgärten und Aecker weggerissen, daß man nicht merken konnte, wo sie gewesen, und ist der Schade nun auf etliche 1000 fl. geschätzet worden; auf dem Schneegebirge war ein so grosses Erdbeben, daß ein grosser Felsen, wie ein Berg herab gerollt, etliche Berge gar gespalten, und dadurch ein neuer See entstanden." „ Die letzte Uiberschwemmung war im Jahre 1774 den 17. Julii, in welcher ein Bürger aus
Georgenberg, der aus seinem Garten etwas retten wollte, von den Fluhten hingerissen wurde, und um sein Leben gekommen ist. Seit der Zeit war Gott sey Dank! keine mehr. —
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Solchergestalt hätten wir nun dasjenige, was von diesem Flusse an sich selbst gesagt werden kann, bereits angeführet, und nun wollen wir bey der Fortsetzung unserer Topographischen Beschreibung folgende Ordnung als unsern besondern Leitfaden, beobachten:
1. Wollen wir alle Städte, werkwürdige Waldungen, Felder und Dörfer, so wie sie sich in ihrer natürlichen Lage, von der Qwelle des Flusses bis zu seinem Ausgange aus der Zips, an beyden Seiten des Ufers befinden, anführen, und kürzlich beschreiben.
2. Das besondere Klima, und sowohl die physikalische als politische Beschaffenheit dieses Strich Landes, den der Fluß
Poprad in der Zips durchströmet, vor uns nehmen, und betrachten.
3. Endlich auf die Einwohner, und unter diesen besonders auf die hier wohnenden Sachsen unser Augenmark richten, und sowohl von ihrem Gemühtskarakter, als übrigen Umständen das Nöhtige anführen.
Erste Abtheilung.
Von den an dem Flusse Poprad liegenden Städten, Waldungen, Feldern, und Dorffschaften.
Um mehrerer Ordnung und Deutlichkeit willen, werden wir den Fluß Poprad, oder vielmehr die an demselben liegende Landschaft, in den obern und untern Theil (in superiorem & inferiorem fluvium Poprad) eintheilen. Der obere Theil (superior fluvius Poprad) fängt sich unweit der Qwelle an, und zieht sich herunter bis Kaißmark. Der Untere aber (inferior fluvius Poprad) gehet von Kaißmark herab bis nach Hopgarten und an das Ende des Zipser Komitats.*
Von dem obern Theile des Flusses Poprad.
(Superior fluvius Poprad.)
Sobald der Fluß Poprad in den Gebirgen selbst, durch
*Diese Abtheilung wird vielleicht manchem unsrer Leser ganz neu
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kleine Bäche und Gräben ein wenig angewachsen, aus den finstern Thälern und Waldungen an das Licht und auf das flache Land kömmt, so erreichet er das kleine Dorf Stollen.
1.
Stollen, Stohla, ist das erste Dorf, welches der Fluß
Poprad benetzet. Gegenwärtig ist dasselbe ein Eigenthum der
Mariáschischen Familie; wie es aber aus der Konfirmation des damaligen Erzbischofs von Grán Thomas, die er der hier gestandenen Benediktinerabtey, in Ansehung ihrer Fundakion im Jahre 1314 gegeben hatte,
und unerwartet vorkommen: weil man sie nirgends in einem geographischen Buche antrift. Man muß aber auch dieses hierbey erwägen, daß noch bisher niemand diesen Fluß topographisch beschrieben habe. Neuen Beschreibungen und Abhandlungen, kann man von Rechtswegen auch neue Eintheilungen zugestehen. Was Samuel Timon in seinem Traktätchen Tibisci Hungariae fluvii notio, Vagique ex parte. pag. 61. in einer einzigen Periode, auch dieses nur gelegentlich angebracht hat, kann gar nicht als eine topographische Beschreibung dieses Flusses angesehen werden. Es war auch die Absicht des Verfassers nicht, dieses daselbst auszuführen, sondern nur kürzlich den Gang dieses Flusses, durch einem Strich von Ungerland, anzuzeigen. Math. Bel hatte in seinen Prodromo nicht den Fluß Poprad allein, sondern das ganze Zipser Komitat zu seinem Gegenstande, und es vor besser befunden, diese Landschaft nicht nach den Flüßen, sondern so, wie die übrigen Gespanschaften im Lande, vermöge der politischen Verfassung und Eintheilung, nach den bereits gemachten Distrikten und Processen, zu betrachten, und in dieser Ordnung zu beschreiben. Allein auch unsere Eintheilung in Superiorem & Inferiorem fluvium Poprad, ist nicht die erste und neueste: denn ob dieselbe zwar bey den Komitats-errichtungen und Beamten niemal statt gefunden, so war sie desto mehr in der Diöces und im Kirchenregimente seit langen Zeiten bekannt, und im Gebrauche. Man findet, daß unter der Regierung Ludwigs des Zweyten im Jahre 1518 die Zipser Klerisey bereits in ihre Bruderschaften, nach den an hiesigen Flüßen liegenden Pfarren eingetheilt war, als nämlich: in Districtum Fraternitatis Superioris Hernad, Inferioris Hernad, Superioris Poprad, Inferioris Poprad. Darauf folget: Districtus Fraternitatis Dunavetz. Der Districtus Fraternitatis Lublo aber war dazumal schon, von dem Inferiori fluvio Poprad, wohin er eigentlich seiner Lage nach gehören sollte, abgesondert. Eben diese Eintheilung der Pfarren, hat sich noch bis diese Stunde erhalten, wie solches aus dem Calendario Cleri-Scepusiensis zu ersehen ist.
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erhellet, so gehörte es derselben Zeit einem gewissen Eberlaus de Monte S. Georgii. Denn so lauten in dem gedachten Konfirmationsbriefe die Worte: "Significamus – Quod providi ac honesti viri: Eberlaus de Monte S. Georgii, Comes de Villi Stupany, D. Menhardus Plebanus de Villa Sionis, cum ipsorum amicis et proximis, tanquam devoti in Christo Filii, ad Divinae Religionis cultum & augmentum anhelantes, in
ipsorum possessione in terra Scepas, sub Monte nivium (i. e. Carpatho); quae stohla B. V. nuncupatur, locum conventualem ad horum ipsius B. V. pro coenobio Ordinis S. Benedicti disposuerint & licitaverint, tanquam Patroni &c.*
Von dieser Abtey siehet man noch einige Uiberbleibsel und Mauern außer dem dort am Flusse des Karpati-
Außer diesen Fraternitäten war aber auch noch von der Zipser Geistlichkeit, die seit dem Jahre 1245 berühmte Fraternitas 24 Regalium oder Parochorum, welche in Betreff des Zehends und ihrer Einkünfte schöne Privilegien besaß, und unter der hiesigen Klerisey ein besonderes Korpus ausmachte. Diese Geistlichen waren meist von den 24 Städten. Denn Groß-Lomnitz und Hunßdorf gehörte auch dazu, aber nicht zu den 24 Regalibus Civita ibus. Hingegen gehörten die Pfarrer von Michelsdorf, Mattsdorf nicht dazu, ob sie gleich in der politischen Verfassung zu den 24 Städten gehörten; daher diese ihren Pfarrern niemal den Zehend von ihren Aeckern gegeben haben, und geben ihn auch bis dato nicht. Die Parochi aber 24 Regalium haben alle den Zehend von Aeckern gehabt, und waren nicht auf diese Zahl eingeschränket, sondern es waren ihrer zuweilen auch 25 und mehr, hießen aber doch immer 24 Regalium Plebani, bis endlich in der Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts von Jahre 1546 bis 1552 u. f. alle Parochi 24 Regalium die Augsburgische Konfession, sammt ihren Gemeinen angenommen haben, und sich alsdann 24 Regalium Pastores nanten. Zu Ende des verflossenen Jahrhunderts um das Jahr 1674 nämlich, da den Protestanten in der ganzen Zips alle Kirchen abgenommen worden sind, nahm diese Fraternität auch ein Ende, und itzt sind die Pfarrer und ihre Vorgesetzten außer den griechisch Unirten, nach denen Flüßen, wo sie liegen, in 5 besondere Dekanate, wie wir oben erinnert haben, eingetheilet.
*Das ganze Document kann man lesen in C. Wagneri Analecta Scepussi sacri & profani. P. I. pag. 401.
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schen Gebirges. Im Jahre 1333 schenkten die Nobiles de Gargaw dazu den halben Theil von
Mattsdorf.*
So wie das Dorf an sich klein ist, so hat es auch nur ein kleines, aber gutes Feld und Ackerland, dabey aber die schönsten Waldungen, darinnen man noch viele Linbäume antrifft. Die Einwohner, welche Slawacken, und meist wohlgewachsene starke Leute sind, machen von diesem Holze schöne Tröge oder Mulden, die sie alsdann verkaufen, und neben ihrem Ackerbaue sowohl dieses Gewerb treiben, als auch zuweilen, junge Bären, Fischotter, Dachse und Murmelthiere fangen.
Auf der linken Seite des Flusses ist der ebene Raum, wo ehedem der weitläufige Wald Chetene oder Tschetene gestanden, welche der König Bela der Vierte dem Grafen Botyz, für die ihm treu geleisteten Dienste im Jahre 1264 geschenket hat. Dazumal, als Botyz dieses Geschenk von seinem Könige erhalten hatte, war diese ganze Gegend, wo die
Mariaschische Familie itzt** ihre Güter hat, unbewohnt und wüßte, wie solches aus dem Schenkungsbriefe deutlich zu ersehen ist, darinnen der König Bela dem Grafen Botyz, wie auch seinen Brüdern und Erben, die Freyheit ertheilet, diesen Strich Landes zu bevölkern, und sich unterthänig zu machen.*** Die-
*Ibid. pag. 409.
**Die edlen von Máriáschy sind also allem Ansehen nach, Abkömmlinge von diesen Grafen Botyz. Denn der Graf Botyz war ein Sohn des Grafen Marci, und dessen Vater Galla, oder vielleicht Gallus Nobilis de Scepus. – Und eben diesen Galla oder Gallus hält man für den Stammvater der noch im Flere stehendenMáriáschischen Familie.
***Die Worte in dem gedachten Schenkungsbriefe lauten also: Nos igitur, quibus ex officio suscepti regiminis metiri incumbit, & pensitare merita fiugulorum – considerantes fidelitates & meritoria servitia ipsius Comitis B o t y z tam eximiae laetitiae hajulo quandam silvam C h e t e n e vocatam, desertam, incultam penitus & omnino habitatoribus carentem, in Districtu Scepus sub monte seu alpe Tortol adjacentem – – dedimus, seu donavimus cidem Comiti B o t y z, & per cum
(p38)
ses ist auch wirklich erfüllet worden: denn eben auf diesem Bezirke, wo ehedem der Wald gestanden, befinden sich nunmehr die drey ansehnlichen Dörfer:
Mengsdorf,
Botsdorf, und
Gerlsdorf.
2.
Mengsdorf,
Mengusfalu, ist etwas größer als
Stollen, hat aber ähnliche Einwohner und Gewerbe, nebst einer Sägmühle auf dem Popperflusse.
3.
Botsdorf,
Batisfalva, ist der eigentliche Sitz der Grundherrschaft, und hat zwey schöne Kastelle, eines nach der alten Art mit hohen Mauern, und einem Graben, über welchen beym Eingange oder im Thore eine Zugbrücke ist, umgeben; das andere stehet gleich daneben, und ist erst 1757 nach der neuen Bauart aufgeführet worden. Es hat dieses Dorf die schönsten Waldungen, Weiden, und Ackerbau genug, auch Wieswachs in Menge, aber an vielen Orten ein schlechtes und sauerbissiges Gras, auch guten Töpferton, womit die ganze hiesige Gegend versehen wird. Durch das ganze Dorf, welches ziemlich lang, und stark bewohnt ist, fließet ein Wasser, welches aus den Karpatischen Gebirgen kömmt, schöne Forellen nährt, und das Botsdorfer Wasser genannt wird. Dieses ergießt sich darnach mit dem Fölkwasser zugleich bey
Georgenberg in den Popperfluß. Die Einwohner dieses Orts waren ehedem Deutsche; indem Urkunden vorhanden sind, daß derselbe im Jahre 1279 mit Einwilligung der Grundherrschaft, des Grafen Botyz, von einem
Mattsdorfer, Namens Pothcalcus, und einem
Fölker Bürger, Namens Fröling angebaut und zuerst bewohnt worden sey. Nun aber ist bekannt, daß sowohl
Mattsdorf, als
Fölka von jeher mit deutschen Einwohnern, oder Sachsen besetzt war; ja man hat noch vor wenigen Jahren alte Leute hier angetroffen, die nebst der schlawakischen Sprachen deutsch re-
suis Fratribus, & corum haeredibus, haeredumque suorum successoribus, jure perpetuo & irrevocabiliter possidendam & habendam: nec hoc praetermittendo, ut si ad ipsam terram seu silvam populos & jobagyones congregare poterunt &c. V. Analecta Scep. P. III. pag. 244.
(p39)
deten, welches sie eben hier in ihrer Jugend erlernet hatten. Nunmehr sind sie, sowohl in ihrer Sprache, als in ihren Sitten und ihrer Kleidertracht vollkommene Schlawaken. Neben dem Feldbaue, der Flachsarbeit und dem Verschleiße des Holzes, suchen auch einige mit Krumholzöl, Terpentin, Harz, und allerhand Kräutern und Wurzeln, die sie auf den Karpatischen Gebirgen sammeln, und an die Apothecker absetzen, etwas zu gewinnen. In dem verflossenen Jahrhunderte waren die meisten dieser Einwohner, sammt der Grundherrschaft der Kalwinischreformirten Religion zugethan, und hatten hier auch ihren öffentlichen Gottesdienst und die Kirche. Nachdem aber im Jahre 1681 dieser Ort den Evangelischen zu einer Artikularkirche angewiesen worden, so haben sie sich nach und nach zur Lutherischen Religion beqwemt, welche sie auch größtentheils, eben so, wie in den benachbarten, und der nämlichen Herrschaft zugehörigen Dorffschaften, bis itzt zugethan sind, und hier in einem Behthause ihren öffentlichen Gottesdienst halten. Den Namen
Botsdorf hat das Dorf von seinem Besitzer, dem Grafen Botyz erhalten.
4.
Gerlsdorf,
Gerlachfalva, liegt ziemlich erhöht an dem Karpatischen Gebirge, hat guten Ackerbau und Holz zu seinem eigenen Bedürfnisse, auch hinlängliche Weide für die Schaafe und anderes Vieh. Die Einwohner reden deutsch und schlawakisch zugleich, doch ist bey ihnen die letztere Sprache schon beliebter. Neben dem Ackerbau und der Viehzucht geben sie sich stark mit Leinweben und Bleichen ab. Es kömmt auch auf dieses Dorf aus dem Gebirge ein schnell laufendes Wasser, fließt hier mitten durch, und eilet mit dem Fölkwasser vermengt, nach dem Popperflusse zu. Es heißt das Gerlsdorfer Wasser.
Weiter herab von
Botsdorf, ist von der rechten Seite des Flusses
Poprad.
5.
Lautschburg, Lutschivna, oder nach alten Urkunden Luchiva. Es liegt zwischen lauter Bergen, die aus Granit und Kalkstein bestehen. Der Kalk, der
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davon gebrannt wird, ist vortrefflich. Dieses Dorf gränzt an den
Liptauer Komitat, und ist von dieser Seite das letzte an der Zips, nicht groß, hat ein Kastell, die Landstrasse, auch ein Post- und ein Filial Dreysigstamt. Die Einwohner sind alle Slawaken, und der Lutherischen religion zugethan; die Pfarre aber und Kirche gehört den Katholischen. Es war ehedem ein Tökölisches Gut, von diesem Hause aber kam es nebst andern Tökölischen Gütern an den Königlichen Fiskus, hernach an die Stadt Kaißmark, mitlerzeit aber auch wieder an andere Herren als eine Hypothek, bis es endlich Herr Donat Wárady Szakmáry für sich und seine männlichen Erben von der höchstseligen
Königinn Maria Theresia, Kraft einer Donation, erblich erhalten hat. Die Waldungen dabey sind schön, und unter einer guten Aussicht; die Weide, besonders für die Schaafe, vortrefflich, und sehr fett; daher auch die hier verfertigten Käse, vor vielen andern in der Zips, den Vorzug verdienen. Der Ackerbau aber ist eben nicht der einträglichste; weil der Boden meist bergicht, steinigt, sandigt und mager ist, auch wenn er nicht stark, und wenigstens alle drey Jahre gut gedüngt wird, nicht einmal Haber tragen will. Aus diesem Grunde suchen die Einwohner durch das Fuhrwesen ihr Fortkommen zu erleichtern. – Mitten durch das mit lauter Kieselsteinen angefüllte Dorf fließt das Lautschburger Wasser, welches aus den nahen Gebirgen qwillt, und bey starken Regengüßen zuweilen so plötzlich anschwillt, daß, ehe man sichs versiehet, in wenig Minuten, alles was demselben nahe ist, im Wasser stehet, oder, wenn es nicht fest genug ist, durch den Strom weggerissen wird. Es läuft aber auch bald wieder ab, und vereiniget sich bey dem Berge Baba mit dem Popperflusse. Vor einigen Jahren that man hier einen Versuch, Bergwerke anzulegen. – Es zeigten sich dabey, bald vom Tage, hoffnungsvolle Anbrüche, sowohl auf Bley, als auf silberhältiges Kupferärz mit Lasur und Berggrün; nachdem man aber nach vielen
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Versuchen erfahren mußte, daß sich alles, was oben beym Anbruche schön aussah, in der Tiefe ausschneide, und verliere, auch keinen beständigen Gang hatte, so blieb das ganze Werk wieder stehen. Auch wird hier viel von einer Qwelle geredet, die zu gewissen Zeiten gediegenes Gold mit sich geführet haben soll. Allein alles Suchens ungeachtet, findet sie kein Mensch mehr. Die Schaafe, die auf den hiesigen Bergen und Hügeln weiden, bekommen an den Zähnen einen flüchtigen Goldglanz, der von keiner beständigen Dauer ist, und man kann ihn auch nicht eher wahrnehmen, als wenn diese Zähne sammt dem Kinne gekocht, und darnach geröstet werden; sonst siehet dieser Anlauf nur schwarz aus.
Wenn man von
Lautschburg der ordentlichen Land- und Poststrasse nach, herunter über die Stockau (Stokawa)* gehet, so kömmt man auf die neben einem kleinen Kienwalde stehenden Wirtshäuser, und etwas weiter herunter ist auf der rechten Seite des Flusses
6.
Teplitz,
Teplitz, Tepliza. Es liegt in einer schönen Ebene, und hat von der einen Seite mit den schönsten Tannen- und Fichtenwäldern besetzte Berge. Im Jahre 1569 kam dieser Ort Pfandweise an die Stadt
Leutschau, nach der Zeit aber wieder zu der Schawniker Herrschaft, welche gegenwärtig dem Zipser Bischthume gehöret. Eben zu derselbigen Zeit, als die Stadt Leutschau dieses Dorf im Besitze hatte, ist hier die erste Papiermühle in unserem Lande, im Jahre 1613 durch den dasigen Stadtphysikus Samuel Spillenberg angelegt und errichtet worden.** Das warme Wasser, von dem der Ort den
*Die Stockau ist weiter nichts, als ein weitläufiger Platz, oder Stück Landes, welches mit Kieselsteinen reichlich belegt, und mit einigem Buschwerke besetzt ist. Dabey aber giebt es dennoch Weide für das Vieh.
**In der Zipser Chronik lieset man folgendes hievon: Anno 1613 Primus in scepusio, imo in hoc Hungariae Regno Officinam Chartaceam, sive Papirificinam exstruxit Dominus Samuel Spillenberg, Medicinae Doctor Leutschoviensis, in Pago Leutschoviensi Teplitska. (soll Teplitza heißen.)
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Namen hat, und hier vorbey fließt, aber unweit
Deutschendorf sich bald mit der Popper vereiniget, mag zur Errichtung einer solchen Mühle, darinnen Sommer und Winter gearbeitet werden kann, und die sich auch bis dato noch in gutem Stande erhält, Anlaß gegeben haben. Es hat dieser Ort die Freyheit, Jahr- und Wochenmärkte zu halten; die letztern aber konnten nie in Flor gebracht werden. Das Feld ist nicht allzugroß, aber desto fruchtbarer, und die schönen Waldungen für die Grundherrschaft einträglich, auch den Einwohnern sehr vortheilhaft und nützlich. Neben dem Ackerbaue beschäftigen sich diese Leute mit Verschleiß des Holzes an die umliegenden Städte, und mit Brandweinbrennen, womit sie Handel treiben, und dieses Getränk in andere Komitater verführen. Alle reden schlawakisch, und sind seit einigen Jahren der Katholischen Religion zugethan, haben auch ihre Kirche und Pfarre. Im 1772igsten und in dem darauf folgenden 1773igsten Jahre haben zween hiesige Bauern auf einem Acker verschiedentlich gewundenen, dicken, und etwas feiner gezogenen Golddraht gefunden. Ehe die Sache ruchbar worden ist, wurde ein ziemlicher Theil von diesem Schatze verschleppt, bis endlich ohngefähr 5 Pfunde an die Allerhöchste Stelle gebracht worden sind, wofür beyde Bauern, die das Gold auf der Oberfläche des Ackers liegend gefunden hatten, von der huldreichsten
Kaiserinn Königinn Maria Theresia glorreichen Andenkens, nicht allein reichlich beschenkt worden sind, sondern auch auf Lebenslang ein jährliches Gehalt, jeder von 12 Dukaten, erhalten haben. – In diesem Jahrhunderte wollte man hier zu Wiederholtenmalen Bergwerke anlegen. Es wurde die Arbeit auf Kupfer eine Zeit fortgesetzt, nachdem aber der Erfolg der Hoffnung gar nicht entsprechen wollte, ward die Gewerbschaft müde, und ließ alles stehen. – Eben auf dieser Seite dicht an dem Flusse
Poprad liegt
7.
Deutschendorf, Popradinum,
Poprad, in alten Zeiten Villa Theotonicalis. Sie ist eine von den
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Sechszehn Zipser Kronstädten,* die den Namen Poprad von eben diesem Flusse erhalten hat. Ihr Ackerbau ist ganz beqwem, die Waldung aber wäre zu ihren Bedürfnissen nicht hinlänglich, wenn ihre Einwohner nicht das meiste Brennholz; von andern Orten erhielten. In diesem Walde, der mit Tannen- und Fichtenholz besetzt ist, findet man eine Art von Lawa, die in kleinen und größern Stücken häufig auf der Oberfläche des Erdbodens liegt, theils von aschgrauer, theils von einer gelblichen Farbe, die von einer andern Steinart, verschiedene Streife und Flecken erhält. Eben in diesem Walde fand ein Knahe beym Aushauen alter Stöcke und Wurzeln im Jahre 1774 einen Klumpen Golddraht, welcher 14 Loht am Gewichte hatte. – Bergwerke fieng man hier vor mehr als 200 Jahren an,
*Weil wir hier mehrmals, bald der Sechszehn Städte, bald der Dreyzehn Städte, bald der Eilf Städte, bald der Vier und zwanzig Städte werden gedenken müßen: so wird es vielleicht nicht undienlich seyn, solchen unserer Leser, die in der Zips unbekannt sind, einen deutlichen Begriff davon zu machen. Es ist also, hiebey nöhtig zu wissen: daß in der Zips anfänglich XXIV. zu der ungrischen Krone unmittelbar gehörige Städte gewesen sind, die ihre besondern Privilegien und ihren Grafen hatten, den sie sich aus ihren Mittel selbst wählten, und mit lauter Sachsen bewohnt waren. Nach der Zeit verpfändete im Jahre 1412 der König Siegmund, XIII von diesen Städten, nebst den Schlößern Lüblau und Pudlein, auch die dazu gehörigen Dorfschaften und Städte, Pudlein, Knießen und Lüblau an die Krone Pohlen. Daraus entstunden also die an Pohlen veräußerten XIII Städte, und die sogenannten XI Städte, die von den Vier und Zwanzigen bey Ungern verblieben sind. Sowohl die ersteren, ob sie gleich unter Pohlnischer Herrschaft standen, hatten beständig ihren Grafen, als auch die letztern ihren, eine geraume Zeit besonders. Als nun die XIII Städte, nebst den Städten Lüblau Pudlein, und Kniesen, dann die dazu gehörigen Schlößer und Dörfer im Jahre 1772 wieder an Ungern zurück gefallen, und diesem Königreiche, als ein besonderes Krongut neuerdings einverleibet worden sind, so wurden auch die drey Städte Lüblau, Pudlein und Kniesen, zu den XIII Städten geschlagen, und auf diese Art entstunden die gegenwärtigen XVI Zipser Kronstädte. Die XI Städte aber, welche mittlerzeit verschiedene Herren gehabt haben, sind nun seit langen Zeiten ein erbliches Eigenthum der Gräflich Cschákischen Familie.
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theils auf Silber theils auf Kupfer zu bauen. Daher lieset man in alten Chroniken von einem Silberberge bey
Deutschendorf; und der sogenannte Silbergrund ist noch heute allen bekannt. Das erste Bergwerk, davon man Nachrichten hat, ist im Jahre 1562 von Simon Gloditsch, und dem Grafen der XIII Städte Vito Fabriano angelegt worden,* allein allem Ansehen nach mit schlechtem Erfolge und Nutzen, da man weder Spuren von einer in die Länge fortgesetzten Arbeit, noch Nachrichten von einem besondern Segen, den die Gewerke, durch diesen Bau erhalten hätten, findet. Nach der Zeit haben auch andere, aber vergebliche und schlecht ausgefallene Versuche gethan. Der letzte geschah 1762 und in den darauf folgenden Jahren, da sowohl einige Bürger von hier, als aus den benachbarten Städten, den Bau anfiengen, und auf Kupfer einen neuen Stolln anlegten. Es ließ sich bereits zu einer guten Hoffnung an; man brachte nicht nur schöne Puchgänge heraus, sondern auch ein dem Augescheine nach, reiches Leberarz, welches in kleinern Proben 16 bis 17 Pfündig befunden worden. Nachdem man aber davon einen grossen Vorraht genommen, und in einer ordentlichen Schmelzhütte zu Iglo geschmolzen, so konnte niemand ergründen, woher es gekommen sey, ob etwa aus einem Versehen des Schmelzens, oder wegen einem Fehler des Schmelzofens, oder aber wegen dem wirklich geringen Gehalte des Aerzes, daß man aus einem Zentner Aerz kaum 6 Pfunde Kupfer erhielt. Das ausgeschmolzene und gereinigte Kupfer war zwar so schön und geschmeidig, daß Kenner demselben vor allem hiesigen Kupfer den Vorzug zugestanden haben; dem ungeachtet aber sind die hiesigen Gewerke durch diese einzige Probe so zaghaft und kleinmühtig gemacht worden, daß sie diesen vorgehabten
*S. Chron. Scep. Mspt. Anno 1562 circa Festum Michaelis, ist das Bergwerk in Deutschendorf durch Simon Gloditsch, Provisorem 13 Opidor, und Vitum Fabrianum 13 Städter Grafen angefangen worden.
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Bau, von Stund an stehen ließen. — Die schönste Gegend des
Deutschendorfer Waldes, ist das sogenannte Schlößchen. Wenn man auf diese Anhöhe kömmt, so siehet man bey heiterm Himmel, nicht allein von der einen Seite einen langen Strich, des, an der Popper liegenden Landes, sondern auch von der andern, den Gang des Flusses
Hernad, und in der äußersten Ecke des Zipser Komitats, auf einem Berge das berühmte Zipserhaus. — Uiber dem Popperssusse ist bey dieser XVI Stadt die erste gemauerte Brücke. Im Jahre 1774 erhielt sie die Freyheit Jahr- und Wochenmärkte zu halten. Die hiesige Papiermühle ist in dem beßten Stande, und hat guten Verschleiß. Die Kirche ist Katholisch, und dabey ein wohlgebauter Pfarrhof, Kirche und Glockenthurm, auf dem ein schönes Geläut ist, wiewohl das erste im Jahre 1593 den 17. Augusti mit der halben Stadt zugleich, in der durch einen Wetterstral entstandenen Feuersbrunst, völlig zerschmolzen ward.* Die Einwohner sind Deutsche, der Lutherischen Religion zugethan, und haben ihr Behthaus. Ihre Nahrung und Gewerb bestehet im Ackerbau, Brandweinbrennen, Bierbrauerey, Handwerken und Leinweben.
Auf der nämlichen Seite des Ufers, kaum tausend Schritte von Deutschendorf, liegt
8.
Michelsdorf, Michaelis Villa, Sztrasa, ist eine von den kleinsten XVI Kronstädten, die nur aus 84 Häusern bestehet, und auf einem angenehmen Hügel, etwas seitwärts von der Landstrasse liegt. Sie hat auf ihrem ganzen Gebiete kein Holz, und ist daher genöhtiget, alles von andern Orten zu erkaufen. Der Ackerbau wäre zwar für diesen kleinen Ort noch weitläufig genug, aber für ihr Vieh haben sie keine hinlängliche Weide. Aus dieser Ursache müßen sie ihre Pferde, davon sie Liebhaber sind, und gute Zucht haben, den Sommer über bis in den
*S. Selecta ex Chronicis Leibnitzerianis apud Wagner, in Analect. Scep. Part. II. pag. 66, ad Annum 1592.
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Gömörer Komitat, auf den Graf Koháryschen Theil von Königsberg, nicht ohne Gefahr und Unkosten, zu weiden verschicken. Es hat dieses Städtchen fleißige und arbeitsame Einwohner, die sich größtentheils vom Ackerbaue, Brandweinbrennen, und ihrer Handarbeit nähren. Die Katholische Kirche ist vor einigen Jahren schön erneuert und ausgebessert worden; die Evangelischlutherischen aber, welcher Religion fast alle Bürger zugethan sind, haben hier auch ihren Gottesdienst in einem Behthause. – Zwischen
Michelsdorf und
Deutschendorf stund ehedem
9.
Stoißdorf,
Stoinfalva. Von diesem Dorfe ist weiter nichts mehr zu sehen, als ein Stück Mauer einer verwüsteten Kirche; und das Feld, welches ehedem zu diesem Dorfe gehörte, besitzen nunmehr außer 60 Morgen Aecker, die an Deutschendorf gekommen sind, die
Georgenberger, unter dem Namen des Goldfeldes. Dieses erhielten sie aus besonderer Gnade vom Könige Siegmund im Jahre 1412 als ein Geschenk. Mittlerzeit ereigneten sich Umstände, um welcher willen der König den Ausspruch zu tun genöhtiget war, daß
Georgenberg an die Stadt
Leutschau jährlich 27 Goldgulden, das ist Dukaten, zahlen soll. Diese 27 Goldgulden zahlet Georgenberg noch bis diese Stunde, weiter aber nichts; und eben von dieser Zahlung hat das Stoißdorfer Feld den Namen des Goldfeldes erhalten. Nach Anleitung alter Urkunden und Schriften verhält sich diese ganze Sache folgendergestalt: Im Jahre 1412 gerieht das ganze Zipserland durch Theurung, Krieg und Pestilenz in eine große Verwüstung. Das nämliche Schicksal betraf auch nebst andern Ortschaften Stoißdorf, so, daß es gänzlich zu Grunde gerichtet, und von seinen Besitzern und Einwohnern völlig entblößt und verlassen wurde. Weil nun die Georgenberger ein sehr kleines Feld hatten, so suchten sie sich bey dieser Gelegenheit in etwas auszubreiten, und baten den König um dieses verlassene Stück Feldes. Der König gab den bittenden Georgenberger Bürgern gnädiges Gehör, und weil sich kein
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rechtmäßiger Besitzer und Erbe zu diesem Felde fand, so ertheilte er dasselbe, vermittelst eines besondern Schenkungsbriefs dieser Stadt zu einem ewigen Genüsse. Allein nach Verlauf zweyer Jahre fügte es sich, daß ein gemeiner Mann, Namens Michael Hank, aus der türkischen Gefangenschafft kam, der im besagten Stoißdorf eine Mayerschaft, oder einen adelichen Hof hatte. Als nun dieser erfuhr, daß das ganze Feld der Stoißdorfer, vom Könige Siegmund, den
Georgenbergern zum Eigenthume gegeben worden, beklagte er sich bey dem Könige, wie daß das Stoißdorfer Feld sein Eigenthum wäre, und aus diesem Grunde an niemand, ohne seiner Bewilligung, verschenkt werden könnte. Der König, der sein gegebenes Wort nicht mehr ändern wollte, ordnete zur genauen Untersuchung dieser Sache eine Kommission an, bey welcher es sich zeigte, daß besagter Michael Hank weiter nichts, als eine Mayerschaft darinnen gehabt hätte. Dieser Streit ward nun so entschieden und geendiget, daß Georgenberg diese Mayerschaft mit 450 Gulden bezahlen, das geschenkte Feld aber auf ewig behalten sollte. Dieses Geld hat Georgenberg erlegt, wie solches der Schein, oder die Quittung des M. Hanks, die sie noch in ihrem Archive aufbehalten, deutlich ausweiset. Allein es dauerte nicht lang, so beklagten sich die Besitzer von Schawnik, daß Stoißdorf ihnen zugehöret habe, und ihnen grosses Unrecht geschehe, daß oft erwähntes Feld der Stadt Georgenberg geschenkt worden sey. Damit nun der König auch diese zufrieden stellen möchte, so nahm er das Dorf Preinsdorf, Primoy, welches dazumal zu
Leutschau gehörte, und übergab es denen zu Schawnik zum Eigenthume. Nachdem nun diese befriediget waren, beklagten sich die Leutschauer neuerdings bey dem Könige, wegen angethanen Unrecht, mit der beygefügten Vorstellung, daß Preinsdorf ihr Eigenthum wäre, welches ihnen nicht schlechterdings könne entrissen und weggenommen werden. Bey dieser Gelegenheit wurden sie befragt: wie viel ihnen besagtes
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Dorf eingetragen hätte? Die Antwort war: Jährlich 27 Goldgulden. Hierauf that der König den Ausspruch: So sollen sie jährlich nur gedachte Zahl der Goldgulden von den
Georgenbergern zu empfangen haben. – Die
Deutschendorfer haben ihre 60 Erdjoch Aecker 29 Jahre eher von den Stoißdorfer Feld, nämlich im Jahre 1383 übernommen, und ist die Rede, daß sie es von einem Zipser Grafen Namens Hildebrand, erhalten hätten. Wie aber, und auf was Weise, ist bis itzt noch unbekannt.*
Stoißdorf selbst muß ein sehr kleines und wenig bedeutendes Dorf gewesen seyn; weil es ein kleines Feld, ohne Waldung hatte, und ihre Kirche, wie aus den vorhandenen Grundmauern zu ersehen ist, war kaum so groß, wie ein mittelmäßiges Wohnzimmer.
Hinter dem Goldfelde, nicht weit von einander liegen vier Dörfer:** Hohenfelz,
Johannsdorf,
Füllendorf und
Schwabsdorf. Es folget also in der Ordnung
10.
Hohenfelz, oder Hofelz, Hofeletz, ein kleines den Herren von Máriáschy und Okolitschány gehöriges Dorf, welches etwas erhöht liegt, zwey schöne adeliche Höfe hat, und weil es an der Landstrasse liegt, mit zwey gegenüber stehenden wohlgebauten Wirtshäusern versehen ist. Ein Theil von diesem Dorfe gehört zu den Sitze der zehen Lanzenträger, (Sedes superior decem Lanceatorum) und die dahin gehörigen Bauern, sind von aller Einquartierung und Vorspann frey. Das Feld ist nicht gar groß, aber gut und fruchtbar, dagegen leidet der Ort an hinlänglicher Waldung Mangel. Die Einwohner sind Schlawaken, und nähren sich vom Ackerbaue, Fuhrwerk, und dem Getraidehandel.
*Conf. Chronica Leutschoviens. Mscpta.
**Man darf sich über den aus dem Gebrauche gekommenen Namen Hohenfelz, an dessen Stelle das abgekürzte Hofelz beliebt worden ist, gar nicht wundern, denn man liest ihn solchergestalt in der Zipser Chronik, wo es heißt: Ao. 1662 den 19. Febr. war das Kaiserliche Hauptquartier in Hohenfelz und Schwabsdorf.
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11.
Johannsdorf, Gánocz, liegt etwas seitwärts außerhalb der Landstrasse in einer Tiefe, und hat mit Hofeletz die nämliche Grundherrschaft und Abtheilung, in Sedem superiorem & inferiorem. Das hiesige Kalkbad, dessen Wasser eine versteinernde und inkrustirende Kraft hat, wird bey Lähmungen, Gliederschmerzen, Ausschlägen und andern Krankheiten sehr gut gefunden, und gerühmt; daher es auch den ganzen Frühling und Sommer über von Christen und Juden häufig besucht und gebraucht wird. Der Feldbau ist größtentheils bergigt, die Waldung gering und die slawischen Einwohner treiben neben dem Ackerbaue einen kleinen Handel mit Obst und Zugemüße, welches sie aus dem Gömörer Komitate bringen, und in den umliegenden Städten verschleißen. Kaum etwas über 200 Schritte von hier ist
12.
Füllendorf, Filik, welches mit dem vorigen die nämliche Grundherrschaft hat, eben dergleichen Einwohner und Gewerbe, gehöret aber schon ganz zu dem obern Sitze der zehen Lanzenträger. Obgleich das Feld mit vielen Tussteinen belegt ist, so hat es doch ein schwarzes Erdreich, und trägt guten Waitzen. Der hier befindliche Säuerling, dessen sich die Einwohner und die und die Johannsdorfer Badegäste bedienen, hat bey der Qwelle einen guten Geschmack; trägt man ihn aber in einem Gefäße weg, oder läßt ihn darinnen eine Weile stehen, so verliert er viel von seiner Güte, und bekömmt einen Schwefelgeruch. Gleich hinter Hohenfelz, etwas tiefer herab, liegt neben der Landstrasse.
13.
Schwabsdorf, Schvabótz, ein mittelmäßiges Dorf, und erhebliches Eigenthum der Schwabischen Familie, welches aber seit vielen Jahren sich in den Händen der Herren Horwáth Stánsith als ein Pfand befindet. Die Einwohner sind Slawen, die größtentheils ein bergichtes Feld bauen, und davon, neben der hier gewöhnlichen Flachsarbeit leben. Ehedem war hier ein Postamt, welches aber etwas weiter nach Horka verlegt worden ist. Zu
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der hiesigen Katholischen Kirche und Pfarre gehören noch ewige kleine und aus wenigen Häusern bestehende Dörfer. davon die meisten in dem Sitze der zehen Lanzenträger begriffen sind; und weilte sich mehr dem
Hernad, als dem Flusse
Poprad nähern, so können sie in dieser Beschreibung keinen Platz einnehmen.
Nun müßen wir wieder auf das linke Ufer des Flusses gegen das Karpathische Gebirg sehen, wo wir drey von den XVI Kronstädten, als
Fölk,
Georgenberg, und
Mattsdorf neben einander erblicken. Diese, nebst dem bereits angeführten
Deutschendorf und
Michelsdorf, formiren in ihrer Lage betrachtet, beynahe einen vollkommenen Zirkel, davon Georgenberg der Mittelpunkt ist, und der Fluß
Poprad einen Durchschnitt machet. Alle diese fünf Städte liegen so nahe an einander, daß man aus jeder von den umliegenden in einer Viertelstunde, oder höchstens in 20 Minuten zu Fusse nach Georgenberg kommen kann. Es folget also in der Ordnung
14.
Fölk, Fwelka, Filka, die größte und volkreichste unter diesen 5 Städten, die man hier zusammen genommen, das Oberland zu nennen pflegt. Sie bestehet ungefähr aus 170 Häusern, und hat einen weitläufigen Ackerbau und Wieswachs, der aber wegen den sandigten Boden, nicht aller Orten der fruchtbarste und einträglichste ist. An hinlänglicher Waldung leidet dieser Ort eben so, wie die nahe dabey liegenden Städte, einen Mangel. Es giebt zwar in der Ebene etwas vom Gebüsche, welches ihnen in diesem Stücke einige Erleichterung verschaffet, und einen kleinen Kienwald, der meist nur zur Zierde erhalten, und auf die höchste Noht versparet wird; dem ungeachtet sind sie genöhtiget, sowohl Bau - als Brennholz aus fremden Gebieten zu erkaufen. Für ihr Hornvieh haben sie gute, und hinlängliche Weide, indem sie auch einen Theil der Chetene, oder Tschetene von der
Mariáschischen Familie, gegen eine auf beständig festgesetzte jährliche Zahlung zum immerwährenden Genüsse haben.
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Was hingegen ihre Pferde betrift, derer sie eine grosse Anzahl wegen dem Feldbau unterhalten, müßen diese den Sommer über anderwärts versorgt werden. Das sogenannte Fölkwasser, welches in dem Fölkgrunde aus dem Karpatischen Gebirge entspringt, stießet mitten durch diese Stadt, treibet eine vortreffliche Getraide- und Sägmühle, und ergießet sich endlich bey
Georgenberg in den Popperfluß. Ehemals war hier auch eine Papiermühle, weil aber der Bach, von dem sie getrieben ward, unreines Waßer führte, und im Winter zufror, folglich die Arbeit nicht fortgesetzet werden konnte, auch das Papier nicht weiß genug ausfallen wollte, so ist mittler Zeit das ganze Werk ver-nachlaßiget worden, und völlig zu Grunde gegangen. Die Einwohner, die sich mit dem Ackerbaue, Brandweinbrennen, der Flachsarbeit, und zum Theile mit Handwerken beschäftigen, sind alle Deutsche, meist der Lutherischen Religion zugethan, und haben ein geräumiges Behthaus. Die Pfarrkirche aber, die dem Heil. Evangelisien Johannes gewidmet ist, nebst dem schönen Pfarrhofe, haben die Katholischen im Besitze.
15.
Georgenberg, Mons S. Georgii,
Szombathely, Spißka Sobota, und in alten Schriften Szent Gyur genannt. Dieser Ort wurde von jeher für den schönsten unter den ehemaligen XIII Städten gehalten. Er liegt in einer lustigen Gegend auf einem anmuhtigen Hügel, von dessen Mittagsseite die Popper vorbey stießet. Er ist beynahe in Form eines Dreyecks angeleget, und fast alle Häuser sind von Steinen zwey Stockwerke hoch aufgeführet, auch die Gänge von denselben mit breiten Steinen gepflastert. Ihr ehemaliger
Starost, der Fürst
Lubomirsky fand hier, so oft er in der Zips war seinen beliebtesten Aufenthalt. Der Ort ist an sich selbst sehr klein, und begreift nicht einmal hundert Häuser, außer den etlichen, die gleichsam die Vorstädte ausmachen, in seinem Umfange, dabey aber wegen dem stäten Besuche der umliegenden Einwohner, die man täglich und stündlich auf
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und abgehen stehet, lebhaft. Denn alles, was zum Verschleiße ist, wird hierher gebracht, und so jemand etwas nöhtig hat, kann er es hier einhandeln und erkaufen. Die aus lauter Geistlichen bestehende Josephinische Brüderschaft hat hier ihre Versammlungen, und ihre Fundationen in Geldkapitalien. Die Einwohner selbst sind gegen Fremde leutselig und freundlich, sprechen schön deutsch, gehen gut gekleidet, leben bürgerlich, und geben sich mit der Bauernarbeit gar nicht ab, indem sie aus lauter Handwerkern und Handelsleuten bestehen. Von der Mittagsseite gehet man über eine auf drey Bögen gemauerte Brücke, daneben ein Hospital stehet, durch ein gemauertes Thor in die Stadt. Auf dem Markte stehet die Pfarrkirche, der Kirchthurm, der Glockenturm, die Schule und das Rahthaus, und an dem andern Ende der Stadt ein von Steinen aufgeführtes Evangelisches Behthaus. Allein die im Jahre 1775 den 2ten May hier ausgebrochene Feuersbrunst hat diesen Ort so sehr herunter gebracht, daß er sich auch bis itzt noch nicht recht erholen kann, sondern es scheinet fast, als wenn derselbe, von Einwohnern immer mehr entblößt, in eine Abnahme zu gerahten anfange. Häuser und Grundstücke werden zum Verkaufe angebohten, und finden keine Abnehmer, um welcher Willen sie ehedem in die Wette gestritten haben, sobald etwas von dergleichen Dingen seil gebohten wurde. Es ist auch kein Wunder, wenn man sich vorstellet, daß in dieser Feuersbrunst manche von den beßten Bürgern, sammt ihren Kindern in ihren eigenen Wohnungen erstickt, und jämmerlich um ihr Leben gekommen sind; andere wieder, die ihr ganzes Vermögen eingebüßet, haben diesen verunglückten Ort völlig verlassen, und anderwärts Nahrung und Wohnung gesucht. Das schöne Rahthaus und der Kirchthurm stellen noch das traurige Andenken dieses Brandes vor, der in einer Stunde ein sehr schönes Städtchen beynahe verwüstet hat. — Es werden darinnen des Jahres vier Jahr- und Viehmärkte gehalten, und alle Sonnabende
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Wochenmärkte. Das Feld ist sehr klein, und daher auch die Viehzucht eingeschränkt, welches eben die Ursache seyn mag, daß sich die
Georgenberger von jeher auf Handwerke, und außer dem Ackerbau,auch aufandere Gewerbe geleget haben. In den vorigen Zeiten hatten sie mit Bier und Brandewein, sowohl in die umliegenden Oerter und Dorfschaften, als in das benachbarte
Liptauer Komitat guten Verschleiß, und erhielten dagegen wohlfeiles Bau- und Brennholz: nunmehr aber, da die Grundherrschaften aller Orten Brauhäuser und Brandweinbrennereyen aufgerichtet haben, und der Preis des Holzes von Jahr zu Jahre steiget, so wird ihnen diejes Gewerbe nicht allein erichwert, und vermindert, sondern bey nahe gänzlich entrissen. Gegenwärtig sind die Handwerke, Leinwand und Flachsarbeit, etwas Handel und Krämerey, nebst dem wenigen Ackerbaue, den sie durch andere bestellen müßen, ihre hauptsächlich Nahrungszweige. Waldungen haben sie gar keine in einem wirklichen Besitze und Genüsse, wohl aber schöne Dokumente und Briefe, aus denen zu erweisen wäre, daß sie einen ziemlichen Strich Waldes, an dem Karpatischen Gebirge rechtmäßig besessen und genossen haben: allein bey der verschiedenen Regierungsveränderung, und unter mancherley Unruhen im Lande, haben sie denselben, wer weis auf was für eine Art, verloren. Dieser Verlust gieng ihnen nicht so nahe, da sie noch wohlfeiles Holz hatten, allein bey Wahrnehmung des Mangels davon, fängt man an sich zu besinnen, und den verlohrnen Wald zu suchen.
16.
Mattsdorf, Matthaei Villa,
Matheotz, Matejowcze, liegt nahe an dem Flusse
Poprad, und hat von dieser Seite des Flusses einen fruchtbaren Boden an Wieswachs und Getraide, jenjeit desselben aber einen ziemlich steil erhabenen Hügel, der ihm den wenigen Feldbau überaus beschwerlich macht. — Außer dem Ackerbaue beschäftigen sich die Einwohner dieses Orts mit der Flachsarbeit auf das fleißigste, und brennen dabey viel Brandewein, ob
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sie gleich keine Waldungen haben, sondern alles nöhtige Holz dazu erkaufen mäßen. Wie man sagt: so kömmt ihnen bey diesen Brandweinbrennen ein gewisses Wasser, der Rohtbach genannt, welches hier durchfließt, sehr wohl zu statten: indem sie es nicht allein nahe bey der Hand haben, und ihnen dasselbe zur Erleichtrung ihrer Mühe sehr vieles beyträgt, sondern man halt dafür, daß sogar das Malz, welches vermittelst dieses Wassers zubereitet, und ausgebrannt wird, um ein Merkliiches ergiebiger sey; das Getränke auch selbst einen angenehmen und lieblichen Geschmack dadurch erhalte. Dagegen wollen andere auch dieses wieder behaupten, daß der
Mattsdorfer Brandwein lange nicht so dauerhaft, wie der übrige in der Zips sey , sondern nach und nach durch die Länge der Zeit, seine Kraft und Güte immer mehr und mehr verliere. Genug aber an dem, daß hier eine Menge dieses Getränkes zubereitet, und in andere Komitater verführet wird. Dabey treiben sie einen Handel mit Bier, und besonders mit Brandweinessig, den sie fast täglich in alle umliegende Städte und Ortschaften von Hause zu Hause herum tragen, und nach der Halbe verkaufen. Der Ort ist zwar klein, und die Anzahl der Häuser wird sich nicht viel über 100 belaufen, allein die Emsigkeit der Einwohner erhalt sie in einem ziemlichen guten Stande. Sie unterhalten wegen ihrem Feldbau und Handel eine merkliche Anzahl von Pferden, darunter nicht wenige von solcher Zucht und Wachsthum sind, daß man sie ohne Bedenken in herrschaftliche Kutschen spannen kann. Die hier dem Heil. Könige Stephan gewidmete Pfarrkirche nebst dem Pfarrhause, haben die Katholischen im Besitze, und die Evangelischen, welcher Religion fast alle zugethan sind, besitzen ein hölzernes Behthaus. In beyden wird das Volk in deutscher Sprache unterrichtet; weil hier nur diese geredet wird.
Gleich neben
Mattsdorf, aber etwas seitwärts gegen das Karpatische Gebirg, liegen zwo von den Xl Städ-
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ten, welche der
Gräfl. Cschákischen Familie unterthan sind, nämlich: Groß Schlagendorf und
Mühlenbach.
17.
Groß Schlagendorf,
Nagy-Szalok, Welky Slawkow, hat ein schönes fruchtbares Feld, für Schaafe und anderes Vieh gute Weide, und zu seinem Bedürfnisse hinlängliches Brenn- und Bauholz am Karpatischen Gebirge. Der hier befindliche Sauerbrunn, welcher einen Elsenvitriol mit sich führet, ist wegen seines reinen Geschmacks sehr beliebt; und je heiterer der Himmel, und je wärmer die Luft ist, um desto durchdringender ist derselbe; weil er aber von den umliegenden Ortschaften etwas entlegen ist, so wird derselbe nur wenig gebraucht. Auch durch diesen ziemlich grossen Ort fließet der Rohtbach, er kömmt aus dem Karpatischen Gebirge, und stürzt sich unter
Mattsdorf in die Popper. Die Einwohner reden noch die alte sächsische Sprache, sind meist der Lutherischen Religion zugethan, und weil die Kirche und Pfarre Katholisch ist, so gehen sie zum Gottesdienste in die benachbarten Behthauser. Der Ackerbau, den sie fleißig und ordentlich pflegen, auch die Flachsarbeit und Brandweinbrennerey, verschaft ihnen hinlängliche Nahrung. Im Jahre 1768 ist dieser Ort von einem Wetterstral angezündet, und völlig in die Asche gelegt worden; doch hat er sich nun schon soweit erholet, daß sich seine Einwohner wieder in ziemlich gutem Stande befinden.
18.
Mühlenbach, oder Millenbach, liegt etwas näher gegen den Fluß
Poprad, hat eben solche Einwohner, als Groß Schlagendorf, allein ihr Feldbau ist nicht so einträglich und fruchtbar, doch nähren sie sich neben der Leinweberey und Flachsarbeit meist von demselben. Nahe an dem Orte liegt ein schöner und lustiger Fichtenwald, welcher der Mühlenbacher Busch genennet wird, der aber nicht lange dauern könnte, wenn er nicht geschonet würde. Um also diesen zu erhalten, müßen sie ihr meistes Holz aus dem Karpatischen Gebirge holen. Durch diesen Ort fließet ebenfalls ein aus dem Karpate herab
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rollendes Wasser, welches hier eine Mühle treibt, und nicht weit davon durch die Popper verschlungen wird. Es heißet der Mühlbächer Graben, und schwillt zuweilen gewaltig an. — Zwischen Groß Schlagendorf und Mühlenbach liegt etwas seitwärts ein kleines Dorf,
19.
Neuwalldorf,
Uj-Leszna, Nowa Leßna genannt. Die eine Hälfte davon gehört der
Berzeviczischen, die andere aber der
Horváth Stansithschen Familie. Weder ihr Feldbau noch ihre Waldung ist sonderlich beträchtlich; daher suchen sich auch die Einwohner desselben, welche eben so, wie die vorigen Deutsche sind, mit dem Fuhrwerks der Gemseni ... g ... Flachs- und andern kleinen Landhandel auf verschiedene Art durchzubringen.
Diesen hier Nro. 16, 17, 18, und 19 angeführten Ortschaften gerade gegen über, an der rechten Seite des Flusses liegt abermal eine von den XI Städten.
20.
Groß Eißdorf, Isaac,
Szakotz, Zakowce. Hat deutsche Einwohner, keine Waldungen, dagegen aber einen sehr weitläufigen und guten Ackerbau, welcher hier mit solcher Macht betrieben wird, daß mancher Hauswirt auch wohl 12 bis 16 Pferde zur Bestellung desselben unterhatten kann. Der Holzmangel wird aus den Graf
Cschákischen Kabsdorfer mächtigen Waldungen ersetzt; das Mahlwerk aber, nachdem sie auf ihrem eigenen Gebiete kein Wasser haben, welches eine Mühle treiben könnte, genießen sie in den um und bey dem Popperflusse errichteten Mühlen. Man hat eine mündliche Uiberlieferung daß dieser Ort im vergangenen Jahrhunderte, vielleicht im Jahre 1662, um welche Zeit die Pest in dieser Gegend grausam gewütet hat, aller seiner Einwohner, durch diese Seuche auf einmal verlustig geworden sey, also, daß auch alle Früchte uneingeärndet auf dem Felde geblieben, und dort, den darauf folgenden Winter verdorben sind. Das Neh soll entweder verschmachtet, oder sich in die Wälder und andere Oerter verlossen haben. Als nun dieser Ort durch besagten traurigen Zufall völlig verwüstet worden;
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so suchte man ihn mit einer Kolonie von Schwaben zu besetzen. Allein das Land und die Lebensart gefiel ihnen nicht sonderlich, daher verließen sie es bald wieder, bis auf einen oder den andern, davon noch zwey Familien ihrer Abkömmlinge vorhanden sind, und sich hier unter den Namen von Schwaben, aufhalten. Die übrigen Einwohner sind nun abermal Zipserische Sachsen, die mit ihrem Ackerbaue und der Pferdezucht gut fortkommen. Es ist hier eine Katholische Kirche, Pfarre, und vor derselben eine schöne dem heiligen Johann von Repomuck zu Ehren neu aufgerichtete Kapelle. Die Religion ist zum Theils Katholisch, größtentheils aber Lutherisch.
Zwischen Eißdorf und
Michelsdorf ist an der Mittagsseite das sogenannte wüste Feld, von einem weitläufigen Umfange und gutem Boden. Der Mangel des Wassers und des Holzes ist die eigentliche Ursache, daß hier bis dato kein Dorf stehet, sondern nur ein paar adeliche Mayerhöfe sich befinden. Das ganze Feld aber, auf welchem man hier und dort Rosensträuche erblickt, wird dennoch mit Gerste und Haber besäet, und trägt gute Früchte, besonders wo es gedüngt werden kann.
Wenn man nun wieder fest an den Fluß
Poprad kömmt, so triftt man auf der gewöhnlichen Landstrasse von beyden Seiten des Ufers zwey fast gegen einander stehende namhafte Dörfer an, An der linken oder Nordseite des Ufers liegt
21.
Groß Lomnitz, Mega Lomnitzium,
Kakas Lomnitz, Welka Lomnitza. Ist ziemlich groß, volkreich und hat außer einigen adelichen Höfen zwey schöne Kastelle. Die Kirche ist hübsch gebaut, und auf dem Kirchturme stehet ein Hahn, von dem vielleicht der Ort seinen ungrischen Beynamen erhalten hat. Lomnitz aber heißt er von dem Flusse Lomnitza, dessen in allen Schriften und Schenkungen gedacht wird,* wenn es zu erweisen
*S. Wagneri Analecta Scepusii Sacri & Profani. P. I. pag. 112.
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wäre, daß ein oder der andere Fluß, der bey diesem Dorfe in die Popper fällt, also geheißen hätte. Denn es erhält hier die Popper durch zween Flüße, die aus dem Karpatischen Gebirge entspringen, einen merklichen Zuwachs. Der erste ist der
Kahlbach, welcher aus einem Thale des gedachten Gebirges gleiches Namens entstehet, und Siegelerde (Terram Sigillatam) mit sich führet. Der zweyte ist der
Steinbach, welcher sich aus dem
Steinbachersee auf das flache Land ergießet. Weil also dieser Ort mit fließendem Wasser reichlich versehen ist; so fehlet es ihm an guten Mühlen nicht, welche auch andern, vom Wasser entlegenen Dorfschaften zu statten kommen. Das Gebiet dieses Dorfs erstreckt sich sowohl diesseits, als auch jenseits der Popper, und ihre Waldungen bis in das Karpatische Gebirge, von dem sie die höchsten Spitzen innen haben. Ehedem hatten sie Holz im Uiberflusse, nun aber müßen sie, theils wegen Zuwachs der Einwohner, theils aber wegen übelgeführter Haushaltung, damit sparsam umgehen. Hingegen haben sie desto mehr Waide für das Vieh, und Ackerbau genug, nur daß dieser in einigen Orten sandigt und steinigt, folglich nicht allenthalben ergiebig ist. Die Einwohner sind Deutsche , der Religion nach Katholisch und Evangelisch, und nähren sich hauptsächlich vom Ackerbau und der Flachsarbeit. Doch giebt es auch viele Handwerker darinnen, besonders aber Schuhmacher, die zwar wenig Schuhe verfertigen, sondern neben der Wirtschaft Felle von allerhand Thieren ausgaben, und alsdann solche an die in den Städten wohnenden Schuh - und Zieschmenmacher verkaufen. Die Brücke, die hier über den Popperfluß, auf Veranstaltung des Löbl. Zipser Komitats, erst im verflossenen 1780ten Jahre mit vier steinernen Bögen aufgeführt worden ist, hat in dieser ganzen Gespanschaft ihres gleichen nicht. — Gleich neben derselben stehen die Mauern einer verwüsteten Kirche, von der man nicht viel Zuverläßiges sagen kann. Ob hier das
Hunßdorfer Kloster gestan-
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den, von dem man in einigen Jahrbüchern findet, daß dasselbe um das Jahr 1222 erbauet worden,* oder die S. Mariae Abatia Cicterciensium in Scepusio fundata, welcher
Péterfy gedenket,** ist schwer zu bestimmen, nachdem man außer diesen Kirchmauern, weder hier noch bey Hunßdorf die mindeste Spur von einem Kloster und dergleichen Gebäuden finden kann. Es hat dieses Dorf von der Berzeviczischen und Székelyschen Familie verschiedene Grundherrschaften. Wenn man neben dem
Kahlbache hinauf gegen das Karpatische Gebirg gehet, so kömmt man auf das kleine Dorf
22.
Altwalldorf,
Ó-Leszna, Stara Leßna, welches hart am Gebirge lieget, und mit vielen Kieselsteinen, die mit dem
Kahlbache herausrollen, angefüllet ist. Es hat eben so, wie Lomnitz deutsche Einwohner, die vom Ackerbaue, dem Flachsbaue, und zum Theile von der Gemsenjagd leben. Da das Dorf nur klein ist, so hat es auch kein weitläuftiges Feld, aber zu seinem Bedürfnisse hinlängliche Waldung und Viehweide. Es hat seine Grundherrschaft in Lomnitz und Hunßdorf.
23.
Hunßdorf, Hunisvilla, liegt auf der andern Seite des Flusses, eine viertel Stunde von Groß Lomnitz und etwan eine halbe Stunde von Kaißmark. Der Name Hunßdorf rührt nach einiger Meynung von der Henne her, die auf dem Kirchthurme stehet, so wie die Lomnitzer den Hahn auf demselben haben. Andere hingegen wollen diese
Benennung von den Hunnen herleiten, die hier und in Kaißmark im Jahre 441 den Römern eine blutige Schlacht geliefert haben sollen.
Fröhlich berichtet davon in seinem Chronico Hungarico Scepusiensi aus dem Bonfin folgendes: "Im Jahre 441 haben die Hunnen mit den Römern im Kaißmarker Felde,
*S. Excerpta ex Chronicis Scepusiensibus apud Car. Wagner. in Analectis Scepusii Sacri & Profan. P. II. p. 8.
**Péterfy Conc. Reg. Hung. pag. 275. Synodo Dioecesana sub Ferd. II. habita.
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von der ersten Stunde des Tages bis auf die neunte Stunde gestritten und scharmutzieret; allda ist
Matrin, der eine Römische Hauptmann, auf den Platz geblieben. Der andere
Tetrikus, ward mit einem Pfeil in die Seite verwundet, doch nicht tödtlich, daher er mit seinem übrigen beschädigten Haussen davon geflohen, und das Eisen vom Pfeile in der Wunde behalten, darinnen es so fest gestecket, daß man es bald nicht hat daraus ziehen können, bis nach Rom gebracht, und dasselbe dem Römischen Rahte als ein Zeichen seiner Mannhaftigkeit gezeiget. In dieser Schlacht sind 40,000 Hunnen umgekommen, und die Römer, derer noch dreymal soviel geblieben, überwunden worden. Haben also die Hunnen einen blutigen Sieg davon getragen. Hingegen aber sind die Römer durch diese einzige Niederlage so geschwächt worden, daß sie nachmals in vielen Jahren sich wider die Hunnen nicht aufmachen durften." – So fremd auch diese Erzählung den meisten Geschichtschreibern vorkömmt, so findet sie dennoch hier einen ziemlichen Schein der Wahrheit. Man zeiget noch eine gewisse Gegend, die den Namen des Streitfeldes führet, und eine auf diesem Felde aufgeworfene Erde, die man den Hunnenhauffen nennet. Nicht weit von
Kaißmark bey
Bauschendorf werden in der Gestalt erhöheter Wälle, der Hunnen Gräber gezeiget. Ja vor wenig Jahren sollen bey Hunsdorf, da man an dem Ufer des Popperfiusses einen Keller ausgraben wollte, nicht allein allerhand Todtengerippe, sondern auch römische Münzen, mit Asche angefüllte Töpfe oder Urnen, vielleicht auch Arähnengefäße gefunden worden seyn. Alte Hunnische Waffen hat man in dieser Gegend zu mehrmalen mit dem Pfluge ausgeworfen. Es ist aber zu bedauern, daß dergleichen Uiberbleibsel von Alterthümern, nur selten Kennern , die sie beurtheilen können, in die Hände gerahten, Andern vor der Zeit achtlos hingeworfen, oder zerstöret werden. Von dieser Schlacht der Hunnen, die hier vorgefallen seyn soll, hat also, wie einige dafür halten, die-
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ser Ort den Namen Hunsdorf bekommen. Folglich scheinet es ungereimt und lächerlich zu seyn, wenn man aus Hunsdorf Hundsdorf machen wollte, und das Dorf im Latein Villam canis nannte. – Das Gebieht dieses Dorfs erstrecket sich sowohl diß, als jenseits des Flusses, bis an die Spitzen des Karpatiscben Gebirges, und muß daher wegen dem Feldbau und den Holzfuhren ebenfalls über denselben eine Brücke halten. – Der Ackerbau, davon sich die Einwohner nähren, ist nicht der schlechteste; die Waldungen aber sind auch hier in der Abnahme. Sie haben die nämliche Grundherrschaft mit den Lomnitzern, und der Ort wird von Deutschen und einer grossen Anzahl Juden bewohnt. Die Katholischen haben ihren Gottesdienst zu Hause, der von einem Pauliner besorgt wird ; die Lutheraner aber gehen nach Kaißmark, wo sie sich auch taufen und kopuliren lassen: die Juden endlich, die sich mit allerley Handel nähren, haben eine wohlgebame Synagoge.
Auf eben der Seite des Popperflusses, wo Hunßdorf steht, liegen in einer Reihe Ostwärts gegen
Leutschau zu, abermal vier von den Sechszehn Städten, als
Leibitz,
Menhardsdorf,
Durlsdorf, und
Rißdorf. Es folget also:
24.
Leibitz, Leibitzium,
Libitza, Lübiza. Sie ist eine von den ältesten Zipser Kronstädten, welche bereits im Jahre 1204 von Sachsen bewohnt war; ziemlich groß, volkreich, und nur eine Viertelstunde von Kaißmark entlegen. Der Richter dieser Stadt hat von jeher vor allen XIII Städter Richtern den Rang, und bey allen ihren Versammlungen, nach dem Grafen den ersten Sitz gehabt. Sie hat ein weit ausgedehntes Gebieht, weitläufigen Ackerbau, und grosse, zum Theile aber von dem Orte sehr entlegene Waldungen. Die Erbsen gerahten hier fast eben so gut und schön, wie auf dem Leutschauer Boden. In der Stadt selbst giebt es viele Tuchmacher, die von hiesiger Schaafwolle Pferdedecken, und allerhand
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grobes, weiß, schwarz, oder graues Tuch, so, wie die Natur der Wolle die Farbe giebt, verfertigen, davon sich die Bauern zu kleiden pflegen. Der Schnupftaback, welcher hier verfertigt wird, findet in dieser ganzen Gegend grossen Beyfall, und wird in ziemlicher Menge in andere Oerter vertragen, und an die Liebhaber verschließen. Das Leibitz Wasser fleißet durch einen Theil der Stadt, nähret schöne Forellen, und treibt einige Mühlen. Die Freyheit, sowohl Jahr- und Wochenmärkte zu halten, haben zwar die Leibitzer allein; wegen dem nahe gelegenen Kaißmark aber, wo solche im starken Flore sind, können diese nicht recht empor kommen. Daher haben die Einwohner ihre meiste Nahrung vom Ackerbau, den Handwerken, und vom Verschleiße des Holzes, welches sie nach Kaißmark verführen. Die Stadtkirche und der Pfarrhof sind schöne Gebäude, welche durch Erneuerung und Verbesserung, vor einigen Jahren ein recht hübsches Ansehen erhalten haben. Es wird auch die hiesige Pfarre, in Ansehung der Einkünfte, für die beste und reicheste fast in der ganzen Zips gehalten; indem man das Einkommen derselben bis auf 7000 fl. berechnen will. Die Evangelischen halten ihren Gottesdienst in einem Behthause. In vorigen Zeiten soll diese Stadt viel größer und volkreicher gewesen seyn, da sich die Anzahl ihrer Häuser bis auf 800 belief: heut zu Tage aber wird man kaum die Hälfte davon zählen. Die öfteren Feuersbrünste, die in den Jahren 1659, 1680, und 1708 entstanden, haben diesen Ort nicht wenig verwüstet, und ihn sowohl um seine Einwohner, als um das Vermögen gebracht. - Auf dem Leibitzer Gebiete stehen zwey zu der Stadt gehörigen Dörfer, das Schwefelbad nämlich und
Mayerhöfen.
25. Das Schwefelbad ist so klein, daß es kaum den Namen eine Dorfs verdient, und bloß wegen dem allda befindlichen Baade bekannt ist. Das Wasser, welches dazu gebraucht wird, hat einen starken Schwefelgeruch, und ist bey der Qwelle so kalt, daß es von den Badegästen,
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bis es vertragen können, und ihrer Gesundheit zuträglich zu seyn glauben, auch für Durst getrunken werden kann. Wenn man sich also baden will, so muß dieses Wasser warm gemacht werden. Man hält dafür, daß der äußerliche und innerliche Gebrauch dieses Wassers, wider die Krätze und allerhand Ausschläge besonders dienlich sey. Die dabey wohnenden Leute sprechen Rußnyakisch, und bekennen sich zu der Griechisch unirten Kirche, haben neben einem kleinen Ackerbau schöne Viehzucht, und in den umliegenden Wäldern gute Weide für dieselbe. Dabey beschäftigen sie sich auch mit Verfertigung den Schindeln, dazu sie das benöhtigte Holz haben, und damit recht gut umzugehen wissen.
26.
Mayerhöfen, Majerek, ist ein mittelmäßiges Dorf, und von Holz, womit es reichlich versehen ist, schön gebauet. Kirche und Pfarre haben die Katholischen im Besitze, die Einwohner aber sind Evangelisch, sprechen deutsch, und nähren sich von ihrem Feldbaue, und dem Vorrahte des Holzes sehr gut.
27.
Menhardsdorf, Menhardivilla, Werbow, eine Sechszehn Stadt, eine halbe Stunde von Kaißmark entlegen, ist nicht sonderlich groß, noch volkreich, und bestehet nur aus ungefähr 120 Häusern; hat aber einen schönen Ackerbau, den die Einwohner fleißig treiben, und ihre meiste Nahrung davon erhalten, wobey sie auch gute und starke Pferde ziehen. Waldungen haben sie zwar nicht überflüßig, dennoch aber zur Nohtdurft. In demselben giebt es manches Jahr sehr viele
Tartofeln oder Kirchenschwämme, welche diese Leute sehr gut aufzususchen wissen, und solche frisch nach dem Gewichte in den umliegenden Städten evrkaufen. Alle Einwohner sind Deutsche, und der Religion nach Katholisch und Evangelisch. Die Katholischen besitzen die Kirche und Pfarre, die Lutheraner aber ein Behthaus.
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28.
Durlsdorf, Durandivilla, Twarozna, ist nur durch einen Hügel von Menhardsdorf abgesondert, hat ein weitläufiges, aber bergiges Feld, und einige mit Lerchen- und Kienbäumen besetzte Waldungen. Der Ort ist klein, und bestehet nur aus etlich und achtzig Häusern, liegt aber in einem anmuhtigen Thale, fast in der Mitte zwischen
Leutschau und Kaißmark. Im Jahre 1775 den 1sten May ist dieses ganze Städtchen, Kirche, Kirchthurm, Behthaus und alle übrigen Gebäude bas auf das Wirtshaus abgebrannt. Itzt sind alle Häuser darinnen von Steinen aufgeführet, auch das Evangelische Behthaus, mit allergnädigster Erlaubniß der grossen Maria Theresia, glorreichen Andenkens, neu aufgemauert worden. Die Einwohner sind Sachsen, und nähren sich vom Ackerbaue, der Flachsarbeit, und der Brandweinbrennerey.
29.
Rißdorf, Rusquinium, Ruszkonotz, Rußkinowce, ist gleichfalls eine von den kleinsten sechszehn Städten, die nicht viel über 80 Häuser zählen wird. Sie leigt schon näher gegen Leutschau, in einem tiefen Thale, mit lauter Bergen und Waldungen umgeben. Holz hat Rißdorf im Uiberflusse; weil aber die Felder sehr bergig, und zu bauen überaus mühsam sind, so wird der größte Theil davon nur mit Haber gesäet. Die Einwohner sind Deutsche, und leben außer einigen Handwerlern, größtentheils vom Ackerbaue, der Leinweberey und dem Verschleiße des Holzes, welches sie in die benachbarte Stadt Leutschau verführen. Die Katholischen haben die Pfarrkirche, die Evangelsichen aber ein Behthaus.
So weit gehet der obere Theil des Flusses
Poprad; in der
Fortsetzung wird der untere Theil desselben folgen.