Bl\xE4ttern:
< zu Text V –
zu Text VII >
(p 123)
Warum ich diesen Gegenstand wieder in Anregung bringe? auf diese Frage mu\xDF ich zuerst antworten:
Erstens geh\xF6rt es \xFCberhaupt zu einer pragmatischen Geschichte von Ungern, die unsre Nachkommen einmal haben sollen, zu wissen, wer die fremden V\xF6lker gewesen, die sich unter den Madjaren angesiedelt, und von denen die letzteren so manche Sitten und Gebr\xE4uche angenommen haben?
Zweytens: Da man seit einiger Zeit viel Aufmerksamkeit auf unsere alten Dekrete in dem Corpore Juris und auf ihre Erkl\xE4rung gewendet hat: so d\xFCrften Beytr\xE4ge hiezu nicht unwillkommen seyn. Noch neulich hat der nicht unbekannte Kommentator des
Andreanischen Dekrets (in des
Kovachich Vestigiis Comitiorum, S. 118.) versprochen: Quae gens
Isma\xEBlitarum fuerit, alibi ex-
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tricabimus zur Zeit aber noch nichts davon erf\xFCllet.
Drittens: Das \xE4ltere ungrische Magazin hat im
zweyten St\xFCcke des zweyten Bandes auf der 253igsten Seite, des Domherrn
Salagys alte Meynungen hier\xFCber verbreitet, und es wird also das neue Magazin so billig seyn, auch die neuen und zum Theile entgegen gesetzten Hypothesen den Lesern nicht zu vorenthalten. Endlich aber
Viertens, w\xFCnschte ich schon l\xE4ngst eine Gelegenheit, meine Landsleute, deren Muttersprache sehr h\xE4ufig die slawische ist, zum Studium der russischen Annalen und der russischen Literatur, das ihnen, so bald sie die russischen Buchstaben kennen, unendlich leicht seyn mu\xDF, zu ermuntern. Was ich hier sage, gr\xFCndet sich alles in russischen Annalen, und eben so l\xE4\xDFt sich noch eine Menge von neuem Stofe zur ungrischen Geschichte aus ihnen sch\xF6pfen. — Nun zur Sache, die ich mit Hinweglassung des Bekannten ganz kurz vortragen will.
I. Die Bulgaren sind allerdings -— aber nicht europ\xE4ische, 1) sondern
asiatische Bul-
1) Wie Herr Szalagy glaubt.
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garen. Wir wissen, 2) da\xDF sich unter den Jahren 642 — 668 der bulgarische Hauptstamm in f\xFCnf Aeste theilte, wovon einer nach
Pannonien gerieht, und bis auf die Ankunft der Ungern \xFCber die Slawen und
Wlachen herrschte, nachdem er selbst vorher den
Awaren unterth\xE4nig gewesen war; der andere aber erst am
Dnester und
Dnepr Sitze aufschlug, sich aber hernach um das Jahr 678 nach
Mysien und
Thrazien hineinst\xFCrzte, dort das Reich der europ\xE4ischen Bulgarey gr\xFCndete und das Christenthum annahm. — Das in Asien noch immer bestehende Mutterland der Bulgaren hie\xDF nun bey den Byzantinern das schwarze Bulgarien, 3) welches sich nach den russischen Annalen 4) in drey Theile, in Bulgarien a) an der
Wolga, b) an der
Kama und c) in das
kasanische Bulgarien theilte.
Da\xDF nun die
Ismaeliter welche unter dem
2) Aus Stritter II. 723 u. folgg.
3) [GRIECHISCH] Constant. Porphyrog. beym Stritter II. B.S. 1042.
4) Daher die Namen Bolgare woloshkie, Kamskie, Kasanskie. Nestor ad anni, 160. 1229. - - -
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Toxus einwanderten, keine europ\xE4ischen Bulgaren waren, konnte man schon daraus schlie\xDFen, da\xDF der
Anonymus Belae Notarius, der das Wort Bulgaria sehr wohl kennt und oft gebraucht, sich dennoch eines andern Namen Bular bedient, der in mehreren Schriftstellern des Mittelalters vom asiatischen Bulgarien gebraucht wird. 5) Aber v\xF6llig evident wird die\xDF aus den russischen Annalen. In diesen hei\xDFen die asiatischen Bulgaren ganz offenbar und mehrmals
Ismaleliten und
Sarazenen 6) die dem
Bachmuth, das hei\xDFt: dem Mahomet zugethan waren, 7) welches sehr gut mit unseren Gesetzen \xFCbereinstimmt, die mehrere
5) Vincent. Belluacensis, Libro 32. cap. 23. comania ab aquilone habet Byleros, id est: maguam Bulgariam.
6) Die Hauptbeweisstelle - - - neben vielen andern ist beym Nestor nach der Schl\xF6tzerischen Ausgabe beym F. 990. im ersten Bande: Bolgari, ishe Ismailtane glagoljut sa, i Sratzini.
7) Die Sarazenen oder Bulgaren kamen zu dem noch heidnischen Wladimir dem Grossen und sagten zu ihm: Unterwerfe dich dem Vachmuth: poklonajsa Bachmutju. Nestor ad ann. 986.
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von ihren mahomedanischen Gebr\xE4uchen namentlich erw\xE4hnen. Wie diese Bulgaren in Asien zu ihrem Mahometismus gekommen seyen, geh\xF6ret nicht hieher. Diese Nazion war wenig kriegerisch 8) aber dem Handel ergeben 9) und in den russischen Annalen kommen folgende ihrer St\xE4dte vor:
Brachimow am
Kamaflusse,
Tugtschin an der
Wolga,
Bogard,
Sabakul,
Tschelmat,
Cchomol,
Torotschesk und
Kasan. — Von dem uralten Geschlechte der bulgarischen Nazion k\xF6nnen wir nur so viel muhtma\xDFlich behaupten, da\xDF es von den Mongolen,
Kumanern, Russen und Ungern urspr\xFCnglich verschieden gewesen sey. 10) Uibrigens
8) Sie wurden meistens von den Russen besiegt. Nestor ad ann. 1120. 1160. 1184. - - -
9) Die Russen brachten immer reiche Beute an Waaren von ihnen. Nestor ad ann. 1186.
10) In dem facto Hungariae magnae - - - werden folgende Idiomata unterschieden: Ungaricum Ruthenicum, Cumanicum, Sarecenicum, Tataricum. Die Fabel in den russischen Annalen, da\xDF sie Nachkommen der Moabiter und Ammoniter w\xE4ren, die eigentlich von einen Methodii Episcop. Patarski herr\xFChrt, verdient keine R\xFCge. S. Nestor ad ann. 1098.
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zerst\xF6rten die Mongolen 1236 das Reich der kasanischen Bulgaren 11) und brachten daher, als sie unser Vaterland verw\xFCsteten eine Menge
ismaelitische Helfershelfer mit. 12) Bey ihrer R\xFCckkehr machten sie auch den woloshkischen und kasanischen Bulgaren ein Ende.
II. Die
Ismaeliter hei\xDFen bey den Griechen
Chalisii, bey den Russen aber
Chwalisi, 13) weil das
kaspische Meer, in welches sich der
Wolgaflu\xDF, an dem die Bulgaren wohnten, ergie\xDFt, das
Chwalinskische Meer hei\xDFt, 14) in dessen N\xE4he also die Bulgarey gelegen war. Die Griechen
11) Russische Analen bey dies. Jahre.
12) Rogerius. cap. 37.
13) Nestor I. S. 6. Auf der Wolga f\xE4hrt man herab zu den Bulgaren und Chwalisern - - - mosnet itti po wolfe w' Bolgari i Chwalisi. - - -
14) Nestor am angef. Orte. Die Wolga flie\xDFt in das chwalinskische Meer. - - - Noch heut zu Tage hat das kaspische Meer diesen Namen nach Pleschtsejews Geographie von Ru\xDFland in dem Abschnitte von den Meeren.
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warfen das rauhe w weg, und nannten sie
Chalisier. — Merkw\xFCrdig ist, noch ein anderer Name f\xFCr sie in den russischen Annalen: Bessermenji. 15) Ob dieses nicht mit dem ungrischen
B\xF6sz\xF6rm\xE9ny zusammenh\xE4ngt?
15) Nestor ad ann. 990.
C. E.