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ZUM GESAMTINHALT
Ungrisches Magazin,
Band 1, Heft 3, Text 30 (S. 353-374)
Hrsg. von
Karl Gottlieb Windisch
Preßburg,
Löwe, 1781
Autor:
Johann Seivert
Zuordnung: Geschichte, Numismatik, Heraldik
Siebenbürgische Briefe (1-5) 1
Siebenbürgische Briefe (6-9) 2
Siebenbürgische Briefe (10-14) 3
Siebenbürgische Briefe (15-16) 4
Siebenbürgische Briefe (17-19) 5
(p353)
30. Siebenbürgische Briefe.
Zehnter Brief. Von einigen seltenen römischen Münzen.
Sind römische Kaisermünzen, die wir in der
argelatischen Ausgabe des Mediobarbus, im
Vaillant, und bey dessen Fortsetzern vergebens suchen, von höherem Wehrte: so kann es Ihnen, einem denkenden Liebhaber der Alterthümer, wohl nicht unangenehm seyn, wenn ich Ihr nummismatisches Vergnügen, mit einigen Münzen, die Sie dort nicht finden, unterhalte! Münzenliebhaber hören ja von diesen reitzenden Alterthümern eben so gern reden, als unsere Stutzer von ihren Schönen; und welches Vergnügen für beyde, wenn sie Seltenheiten entdecken! — Ein gewisser Graf bekam in Schäßburg, eine silberne Münze der
Julianischen Gemahlinn,
Manlia Scantilla. Himmel, welche Freude, welche Entzückung! Unmöglich konnte sich dieses herrschsüchtige Frauenzimmer über den Besitz des römischen Reichs mehr gefreut haben, als der Graf über die Eroberung ihrer Münze. Oefter küßte er gewiß ihr Bildniß, als ich glauben kann, daß die häßliche Scantilla in ihrem Leben geküßet worden! — Und, ich versichere. Sie mein Beßter, daß auch ich neulich eine gewisse Münze nicht ohne lebhaftes Vergnügen habe sehen können. Denken Sie, eine Münze der
grossen Livia von Gold, und so groß, als die ehernen von der ersten Größe sind! Bild und Unterschrift waren diese:
Av. Pietas. Das Kopfstück der Livia von der rechten Gesichtseite, mit einem Schleyer bedeckt.
(p354)
Rev. Vesta. Ein sitzendes Frauenzimmer mit einem Schleyer bedeckt; in der rechten Hand hält es das Palladium, und im linken Arme, der sich auf den Sessel stützet, den gewöhnlichen Götterspieß. Von beyden Seiten S.C. Senatus Consulto.
Die größten Nummismatiker erklären den Kopf eines Frauenzimmers auf verschiedenen Kaiserlichen Münzen mit der Aufschrift: IVSTITIA, SALVS, PIETAS, oder PIETAS AVGVSTA, für das Bildniß der
Kaiserinn Livia. Voll Vertrauen auf ihr Urtheil glaube ich dann, daß dieselbe auch hier unter dem Namen der vergötterten Frömmigkeit abgebildet werde,
da August selbst für seine geliebte Gemahlinn von dem Römischen Rahte verlangte, ihr so wie ihm gleiche Ehrenbezeugungen zu verordnen. Da er ihr eine heilige und unverletzliche Bildsäule aufrichten ließ; und da sie so grossen Einfluß in die Regierung ihres Gemahls hatte: welche Ehre wäre wohl zu erhaben gewesen, die ihr nicht von der Schmeicheley des Rahtes und des Volks überfließend erwiesen worden wäre! — Auf einer kolonischen Münze des Kaiser Tiberius, wird Livia in der Gestalt der sitzenden
Ceres, mit bedecktem Haupte, und zwo Kornähren in der Hand, abgebildet. Sollte denn nicht auch die Rückseite unserer Münze, sie unter dem Bilde der sitzenden Vesta vorstellen? Ich glaube es wenigstens.
Vielleicht aber sind Sie mein Freund glücklicher. Ich, der den Schauplatz der gelehrten Welt nur in dunkeler Ferne sehen kann, ja, sehen muß, habe in mir bekannten nummismatischen Schriften, goldene Münzen dieser berühmten Kaiserinn immer vergebens gesucht. — Welche Schätzbarkeit krönet dann diese livische Münze, die nicht nur von Gold, sondern auch von so außerordentlicher Größe ist! Welche Zierde eines Kabinets muß sie seyn? — Lang war sie der ganze Schatz einer armen Wittwe, itzt aber befindet sie sich in der reichen Münzsammlung Seiner Excellenz des
Freyherrn von Bruckenthal,
(p355)
Gouverneurs des Großfürstenthums Siebenbürgen; und ist vielleicht eben diejenige, welcher
Kölescheri in seiner
Auraria Rom. Dacica gedenket. Sie ist fast eilf Dukaten schwer, der Rand aber zeiget deutliche Merkmaale, ihrer ehemaligen größeren Schwere.—
Nummismatischen Liebhabern, macht alles eine Münze vorzüglich schätzbar, das auf bisher bekannten Münzen fehlet, oder anders vorkömmt. Sollte also nicht auch folgende eine Stelle unter denselben verdienen?
Av. IMP.erator CAESAR VESP.asianus AVG.ustus.
Vespasians belorbeertes Kopfstück von der rechten Gesichtsseite.
Rev. PONTIF.ex TR.ibunitia POT.estate. Ein aufrecht stehender beflügelter Schlangenstab.
Vespasians Münzen sind überhaupt gemein; die seltenen davon zeigen uns Vaillant, und seine gelehrten Fortsetzer
Baldini und
Khell an; diesen Denar aber, werden Sie nirgends finden. - Die Rückseite stimmet gar nicht zu ihrer Hauptseite,
denn Vespasian ist niemals Pontifex gewesen. Eine Würde, die Kaiserliche Prinzen , und Cäsars bekleideten, die Kaiser aber wie bekannt, führten allzeit das höchste Pontifikat. Bey dieser Münze ist eine Vermischung nicht zusammgehörender Stämpel geschehen. Nichts ungewöhnliches bey römischen Münzen! Daß die Rückseite von einer
Titischen Münze sey, weiset eine beym Mezzobarba, die einen vollkommen gleichförmigen Revers hat, und auf der andern Seite das Bild des
liebenswürdigen Titus, mit der Umschrift zeiget: T. CAESAR VESP. AVG. Auf der Nebenseite der einen stehet ein beflügelter Schlangenstab mit der Umschrift: PONT. MAX. TR. P. COS. II. Welche Aehnlichkeit mit der Titischen Münze! — Wie leicht haben also die Münzer in der Eile, oder Unachtsamkeit, diese verschiedenen Stämpelseiten miteinander verwechseln können!
Av. IVLIA DOMNA AVG.usta. Das Kopfstück
dieser Kaiserinn von der rechten Gesichtsseite.
(p356)
Rev. VENER - VICTOR. Veneri Victori.
Venus stehet halb entblößt, und rückwerts; stützet den linken Ellnbogen auf eine Säule, und hält in der rechten Hand einen Helm, in der linken aber einen Palmzweig.
Sind die Münzen dieser stolzen Gemahlinn des
Kaisers Severus mit Domna überhaupt rar, so muß dieser sehr gut erhaltene Denar, wegen seiner besondern Umschrift der Rückseite, gewiß em doppeltes Recht auf den Rang unter den seltenen behaupten. Venus Victrix, Veneri Victrici, sind bekannte Aufschriften auf Julischen Münzen; aber mit Veneri Victori habe ich noch nirgends eine gefunden. In
Schulzens Münzkabinete I. Th. S. 191. befindet sich eine ähnliche, außer, daß auch die Umschrift: Veneri Victr. heißet, und Venus einen Apfel in der rechten Hand hält. Das letztere aber mag wohl ein Fehler des Herausgebers
Agnethler seyn. Uibrigens bestätiget es diese Münze, daß Venus nicht allein als eine weibliche Gottheit, sondern auch als eine männliche, wie der Mond, und das Glück verehret
worden.*
Av. M.arcus ANTONINVS CAES.ar. Das blosse Kopfstück des
wilden Cäsars
Antoninus Karakalla von der rechten Gesichtsseite, mit dem
Paludament um die Schultern.
Rev. FELICITATEM PVBLICAM. Die stehende Glückseligkeit hält in der rechten Hand einen Schlangenstab , und in der linken einen Götterspieß.
Der Klagefall, Casus accusativus, ist, wie Sie wissen, eine sehr seltene Erscheinung auf römischen Münzen; denn wie wenig Beyspiele finden wir davon! Dieses
* Struvii Bibl. Nummismat. S. 158. Et quod adhuc magis notandum, Deum Lunam vocabant, pollentemque Deum Venerem, eandemque, ut et Fortuna, masculam, et barbatam dicebant. Beym Rink, S. 170 ist diese Stelle nicht wenig verdorben.
(p357)
also, und daß keine ähnliche Münze in allgemeinen Sammlungen bekannt geworden, giebt unserm Denar einen vorzüglichen Wehrt.
Folgende silberne Münze des K. Heraklius ist ein grosser Beweis, daß viele Nummismatiker die Sammlung römischer Kaisermünzen mit dessen Regierung nicht ohne Ursache beschließen. Alles, Form, Bildnisse, und Buchstaben, zeigt den äußersten Verfall der Künste. Ich würde Ihrer nicht einmal gedenken, wenn sie nicht
Bandur unter die seltensten Münzen rechnete, und nur eine aus dem Königlich Französischen Münzschatze bekannt machte, deren Stämpel doch unsere nicht geprägt hat.
Av. DD. NN. (Domini nostri) HERACLIV.s. ET HERA.clius CONST.antinus. Zween sitzende Kaiser, deren Kopffschmuck ein Kreutz führet. Jeder hält einen Reichsapfel in der rechten Hand; und oben zwischen beyden Köpfen ist auch ein kleines Kreutz, wie auf der ehernen des
Dükange von der zwoten Größen, zu sehen ist.
Rev. DEVS ADIVTA ROMANIS. Ein Kreutz auf seiner Kugel, die auf drey Stufen ruhet, und neben derselben der Buchstabe I. Sie unterscheidet sich also von der Münze, die uns Bandur beschrieben hat, und zwar durch das kleine Kreutz auf dem Averse, und durch den Buchstaben I auf der Nebenseite. Uibrigens ist sie für die damaligen Zeiten von solcher Dicke und Größe, daß sie Bandur wohl maximi moduli nennen kann. -
Und wie manche Münzen könnte ich Ihnen mein Freund noch mittheilen, die Sie in gedachten grossen Münzsammlungen vergeblich suchen würden. Ihre Einwilligung mag es entscheiden, ob ich es künftighin thun soll. - Doch eine kleine eherne Münze der dritten Größe kann ich Ihnen niht verschweigen, und dieses zwar aus Begierde, das Urtheil eines Kenners davon zu hören. - Mir scheint sie ganz sonderbar zu seyn; aber Schade, daß da der Stämpel zu groß gewesen, die
(p358)
Umschrift, die doch alles entscheidet, größtentheils unleserlich ist. So viel zeigt noch die Münze. K. A. - EOC. AVT. Ein bärtiges Kopfstück mit einer Zackenkrone. Auf der Nebenseite stehet der legionische Adler zwischen den Zeichen der römischen Kohorten, welches nicht selten die Treue der Kriegsheere gegen ihre Beherrscher anzeigt. Aehnliche Bilder findet man auf kleinen ehernen Münzen der Kaiser
Alexander Severus, und
Gordians des Frommen mit der Beyschrift: NIKAIEΩN. — Die noch kennbaren Buchstaben unserer Münze sind: I. – VΔIΟ – Die Umschrift ihrer Hauptseite wünschte ich ergänzt zu sehen. Sollte sie vielleicht K. AXІΛΛΕΟCΑVΓ. zu lesen seyn ? -
Achilleus, ein Tyrann in Egypten behauptete sich in seiner angemaßten Kaiserwürde nach dem Zeugnisse seiner Münzen bis in das sechste Jahr, da ihn
K. Diokletian unterdrückte. Allem seine bisher bekannt gemachten Münzen sind sehr verdächtig, und bis itzt noch von treuen Nummismatikern nicht entdecket worden. Wie schreibe ich ihm denn also meine Münze zu? In der Wahrheit, weil ich mich auf keinen Kaiser oder Tyrannen besinne, dessen Name sich mit eus endiget. — Ist Ihnen dieser Grund zu seicht: so glauben Sie, daß ich desto bessere Gründe habe, mich zu nennen, Ihren etc.
Eilfter Brief. Von Töppeltins Leben, und Schriften.
Töppeltins oder eigentlich Töppelts Gedächtniß ist zu unsern Zeiten - sowohl durch eine
neue Ausgabe seiner Originum, als durch des Herrn
Konsistorialrahts Schwarz Kritik erneuert worden. Dieses bewog mich, Ihnen einige Nachrichten von diesem
unglücklichen Gelehrten zu geben, die dem
Zwittinger und
Bod unbekannt geblieben sind. Zwar nur einige, — denn so traurig ist das Schicksal unserer Sächsischen gelehrten
(p359)
Geschichte! Sie gleichet einem Kirchhofe, der zwar viele Gräber, aber wenige Denkmäler der Geschichte seiner Todten enthält. — An Schriften von Sächsischen Gelehrten fehlt es eben nicht, allein, wie unbekannt, wie vergessen ist der meisten ihre Lebensgeschichte! Eben so bleibt mir auch ein Theil der Geschichte unsers Töppelts mit einem Vorhange bedeckt, den ich nicht aufziehen kann. — Er nennte sich Toppeltinus de Megyes. Ersterer ist sein Geschlechtsname Toppelt, mit einer lateinischen Endung; das letztere aber nicht sein adeliches Prädikat, wie
Leibnitz meynet, sondern der Name seiner Vaterstadt, die
Medwisch heißt. Als ihm die dortige Schule zu enge ward, begab er sich auf
das berühmte Gymnasium, welches der würdige Fürst
Gabriel Bethlen, zu
Weißenburg gestiftet hatte. Hier hörte er besonders den berufenen
Isaak Basirius. Dieses berichtet uns Zwittinger; allein Töppelt kann sein Schüler wohl nicht gewesen seyn, denn diesen gelehrten, aber wunderlichen Mann, ließ Fürst
Rákotzi der Zweyte im Jahre 1564 von Konstantinopel kommen, und übergab ihm das folgende Jahr die Lehrstelle des verstorbenen
Bisterfelds in der Gotteslehre, und Weltweisheit. Er wußte sich aber so wenig Freunde zu machen, daß er nach dem Falle seines. Fürsten, 1660 für gut befand, Siebenbürgen zu verlassen. Alles dieses ist aus gleichzeitigen Nachrichten gewiß; allein es ist auch eben so gewiß, daß sich Töppelt schon 1653 auf der hohen Schule zu Padua befand. * Wie lang er sich dort aufgehalten, ist mir unbekannt. Er kehrte aber nach Deutschland zurück, und vertheidigte 1661 zu Altdorf seine
Streitschrift, von der Verschiedenheit und Uibereinstimmung des bürgerlichen Rechtes, mit dem Municipalrechte der Siebenbürgischen Sachsen. Im Jahre 1663 befand er sich zu Rom,
* Im Hornunge schrieb er: Curam Bibliothecae Augustissimae nationis Germanicae Iuristarum, Patavi nuper concreditam, adhuc gero.
(p360)
unterhielt mit
Konring,
Volkhammer, und andern merkwürdigen Gelehrten einen Briefwechsel, und kehrte endlich 1665 seines Vaterlandes würdig, in dasselbe zurück. *
Hier suchte Töppelt sein Glück zu
Kronstadt, ließ sich aber das folgende Jahr von dem
Andreas Fleischer, Fürstlichen geheimen Raht, Grafen der Nation, und Königsrichter zu Hermannstadt bewegen, der Mentor seines Sohnes
Tobias, auf seinen Reisen nach Deutschland, Italien, und Frankreich zu seyn. Den 13ten December 1666. kamen sie zu Altdorf bey Nürnberg an, und von hier reisten sie nach Italien besuchten auch Rom, wo der junge Fleischer nicht unterließ, sich im Glanze eines reichen Siebenbürgers zu zeigen. Ob aber die merkwürdige Begebenheit, die ich Ihnen mein Freund ehmals erzählte, itzt, oder bey Töppelts ehemaligem Aufenthalte zu Rom sich ereignete, kann ich nicht gewiß entscheiden. Genug, sie war diese: Ein gewisser Prälat zeigte dem Töppelt alle Kirchen und Klöster zu
Hermannstadt in den genauesten Abrissen, und fragte ihn um allerhand Merkmaale, auch ob sie noch vorhanden wären? In dem itzigen
Nonnenkloster, daß der Hermannstädter Raht 1728 den dermaligen Religiosen übergab, befand sich ein steinerner Kopf mit einem Stocke im Munde. Auch um den ward Töppelt befragt. Nachgehende erzählte er dieses dem damaligen Stuhlrichter
Christian Reichart, der 1695 als Bürgermeister und Gubernialraht starb. Reichart wußte die erhaltene Nachricht bey Gelegenheit so gut zu nutzen, daß man seine hinterlassenen Reichthümer als Folgen davon betrachtete. —
* In seinem Werkchen: Turcarum artes et arma, schreibt er auf der 5ten Seite: exacto enim instanti mense cessabit dicendi libertas, quum ipsi etiam colla immiti submitte mus jugo, ubi ne hiscere quidem ausuri, veritatem, quam nunc plenis sabimur faucibus, domi duntaxat recitabimus.
(p361)
Um seine Nation den Franzosen und Spaniern bekannter zu machen,
gab Töppelt seine Origines 1667 zu Lyon heraus, vertheidigte
im September einige Sätze vom Heurahten auf öffentlicher Katheder zu Orleans, und erhielt die Würde eines Doktors beyder Rechte. Bald darauf kehrte er mit seinem Fleischer nach Siebenbürgen zurück, wo ihn ganz unvermuhtete Schicksale erwarteten. -
In der zuversichtlichen Hoffnung ein Eidam
des Bürgermeisters
Andreas Melzer, oder Werder
zu werden, sah er sich gänzlich betrogen ; und wegen der bittern Urtheile in seiner
Zueignungsschrift an den Fürsten Apafi, fand er nichts, als Feinde! —
Zwölfter Brief. Fortsetzung von Töppeltins Leben und Schriften.
Wie leicht beßter Freund können Verstand und Witz, von Klugheit ungeleitet, Qwellen unsers Verderbens werden! Selbst Fleischer ihm doch seines Sohnes wegen viele Verbindlichkeit schuldig war, konnte ihn nicht mehr leiden. Zu seiner Demühtigung veranstaltete er, daß
Mathias Miles, der Verfasser des
Siebenbürgischen Würgengels, bald nach Töppelts Zurückkunft eine
öffentliche Rede von dem Ursprunge der Siebenbürgischen Sachsen auf dem Hörsaale des Hermannstädter Gymnasiums, in Gegenwart des ganzen Rahts hielt. Dabey geschahen häufige Ausfälle auf den Töppelt , die ihn so sehr erbitterten, daß er bey dem Beschlusse der Rede dem Miles zurief: mane Autagonista optime! Miles antwortete, daß er zwar durch das Lesen schon ganz ermüdet wäre, er weigerte sich aber gleichwohl nicht, seine Einwürfe anzuhören, und zu widerlegen. Hierauf wandte sich Töppelt zu dem
Bürgermeister Simonius, und fragte, ob er ein Wort reden dürfte? Simonius besprach sich mit Fleischern in geheim, und
(p362)
Töppelt erhielt Erlaubniß zu reden. Er sagte also seinem Gegner, daß dessen Rede zween Abschnitte enthielte; der erste handelte von dem Ursprunge der Sachsen in Siebenbürgen, und der wäre gelehrt, und lobenswürdig; der andere aber enthielte nichts als Verläumdung und Beschimpfung seiner Person, und sey weder gelehrt noch würdig von Gelehrten angehört zu werden. Doch könnte er von ihm, den ehemals größere Verbrechen gebrandmarket hätten, auch nichts Besseres erwarten. — Hier winkte der Rektor
M. Jakob Schnitzler dem musikalischen Chore, und der Lärm der Musik nöhtigte Töppelten zum Stillschweigen. Doch las er nachgehends eine Vertheidigungsschrift auf dem Rahthause ab, die Miles zwar wieder beantwortete, der Raht aber unterdrückte beyde Schriften, und das war wohl das Klügste. Denn was nützen der Welt gelehrte Streitigkeiten, wenn ihre Triebfedern nur Haß, und Stolz, und ihre Absichten, nur gegenseitige Beschimpfungen sind? Töppelt verbarg seinen Schmerz, aber in einem unvergeßlichen Herzen, und wartete nur auf Gelegenheit, sich an dem Königsrichter rächen zu können. Diese fand er auch bald, denn alle gleichzeitigen Schriftsteller beschuldigen den Töppelt, daß er an der schändlichen Rolle, die einige zu
Fleischers Verderben anfingen, sich aber mit ihrer eigenen Schande endigte, Theil genommen habe.
Erlauben Sie mir hier mein Freund eine kleine Ausschweifung , dazu mich Wahrheit und Menschenliebe reitzen. Fleischers Leben zeigt unleugbare Beweise eines edlen Gemühtes, und doch ist seine Ehre sowohl bey seinem Leben, als nach seinem Tode auf das Aergste gemißhandelt worden. Für die Freunde der Siebenbürgischen Geschichte ließ er des Miles Siebenbürgischen Würgengel 1670 auf eigene Kosten drucken. Die grosse Orgel der Hermannstädtischen Hauptkirche, welche 6193 Gulden kostete, und 1672 aufgerichtet ward, hatte vorzüglich seiner Fürsorge ihr Daseyn zu danken, wie er denn
(p363)
auch tausend Gulden dazu beytrug. — Zweymal ward er bey dem Fürsten Apafi so hart angeklagt, daß sein Verderben unvermeidlich schien; aber beydesmal triumpfirte seine Unschuld, und ließ ihm eine offene Bahn zur Rache. Was würden hundert andere in ähnlichem Verhältnisse gethan haben? -— Der großmühlige Fleischer begnügte sich mit dem Siege seiner Unschuld, und der aufgedeckten Schande seiner Feinde! — Und auf diesen Mann, mein Freund! haben wir eine Grabschrift, die auf den größten Bösewicht nicht giftiger seyn kann. Wollten wir ihr glauben, so war Fleischer ein Ungeheuer des menschlichen Geschlechts, und ein Abscheu aller Laster. Nein, dieses werde ich nie von einem Manne glauben, den alle seine Feinde nicht stürzen konnten, den ein argwöhnischer Fürst selbst, zweymal für unschuldig erklären, und seine Ankläger verdammen mußte! —
Töppelt vereinigte sich mit verschiedenen Personen, die 1668 ein viel drohendes Ungewitter über Fleischern erregten. Den 16ten Oktober ward er unter dem Vorwande dringender Staatsgeschäfte an den Fürstlichen Hof nach Weißenburg beruffen; und er gehorchte mit ruhigem Herzen. Allein, kaum sah er sich in gedachtem Weißenburg, so ward seine Kutsche von Soldaten umrungen, er mußte sich auf einen Bauernwagen setzen, und ward auf das Bergschloß
Deva gefangen geführt. Ehe noch diese Nachricht Hermannstadt erreichte, war
Keyl, sein heimlicher Feind mit einigen Hofbedienten schon da, und versiegelten alle Zimmer des Fleischerischen Hauses. Doch, die vorgegebenen Beschuldigungen konnten nicht erwiesen werden, und daher erhielt Fleischer den 19ten November seine Freyheit wieder, und das ihm zubereitete Ungewitter ergoß sich über seine Ankläger. Keyl verließ heimlich Hof und Land, und von Fürstlichen Empfehlungsschreiben unterstützt, suchte er sein Glück an dem Kurfürstlich Sächsischem Hofe. Töppelt starb plötzlich,
nicht
(p364)
ohne Verdacht einer eigenhändigen Vergiftung, den 13ten April 1670 zu Kronstadt, und hinterließ von seiner
Gemahlinn, die er daselbst geheurahtet, nur eine Tochter, Namens
Anna, die in ihrer zwoten Ehe mit
Markus Draut, Pfarrern zu
Marienburg, das Uglück hatte, den 8ten Februar 1716 im
Altflusse ihren Tod zu finden. - Und dieß war das tragische Ende eines Mannes, den seine Vollkommenheiten glücklich gemacht haben würden, wenn er seine Leidenschaften hätte mäßigen können. –
Von seinen Schriften sind mir folgende bekannt:
1.
Differentiae atque Convenientiae Iuris Civilis et Iuris Municipalis Saxonum in Transylvania, Praeside Ernesto Cregel, qua Auctor Resp. d. 20. Mart. Altdorphi 1661, in 4to.
2.
Origines, et occasus Transylvanorum, seu erutae Nationes Transylvaniae, earumque ultimi temporis revolutions, historica narratione breviter comprehensae: Auctore – Lugduni, sumtib. Hor. Boissat, et Georg. Remens, A. 1667, in 12. mit Kupfern, die in einigen Exemplaren auf weissem Atlas abgedruckt sind. Zu Wien ist 1762 eine
neue Auflage dieses Werkchens in 8vo herausgekommen.
3.
Theses inaugurales de Nuptiis, quas Deosavente in illustri ac celeberrima Academia Aurelianensi, pro summis in utroque Iure honoribus promerendis, publice ventilandas proponit Laur. Toppeltinus de Medyes, A. 1667 die – Sept.
4.
Turcarum artes, et arma: quibus universam Transylvaniam et omnem pene Hungariam subegere. E. et E. I. G. W. P. et M. L. T. T. dd. In 4to, ohne Meldung des Jahrs und des Druckorts.
In der Handschrift hat Töppelt hinterlassen:
Revolutiones Transylvaniae ad Hadriani usque tempora.
Apologia contra Musarum Dacicarum Herculem, (
Mag. David. Hermannum) Die letztere habe
(p365)
ich nicht das Glück gehabt, zu sehen, von der erstern aber werde ich nächstens das Vergnügen haben, Ihnen einige Anmerkungen mitzutheilen.
Dreyzehnter Brief. Von dem walachischen Wappen.
Das Wappen der
Walachey gehöret mit zu den sehr gemeinen Dingen, von denen wir vielerley, aber wenig gewisse Nachrichten haben. Wie verschieden sind nicht die Meynungen unserer Heraldiker! Was soll ein Ausländer wählen, um nicht zu irren; und ein Schriftsteller, um denen, die es wissen, nicht lächerlich zu werden? Nach dem grossen Heraldiker
Spener hat das walachische Wappen einen schwarzen Löwen mit einem goldenen Sterne, und halben Monde, im silbernen Felde.
Nach dem ungenannten Verfasser der ungrischen Cerographie, einem in heraldischen Irrthümern sehr glücklichen Schriftsteller, ist dieses falsch, und drey Mohrenköpfe mit weißen Binden im silbernen Felde werden dafür angegeben. Wer bloß die
Száßkische Erdebeschreibung gelesen hat, wird sicher glauben, daß ein schwarzer Adler im silbernen Felde, der mit dem rechten Fusse auf einer offene Krone stehet, und ein Kreutz im Schnabel führt, das Wappen dieses Fürstenthums sey. Und, wer weiß, was noch andere Schriftsteller davon träumen! — Der gelehrte Probst von
Palm opfert denjenigen seinen Beyfall, die einen schwarzen Raben im weißen Felde, mit einem einfachen Kreutze im Schnabel für das walachische Wappen erklären; und nach der Abbildung, die er uns davon giebt, stehet dieser Rabe mit flatternden Flügeln auf einer offenen Krone, die auf einem Hügel ruhet. Es wundert mich, daß ich nicht auch Sonne und Mond dabey finde, die meiner Erfahrung nach beständige Begleiter des walachischen Raben sind, der so schön zu dem sittlichen Charakter dieses Volkes stimmt. Gewiß, wenn er
(p366)
nicht schon das walachische Wappen wäre so verdiente er doch vollkommen, solches zu seyn. - Fragten Sie aber, mein Freund, ob er es auch vor Jahrhunderten, und allzeit gewesen sey? o! so müßte ich allen meinen Erfahrungen widersprechen, wann ich dieses behauptete! —
Auch die Wappen der Reiche und Länder, haben die Eitelkeit und Unbeständigkeit aller irdischen Dinge erfahren müßen. Sind die alten nicht von den neuen verdrungen worden, so haben sie doch ihre Gestalt selten unverändert behalten.— Ein Löw, und vielleicht der, so itzt Rumanien zugeschrieben wird, ist wohl das ältere Wappen der Walachey. Hierinnen unterschreibe ich Speners Meynung, und dieß auf die Bürgschaft eines walachischen Fürsten. Und Fürsten werden doch das Wappen ihres Landes kennen?
Ein gewisser Oberpfälzer
Hanns Heher zu Sewilla in Spanien wohnhaft, erhielt im Jahre 1569 von dem unglücklichen
Hospodar der Walachey
Niklas Bessaraba einen Schenkungsbrief, der den 17ten November von dem Königlich Spanischen Rahte und Sekretär
Paul Pfinzing von Henfenfeld zu Madrid mit unterschrieben ward. Nach demselben ertheilet ihm Bessaraba, der unfehlbar seine Schulden nicht leichter zahlen konnte, das walachische
Markgrafthum Jalonitz, nebst einem prächtigen Wappenschilde. Er nennet sich einen Sohn, und rechtmäßigen Erben des weyland durchlauchtigsten Fürsten der Walachey,
Barbelli Bessaraba; beklagt sich, daß er durch Unfall der Zeit, Mißgunst, und unglaubliche Bosheit und Tyranney der Menschen, sich im Elende und seht übeln Umständen befände, auch mit vielen und mancherley Trübsalen beladen sey; bekennet, daß er im wirklichen Besitze seines Fürstentums kaum vermögend seyn würde, die von Hehern empfangenen Wohlthaten würdig zu vergelten, und ertheilt ihm also, und allen seinen Nachkommen, die erledigte Markgrafschaft Jalonitz, wie auch
(p367)
ein Wappenbild, aus unserm, schreibt er, uralten Wappen genommen. - Ich will mich seiner eigenen Worte bedienen: „Nämlich einen gleichgetheilten Schild, dessen Vordertheil wieder in gleiche Theile getheilet seyn soll; in dessen Obertheile der Kopf eines schwarzen Raben, der im Schnabel ein goldenes Kreutz hält, in einem weißen, oder silbernen Felde; im Untertheile in einem gelben oder goldenen Felde die Pfrunde eines Löwen, so schwarz ist, welche von dem ganzen Löwen, (der das Wappen unseres Fürstenthums Transalpina ist,) genommen worden. In dem andern Theile soll das Wappen der Markgrafschaft Jalonitz seyn, welches wir ihm gleichfalls, wie unten zu vernehmen, verliehen haben. Nämlich , ein der Qweere nach fließendes Wasser in seiner natürlichen Farbe in einem himmelblauen Felde, aus welchem Wasser eine goldene, um die Spitzen mit goldenen Zetteln gezierte Koppie hervorkömmt; über dem Schilde aber ein offener Helm, dessen Decken zur rechten Hand schwarz und Silber, zur linken mit Gold und Himmelblau gewirkt sind; auf dem Helm aber zwey Cypressenbäume, in ihrer natürlichen Farbe. „
Wenn Sie mein Freund, diesem Berichte glauben, so darf ich Ihnen wohl nicht sagen, daß der Rab mit dem Kreutze ehemals zwar zu dem Fürstlichen Wappen gehört habe, nicht aber das Wappen der Walachey gewesen sey. Doch muß ich Ihnen gestehen, daß ich auf den mir bekannt gewordenen Siegeln, und Wappen walachischer Fürsten, den schwarzen Löwen nie entdecket habe.* Allein, sind dieß auch allzeit sichere Qwellen, das Wappen eines Landes zu bestimmen? Sehr selten, besonders bey Wahlreichen. Denn, wie oft bedienten
* Der Löw auf der höchstseltenen Goldmünze des Moldauischen Despoten Johann Jakob Heraklides vom Jahre 1563, deren Köhler T. 2. N. 2315 gedenket, möchte aber wohl der walachische seyn. Denn, er nannte sich einen natürlichen Erben, und Herrn der Moldau, Palatin der Walachey, u.s.w.
(p368)
sich solche Fürsten auf ihren Siegeln und Münzen blos ihres Geschlechtswappen, oder nur der Wappen besonderer Provinzen ihres Reiches? Haben nicht manche Heraldiker dadurch verleitet, das
Báthorische Geschlechtswappen, für das Siebenbürgische erkläret? - Fürst
Siegmund Rákotzi führte nach erhaltener Fürstlicher Hoheit in seinen Siegeln außer einem gekrönten Adler mit einem Schwerte in der linken Klaue, ausgebreiteten Flügeln, und der Unterschrift: AQVILA, nur die sieben Burgen der Sächsischen Völkerschaft in Siebenbürgen. — Gleiche Vorstellung finden wir auf Münzen der Fürsten
Georg Rákotzi vom Jahre 1646, und
Georg Rákotzi des Zweyten vom Jahre 1657, nur daß der Adler hier den Säbel in der rechten Klaue führet. — Wie seicht ist also der Grund, den
Schmeitzel bey
Erläuterung der erstern Münze von der Jahrszahl 1646 hernimmt, um zu behaupten, daß mit deren Gepräge allem Vermuhten nach auf den damaligen
Aufruhr zu Hermannstadt gezielet worden! - Fast hätte ich Lust, Ihnen mein Beßter, dieses merkwürdige Trauerspiel des Jahrs 1645 hier im Kleinen zu zeigen; allein ich befürchte, daß Sie mir bey dieser Ausschweifung den
Martial anführen möchten. Der Vorhang bleibe also! - Ich merke nur noch an, daß sich aus den Siegeln und Münzen des wilden Fürsten
Gabriel Báthori, das Siebenbürgische Wappen sehr unrichtig würde bestimmen lassen. Denn, auf allen, die ich noch gesehen habe, fehlet das Szeklerische Wappen der Sonne, und des Mondes. Vielleicht aus geheimen Ursachen, davon ich Ihnen bey einer andern Gelegenheit meine Gedanken mittheilen werde. —
Auf den Siegeln der walachischen Fürsten, oder Hospodaren, wie sie sich auch nennen, finde ich theils den Raben allein, theils nur zwo neben einem Cypressenbäume stehende Personen, theils aber beydes zugleich. Der Rab führet nicht allzeit ein einfaches Kreutz, sondern manchmal einen Ring, einen Reichsapfel, oder ein doppeltes
Kreutz.
(p369)
Er stehet bald auf einem Felde, auf Hügeln, auf einem Baumaste, auf einer Krone; bald mit geschlossenen, bald mit flatternden Flügeln; aber allzeit in Gesellschaft der Sonne, und des gehörnten Mondes. — Sollten Ihnen Beweise hievon nicht unangenehm seyn, so könnte ich Ihr heraldisches Vergnügen damit einige Augenblicke unterhalten. Itzt aber muß ich Ihnen von den Mohrenköpfen des Verfassers der Cerographie noch etwas sagen. — Ich finde keine Beweise für seine Meynung. Dem berühmten Herrn von Palm kömmt es dabey sehr wahrscheinlich vor, daß die Münzen des Ungrischen Königs
Ludewigs des Grossen mit dem Mohrenkopfe, den Verfasser dazu bewegen haben; dieser aber sey unfehlbar das Wappen von Sicilien, auf welches Reich Ludwig
so grosse Ansprüche hatte. — Was meynen Sie hievon ? So viel ich weis, so führt nicht Sicilien, sondern Sardinien Mohrenköpfe im Wappen. Die
Ludwigischen Münzen mit diesem Kopfe, sind doch unsern Nummismatikern ein rechtes Aergerniß! Ich wünschte, daß folgender silberner Denar, dessen dunkle Geschichte etwas aufhellen könnte. Seine Hauptseite zeiget, wo ich nicht irre, das halbe Bildniß der heiligen Jungfrau Maria mit einem Schleyer bedeckt; und der Revers ein grosses T, worauf ein Mohrenkopf, mit einer Binde stehet; auf den Seiten aber sind vier achtzackigte Sterne. Vielleicht ist diese Münze andern bekannter als mir! — Ich weis Ihnen zu ihrer Erläuterung nichts zu sagen, aber wohl, daß ich immer noch Ihre Freundschaft unter die Glückseligkeit meines Lebens rechne. —
Vierzehnter Brief. Fortsetzung des vorhergehenden.
Ich erfülle meine Zusage, Ihnen die Geschichte des walachischen Raben, aus mir bekannten Siegeln, Wappen , und Münzen zu erzählen, — Ist der Rab ehemal
(p370)
nicht das Wappen des Landes gewesen, so finde ich ihn doch schon auf einem Siegel vom Jahre 1418. In diesem Jahre bestätigte der Woywode
Johann Michael unsern Heltauern, die von seinem Vater
Mirtsche (Moritz) erhaltene Freyheit, ihr Vieh auf dem Walachischen Gebiehte sicher waiden zu können. Sein beygefügtes grosses Siegel enthält einen seitwerts sehenden Raben auf freyem Felde, mit einem langen Kreutze im Schnabel, das unterhalb dem Qwerholze eine Kugelförmige Gestalt hat. Oben zur rechten Seite ist die Sonne, zur linken der wachsende Mond, und in demselben ein Stern.
Die Umschrift muß ich Ihnen hersetzen, weil sie so schön ist! S.igillum MICHAEL.is DIE GRACIA VOIVODA TRANSALPINVS. Sollte Ihnen hiebey nicht jener kleine Pfenning unsers verehrungswürdigen
C ** beyfallen, dessen Marienbild die Umschrift hat: PATRONVS MOLDAVIAE?
Auf den Siegeln der Fürsten
Johann Radul (Rudolf)
Johann Mirtsche, und
Johann Petráschko, finde ich den Raben gar nicht, sondern zwo in lange Pelze eingehüllte Personen, die ihre Gesichter gegen einen Cypressenbaum kehren, der zwischen ihnen stehet. Ihre Umschriften sind Walachisch. Von keiner Jahrzahl unterstützt, und bey so verschiedenen Hospodaren, die den Namen Radul und Mirtsche geführet, muß ich in der That selbst fragen, welchem diese Siegel gutzuschreiben sind? Den Namen Johann führen alle Walachische, und Moldauische Fürsten, die Ursache aber ist mir unbekannt.
Petráschko, oder Peter der Jüngere, schlug vom Sultane Süleyman unterstützt, den grausamen Mirtsche, und bemächtigte sich im Jahre 1553 des Fürstenthums. Er starb den 24ten December 1557, nicht ohne Verdacht eines heimlich beygebrachten Giftes, worauf Mirtsche abermal zur Regierung kam. Vielleicht gehört diesem das angeführte Siegel. Fürst
Siegmund Báthori nahm 1595 zugleich die
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Titel eines Fürsten der Moldau und Walachey an, und seit diesem Jahre, bis 1600, führte er auf seinen Siegeln auch das walachische Wappen. Hier finden wir das Wappen des Radul, Mirtsche, und Petráschko mit dem Raben vereinigt. Im obersten Felde stehet der letztere unter Sonne und Mond, mit einem einfachen Kreutze im Schnabel; im untersten aber zwo Personen neben einem Cypressenbaume. Ein Gleiches zeigen auch die Siegel seiner
unglücklichen Gemahlinn
Christierne. Von dem
berüchtigten Woywoden
Johann Michael, den der
Graf Basta 1601 in seinem Lager, Siebenbürgens
Wohl aufopfern ließ, habe ich verschiedene gesehen. Zwo Personen, mit vorwerts gekehrten Gesichtern stehen neben einem Cypressenbaume, den sie mit einer Hand anfassen. Darüber befindet sich in einem halbe Zirkel ein Rab auf einem Hügel mit ausgebreiteten Flügeln, und mit einem Kreutze im Schnabel, von beyden Seiten aber Sonne, und Mond. Die Umschrift derselben lautet nicht so prächtig, als auf seiner Münze, die im zweyten Theile des
neueröfneten Münzkabinets bekannt gemacht worden. Er nennet sich bloß einen Woywoden. IO. MICHAEL VAIVODA; sein Denkmünze aber zeiget uns seinen ganzen Titel.
Herr Professor Joachim konnte ihn nicht lesen, wovon der Mangel nöhtiger Unterschreibungszeichen, und einige Fehler in den Buchstaben, welche der Unachtsamkeit des Kupferstechers, oder gar des Stempelschneiders zuzuschreiben sind, mögen nicht die geringste Ursache davon gewesen seyn. Ich versichere Sie aber mein Freund, daß die Umschriften dieser höchstseltenen Münze also zu lesen sind: MICHAEL VAL.achiae TRANS.alpinae VAIW.oda, S.acratissimae C.aesareo R.egiae M.ajestaris CONS.iliarius, PER.TRANSYL.vaniam PAR.tesque EI SVP. (B) jectas EXER.citus GE.neralis CAP.itaneus. Mein Bürge ist eine Urkunde dieses Fürsten vom 20ten November 1599. Er
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Nennet sich darinnen: Michael Valachiae Transalpine Vaivoda, Sacratissimae Ceafareae Regiaeque Majestaris Consiliarius, per Transilvaniam, et Partium ei subjectarum Exercitus, Generalis Capitaneus. Und in einer andern von eben dem Jahre: ac ejusdem exercitus cis Transylvaniam, ejusque ditionum partiumque fines, generalis Capitaneus.
Vielleicht ist Ihnen diese kleine Ausschweifung nicht ganz unangenehm! – Ich kehre aber wieder zu unserm Walachischen Raben zurück. In des
Johann Raduls Wappen vom Jahre 1616 stehet er auf Hügeln im blauen Felde, breitet die Flügel aus, und hält einen Ring im Schnabel. Oben stehet die Sonne, und der abnehmende Mond. Das nämliche Wappen führet auch
Niklas Petráschko. – Mit einem Reichsapfel, zeiget ihn uns das Wappen des Fürsten
Johann Scherban Kantakuzenus. Es ist der
prächtigen Walachischen Bibel, die er 1688 zu Bukarest drucken ließ, beygefügt, und enthält einen doppelten Adler mit einer offenen Krone bedeckt, der in der rechten Klaue ein Schwert, und in der linken einen Streitkolben führet. An dem Halse desselben hangt an einer Kette ein runder Schild mit dem Raben, der linkwerts sieht, mit den Flügeln flattert, und einen Reichsapfel im Schnabel trägt; oben Mond und Sonne. Dieses Wappen, nebst dem itel einer römischen reichsgrafen erhielt Kantakuzenus von dem höchstseligen Kaiser
Leopold. Eine Belohnung seiner wichtigen und
treuen Dienste, in den damaligen türkischen Kriegen.
Sein
unglücklicher Nachfolger im Fürstenthume, war
Johann Konstantin Bessaraba, von Brankowán, zugleich Fürst des H. Römischen Reichs, 1714 mit seinen Prinzen, außer dem jüngsten, der noch ein Säugling war, ein trauriges Opfer der türkischen Rache zu Konstantinopel ward. Seine Denkmünzen, die er in
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Holland von verschiedener Größe, und ungewöhnlichem Gewichte prägen lassen, zeigen sein Wappen. Die ich gesehen habe, stimmen mit der im ersten Theile des neueröfneten Münzkabinets bekannt gemachten überein. Der Rab stehet mit ausgebreiteten Flügeln auf einer Anhöhe, führet ein Kreutz im Schnabel, und oben ist der Mond, und die Sonne.
Doch könnte auch Kölescheri Recht haben, und der Rab auf einigen dieser Münzen von verschiedenen Stämpeln auf einem Baumaste stehen. Denn, in einer walachischen Liturgie, der sein Wappen beygedruckt ist, stehet der Rab auf einem kleinen Baume, um welchen wie es mir scheinet, vier Stämme von angehauenen Bäumen befindlich sind. Brankowán ließ seine Münzen wahrscheinlich aus dem Grunde, nicht die gewöhnliche Schwere der Thaler und Gulden geben, um sich im Nohtfalle bey der Pforte rechtfertigen zu können, daß er nicht ordentliches Geld, sondern nur Schaustücke prägen lassen. Allein, er betrog sich, denn es ward mit eine Ursache seines tragischen Todes.
Die Siegel der Fürsten
Johann Konstantin Nikolaus, von 1737, und
Johann Michael Nikolaus von 1741, zeigen außer dem moldauischen Ochsenkopfe, und dem Raben mit dem Kreutze, auch einen Baum, auf dem ein Rab mit einem Ringe im Schnabel zu sehen ist. Zur rechten Seite stehet einer Mannsperson mit gespanntem Bogen, und zur linken ein Frauenzimmer, das auf den Raben weiset. Wer sollte in diesem Bilde
die berüchtigte Geschichte des berühmten Johann Korwins, als eines natürlichen Sohnes des Königs Siegmund verkennen? – Wie sehr wünsche ich, mein Freund, das Alter, und die Ursache dieser Vorstellung in walachischen Siegeln zu wissen. Vielleicht würde uns die korwinische Geschichte dadurch heller, und sicherer.
Ich beschließe mit einigen
russischen Kupfermünzen, die während dem letztern Kriege in der Moldau und Walachey geprägt worden. – Ein Fürstenhut bedeckt zween
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Schreg aneinander liegende Schilde, in deren einem ein Ochsenkopf, im andern ein Rab, der auf einer Zackenkrone steht, und ein doppeltes Kreutz im Schnabel führt, oben aber der halbe Mond ist. Doch, weil ich hier des moldauischen Wappen habe erwähnen müssen, so merke ich noch an, daß es
nach einem Gemälde von 1591, ein röhtlicher Ochsenkopf im blauen Felde ist, der zwischen den Hörnern einen goldenen Stern, und darüber zur rechten Seite einen goldenen gehörnten Mond, zur linken aber die Sonne hat.-
Kann ich Ihnen theuerster Freund fernerhin Beweise meiner dienstwilligen Freundschaft geben, so fordern Sie solche nur getrost. Ich verbleibe Ihr
Johann Seyvert.