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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 2, Heft 4, Text 29 (S. 399-411)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Preßburg, Löwe, 1782
Autor: Alexius Horányi
Zuordnung: Geschichte

(P399)

29. Uiber das ehmalige Temescher Banat.


Ein Schreiben an den Herausgeber, von Alexius Horányi.

Da ich die schönste Gelegenheit fand, die Gefilde des ehemaligen Temescher Banats zu besichtigen, so konnte ich dem Triebe nicht widerstehen, Ihnen mein Beßter auch aus dieser Entfernung zu schreiben, und Ihnen von der durch die Milde der verewigten Maria Theresia ihren alten Besitzern wieder gegebenem Lande, und dessen Einwohnern etwas zu sagen. — Beurtheilen sie dieß, wenn Sie es lesen, so wie ich es gethan, als

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ich es der Erfahrung, und der Wahrheit gemäß niedergeschrieben habe.

Ob die Biephen, Krobitzen, Trogloditen und Skordiscen diese Landschaft bewohnt haben, mag Lazius* verantworten, der dieß aus dem Ptolomäus, und Strabo bewiesen hat. Daß es das ufrigte Dacien (Dacia ripensis)** war, ist außer allem Zweifel, und diesen Namen hat es von den Daciern, oder Gethen erhalten, welche diese Landschaft bewohnten,*** hernach aber nicht ohne Mühe von den Römern bezwungen wurden.****

* In dem Comment. Reipubl. Rom. Libr. XII. §. II. Cap. I. auf der 1089sten Seite.

** Das ufrigte Dacien erstreckte sich von der Teiße, den Flüßen Körösch, der Marosch, und der Donau, bis an den Euxininischen Meerbusen.

*** Campos et plana, sagt Plinius, Jazyges tenent, jinontes vero et faltus pulsi ab his Daci, ultra Tissum amnem, ad Marum. im 12 Kap. des IV. Buchs.

**** Dem Könige der Dacier Kotiso lieferte der  Gesandte des Augusts Kornelius Lentulus eine Schlacht, in welcher er ihn überwand. Das Glück aber veränderte sich, und Kotiso schlug die Römer, so, daß Horaz in der 6ten Ode des 3ten Buches sagt: „Pene occupatam feditionibus delevit urbem Dacus" - - Der von dem Oktavianus abgeschickte Vibius überwand zwar die Dacier wieder, konnte es aber nicht verhindern, daß sie über den Ister setzten, und die Römischen Provinzen verheerten. Ein ganzes Jahrhundert dauerte der Krieg der Dacier mit den Römern; und wie uns Svetonius, Tacitus, und andere Schriftsteller versichern, so führten die Römischen Kaiser Tib. Kajus Kaligula, Tib. Klaud. Wespasianus, und Domitianus, den Krieg wider die Dacier mit wenigerm  Glücke  als Hoffnung. Daß unter der Regierung des Klaudius 600000 Römer zu Grunde giengen, erhellet aus der Geschichte. Unter der den Römern so fürchterlichen Regierung des Decebalus kam es mit ihnen so weit, daß Domitian den Frieden mit vielem Gelde erkaufen mußte. Zwölf Jahre waren es schon, daß die Dacier einen übermäßigen Tribut von den Römern bekamen, als nach dem getödteten Domitian, Trajan ein Spanier von Geburt, den Decebalus in den Feldern Keresztes-Mezö unweit Torda, zwar überwand, die aufrührischen Dacier jedoch nicht ganz unterjochen konnte, ungeachtet er eine Brücke über den Ister schlagen ließ, auch allerhand listige Versuche wagte, zwo Legionen in das Land legte, vier Kolonien errichtete, und verschiedene Städte baute. S. die zu Klausenburg gedruckte Schrift, de Dacia veteri, den 3ten §.

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Diese,* und bald darauf ließen sich auch die Gepiden hier nieder, welche aber von dem Attila überwunden wurden. Nach dessen Tode jedoch, fielen sie nicht nur von den Hunnen ab, sondern sie vertrieben sie zugleich aus ihren Wohnplätzen, und eroberten wieder ganz Dacien. Hernach kamen die Longobarden, bald darauf wieder die Hunnawaren, welche die Niederlage der Ungern rächten, indem sie die bezwungenen Gepiden aus ihren Sitzen vertrieben. - Und so entstanden von einer so grossen Verschiedenheit der Völker, verschiedene Kolonien, deren jede gleichsam ihren Saamen zurückließ. Ein Beweis davon sind die Walachen, welche heut zu Tage diese Landschaft bewohnen. Von ihrem Ursprunge sagt Bonfin:** daß sie von den Legionen, welche Trajan und die andern Römischen Kaiser nach Dacien schickten, herkommen; welche Pabst Pius aus dem Flakkus, nach der deutschen Aussprache Walachen nennet. Ich glaube aber, daß sie άπό τώ βάλλειύ ϰαι τησ άϰíδοσ geheißen haben, weil sie gute Bogenschützen waren. Einige hingegen glauben, daß die Walachey ihre Benennung von der Tochter des Diokletians, welche an einen Fürsten dieses Landes vermählet war, erhalten habe. — Ihre Sprache hat etwas von der Römischen beybehalten, die aber durch die Vermischung mit der Slawischen und Ungrischen so sehr verdorben ist, daß von der Römischen, nichts als der blosse Name übrig geblieben, und sie sich noch Rumenesti nennen. Diese Sprache ist an keine Regeln gebunden, und ohne von einer Sprachkunst geleitet zu werden, mischt sie Lateinische, Slawische und Ungrische

* Die Römer herrschten fast 200 Jahre über Dacien; unter dem Galienus aber wurden sie von den aufrührischen Daciern, die sich mit den Gothen vereinigten, so sehr geschlagen, daß der Kaiser Aurelianus, da er an der Erhaltung von Dacien verzweifelte, sein Kriegsheer nach Mösien versetzte. S. den Jornandes in Annalib.

** Nach der Leipziger Auflage von 1771. der zweyten Dekas 7tes Buch, auf der 284 Seite.

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Wörter zusammen, die doch meist verdorben, und von der Qwelle sehr weit entfernt sind. — Uibrigens sind die Walachen noch ziemlich wild, und rachgierig. Ihre Gemühtsgaben würden in der That ausnehmend seyn, wenn sie solche mehr zur Tugend, als zum Betruge anwenden möchten. Doch wenn sie zu Geschäften gebraucht werden, zeigen sie vielen Eifer, und Gelehrigkeit. Einige unter ihnen, legen sich mit nicht geringen Ruhm auf die Wissenschaften sowohl, als auf die Kriegskunst. In dem Bergbau, ob sie gleich später dazu gebraucht worden, lassen sie sich weder von Deutschen, noch Raitzen so leicht übertreffen. Sie sind sehr geschickte Schützen, und mit den Kleidern, die sie sich selbst machen, so ganz zufrieden, daß man nur sehr selten etwas davon antrift, welches sie von andern kaufen. Ihre Weiber sind häuslich, und arbeitsam. Im Sommer begnügen sie sich mit einem Hemde. Um ihre Lenden tragen sie einen Gürtel, und statt der Schuhe bedienen sie sich meist der rohen Ochsenhäute, an denen öfters noch die Hahre sind. Ihre Wohnungen sind entweder vom Holz, oder von ungebrannten Ziegeln, oder aus Ruhten geflochtenen Wänden gemacht. Ihr Feld wird selten gepflügt, meist nur umgehauen, und größtentheils mit Türkischem Korne besäet. Zufrieden mit dem Brode, welches aus dieser Frucht gebacken wird, verkaufen sie die übrigen Getraidearten. Wegen der vielen und sehr strengen Fasten, in welchen sie sich auch von den Fischen, und allem Zugemüße enthalten, essen sie kaum den vierten Theil des Jahres Fleisch. Nach der Vorschrift ihrer Religion, welches die Griechische, oder sogenannte Altgläubische ist, überschütten sie alle ihre Speisen mit Oehle. Sie kennen aber diese ihre Religion so wenig, daß die meisten Gott kaum recht nennen, vielweniger zu verehren wissen; denn sie glauben, daß es genug sey, wenn ihre Priester für sie behten.

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Der nämlichen Religion sind auch die Raitzen zugethan. Sie bewohnen lieber die Ebenen als die Gebirge, und sind unter der Regierung des Königs Wladislaw, aus den Gegenden von Nikopoli, und Kladowa, wie solches Ischtwánfi bemerket,* hieher versetzt worden. "Eine grosse Anzahl Sklaven, und allerhand Viehes ward nach der Niederlage der Türken, verkauft; diejenigen nun, welche sich zu der Christlichen Altgläubischen Religion bekannten, wurden nach Pannonien diesseits der Donau verschickt, wo ihnen die Gegend zwischen Temeschwár und Belgrad zur Wohnung angewiesen wurde." Dieses geschah bey der Vermählung des Wladislaw, — Aber es ist ein träges Volk, welches von den Früchten, welche ihnen die Natur freywillig anbiehtet, lebt, und fast verzweifelt, wenn sie ihnen etwas versaget. Sie vernachläßigen ihr weites und fruchtbares Feld, indem sie nur einen kleinen Theil davon besäen. Diejenigen, die von ihrer Herrschaft nicht dazu gezwungen werden, bedienen sich des Pflugs und der Ochsen nur selten, obgleich der Gebrauch derselben täglich üblicher wird. Einige behaupten, daß sie unter Türkischer Bohtmäßigkeit des Müßigganges gewohnt worden. Indem sie nur eine geringe Kopfsteuer bezahlten, so bemühten sie sich auch nicht mehr zu verdienen, als was ihr Leben durchzubringen nöhtig war. — Ich habe mir von glaubwürdigen Personen erzählen lassen, daß ihrer viele im Winter nach Art der Bären in finstern Hölen wohnen, und sich außerhalb denselben nur selten sehen lassen. So sehr verabscheuen sie Frost, Kälte, und alle Arbeit, die unter freyem Himmel verrichtet werden muß. Im Kriege aber, legen sie diese ihre Trägheit gänzlich ab, nicht, wie ich glaube, ihre Tapferkeit zu zeigen, sondern vielmehr aus Begierde Beute zu machen, wie sie solches auch unter dem Türkischen Joche sattsam gewiesen haben. Indessen bezeigen sich diejenigen, welche itzt unter den Ungrischen Truppen

* Im vierten Buche auf der 50sten Seite.

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dienen, und ganz träg zu seyn scheinen, als muntere, tapfere, und unerschrockne Krieger.

Bey ihren Weibern bemerkt man völlig das Gegentheil; indem diese nichts so sehr, als den Müßiggang verabscheuen, und sich immer mit allerhand Arbeiten beschäftigen. Ihre meiste Arbeit besteht im Wolle spinnen, und Leinwand weben, und nie sieht man sie ohne Spinnrocken. Sie mögen ihre Nachbarn besuchen, in den Dörfern herumgehen, oder ihrem Viehe auf die Weide folgen, so spinnen sie immer, tragen den Rocken an der linken Seite, und drehen die Spindel mit der rechten Hand. — Ihre Enthaltsamkeit und Keuschheit, ist bey dem grossen Müßiggange ihrer Männer gewiß zu bewundern. Ihre Töchter verheurahten sie, noch ehe sie recht mannbar geworden, und ich will es nicht bestimmen, ob sie solches nach dem Beyspiele der Ungern, oder nach ihren Volksgebräuchen thun.

Die Ungern hätten sich aus dieser Landschaft beynahe gänzlich verloren, wenn sie nicht durch die Begünstigung der grossen Maria Theresia in dem Jahre 1779 in drey Gespanschaften abgetheilet, und in denselben die Ungrische Regierungsform eingeführt worden wäre. Denn außer einem Dorfe an der Marusch, Zombor genannt, fand man keine Ungern, solche ausgenommen, die unter den Raitzen hin und wieder das Feld bauten. Jetzt aber trift man sie in allen Flecken an, ja ich bemerkte, daß aus diesen auch neue Kolonien entstanden; selbst in Temeschwár, und den Vorstädten dieses Orts wohnen schon einige. — So finden sich auch nicht wenige unter den Raitzen, welche sich der Handlung wegen auf die Ungrische Sprache legen. Die Deutschen sind hier viel häufiger, und man findet viele Kolonien derselben, sowohl an den Ufern der Marusch, als in der Mitte dieser Landschaft, besonders aber an dem Fuße der Gebirge in dem Uipalanker Distrikte welche sie sehr vortheilhaft angelegt, und den Wein und Ackerbau fleißig treiben. Als sie angesiedelt

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wurden, waren sie drey Jahre von allen Lasten und Abgaben befreyet. Auf eben diese Art verfuhr man mit den Italiänischen und Lothringischen Ankömmlingen. Durch dieß billige Verfahren der Obrigkeiten kommen sie sehr gut fort, und können ihre Abgaben leicht bezahlen. - Doch genug von den Einwohnern: ich schreite zur Beschreibung der Landschaft, und der Stadt Temeschwár.

Als dieses Banat noch zu Ungern gehörte, war es in keinem geringen Ansehen; indem die Obergespäne desselben, den Königlichen Ministern gleich geachtet, und unter die Reichsbaronen gezählt wurden. Das Ungrische Gesetz* sagt: "daß dieß die wahren Reichsbaronen wären, deren Namen man von jeher den Königlichen Verordnungen und Bestätigungsbriefen beyzurücken pflegte. Diese sind: der Palatin von Ungern, der Hof- und Landrichter, der Ban von Dalmatien, Kroatien und Slawonien, der Woywod von Siebenbürgen und Graf der Sekler, wie auch der Ban von Sewerien, - denn der Ban von Machow ist zu unsern Zeiten durch die Türkenkriege eingegangen; - nicht minder der Königl. Schatzmeister, der oberste Thürhüter, der Mundschenk, Truchses, Stallmeister, der Obersthofmeister des Königs sowohl als der Königinn, nebst den Grafen von Temeschwár, und Preßburg. Es ist leicht zu erachten, warum der Graf von Temeschwár unter die Reichsbaronen aufgenommen worden. So, wie der Graf von Preßburg die Gränzen wider die Oesterreicher und Böhmen beschützte, und vertheidigte, so that es auch der von Temeschwár wider die Kumaner, die Bulgaren, und hernach auch wider die Türken. Daher lag es ihm ob, nicht nur Temeschwár und derselben Besatzung, sondern den ganzen Strich Landes, jenseits des Flusses Marusch, zwischen der Teiß, der Donau und Siebenbürgen, zu beschützen, ja, wann es die Noht erforderte, auch den

* Im ersten Theile, Titl. 94.

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Uibergang über die Gränzen zu verhüten. Und daher wurden sie an dieses Geschäft so sehr gebunden, daß sie nach den öffentlichen Gesetzen kein anders Amt bekleiden durften. So verordnete Wladislaw,* "daß der Graf von Temeschwár, außer der Würde der Gespanschaft, in welcher die Festung Temeschwár liegt, kein anders Amt bekleiden soll." Dieses mag darum geschehen seyn, damit der Feind den in andere Geschäfte verwickelten und sorglosen Grafen nicht überfallen möchte. — Es ist jedoch schwer zu bestimmen, zu welcher Zeit, die Grafen von Temeschwár das Vorrecht unter die Reichsbaronen gezählt zu werden, erhalten haben. Dieß allein ist bekannt, daß diese Würde dem Grafen von Preßburg viel früher, als dem zu Temeschwár zugetheilet worden, wie solches aus dem Schlusse der Verordnungen, Ludewigs des Ersten, der Maria, des Siegmunds, und selbst des Mathias erhellet. Denn in denselben werden die Grafen von Preßburg unter die Reichsbaronen gezählet, der von Temeschwár aber keine Erwähnung gethan. Einige glauben, daß Johann Korvin, der nebst der Statthalterschaft von Siebenbürgen, über welches er die höchste Gewalt nach dem Bonfin** hatte, wegen seiner Tapferkeit auch die Verwaltung von Serwien und Temeschwár erhalten habe, und der erste gewesen sey, der diese Würde bekleidete. — Diesem Johann folgte Ladislaus Korvin, der seines Vaters Fußtapfen gewiß gefolgt wäre, wenn er nicht aus Haß, den man wider diesen seinen Vater hegte,*** durch ein grausames Schicksal, der Welt ehe entrissen worden wäre, als er ihr Beweise seiner Vortrefftichkeit geben konnte.**** Diesem folgten

* Decreti III. Anni MCCCCXCVII. Art. LXIV.

** Decade III. Libro IV. p. 438. der Leipziger Ausgabe.

*** Nach dem Tode seines Vaters nämlich, ward Ulrich Graf von Cilley, der den wider ihn gefaßten Haß, über seine Söhne ausschütten wollte, zu Belgrad ermordet, weswegen Ladislaus zu Ofen, grausamer, als er es verdiente, sein Leben durch das Schwerdt verlor. Siehe Bonfius Dec. III. Lib. VIII.

**** Ebenderselbe am angeführten Orte.

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zu Anfange der Regierung des Mathias, Albert und Ambrosius Nagy, die mit gleichem Ansehen und Treue, der Verwaltung von Temeschwár vorstunden. Nach ihrem Tode gelangte der zwar vom geringen Herkommen, doch wegen seiner kriegerischen Verdienste, seiner Zeit so sehr berühmte Paul Kinisius zu dieser Würde. Bonfin* nennt ihn in seiner Beschreibung, die er von den Zurüstungen des Böhmischen Krieges gemacht hat, mit allem Rechte einen Herkules und Ajax. "Paul sagt er, der von geringer Herkunft war, und aus der Mühle zum Soldatenstande gezogen ward, erwarb sich unter dem Blasius Magyar zuerst den Zunamen von seinem Geburtsorte. Er besaß ausnehmende Leibes- und Gemühtsgaben, und an Größe, Stärke, und den übrigen Gliedmassen war er dem Herkules vollkommen ähnlich. Auferzogen in der Mühle seines Vaters, setzte er sie oft ohne die Beyhilfe eines andern in Bewegung, und zuweilen hob er ein Weinfaß, das kaum der Wagen ertragen konnte, allein von der Erde. In den Soldatentänzen trug er einen Mann in seiner ganzen Rüstung, und selbst bewaffnet mit den Zähnen hüpfend herum. In den Fechtschulen und Kampfplätzen unüberwindlich, ward er dem Blasius, bey dem er wohnte, so beliebt, daß er ihm nicht nur die mehresten Kriegsbedienungen, sondern für die bewiesene Treue, und Tapferkeit, auch seine Tochter zur Ehe gab." — Dieses habe ich hergesetzet, um den Trieb der Tapferkeit bey meinen Landsleuten anzufachen, indem die meisten Menschen durch Vorurtheile verblendet, ihre Vorzüge mehr in die Verdienste ihrer Ahnen setzen, als sich solche selbst zu erwerben suchen. Ist denn dieser nur tapfer und angesehen, der mit Wachsbildern seiner Ahnen umschanzt ist? Sehr schön sagt Juvenal:**

* Im zweyten Buche der vierten Dekas. Man lese auch das, was davon im vierten Buche dieser Dekas stehet. Es wird seiner gleichfalls unter den Reichsbaronen zu Ende des Dekrets des Königes Mathias, vom Jahre 1486 gedacht.

** In der 8ten Satyre.

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Tota licet veteres exornent undique cerae
Atria, nobilitas solaest, atque unica virtus.

Ich will nichts mehr von den Thaten, wodurch Kinisius seinen Namen bey der Nachwelt verewigt hat, sagen, da sie uns Bonfin schon so vortrefflich geschildert hat. —

Nach Pauls Absterben, ernennte Wladislaw den Joseph, mit dem Zunamen Szomius, einen an Künheit, Tapferkeit und Kriegswissenschaft seinem Vorgänger, bey dem er die Kriegskunst von Jugend auf erlernet hatte, ziemlich ähnlichen Helden, zum Nachfolger. Nach diesem ward Stephan Báthori, der Sohn des unverehlichten Stephans Bruder, Andreas, von eben diesem Könige dazu ernennt. Nach diesem stunden dem Banate, Mathäus von Warda, Laurenz Ujlak, und hernach Peter Perényi vor, die theils vom Wladislaw, theils vom Ludwig* dazu bestellet wurden. Nach der unglücklichen Schlacht bey Mohátsch übergab Johann nach seiner Krönung die Verwaltung dieses Banats, und die Würde eines Grafen, welche vorher Peter Perényi bekleidete, nebst dem Wardeiner Bischthume dem Cibak, wie solches Wolfgang Behtlen bezeuget.** Wer nach dessen Ermordung vom Gritti, sein Nachfolger gewesen, ist ungewiß. Doch nach des Johanns Tode, welcher 1540 erfolgte, ward dem Petrowitsch, einem von den Vormündern des jungen Prinzen die Verwaltung dieser Landschaft, von der verwittweten Isabella übertragen. Der letzte Statthalter von Temeschwár, war der unvergeßliche Held Stephan Loschontzi, der von den Barbaren wider alle Treue und Glauben auf das grausamste ermordet worden.

Uibrigens hat diese Provinz den Namen einer Gespanschaft viel eher erhalten, als sie von den Türken erobert worden. Schon Bonfin nannte sie so,*** und

* S. Decret. Regni. 1519. Art. 39. und Broderichs Descriptionem recognitam a Sambuco, auf d. 757 S.

** Im ersten Buche seiner Geschichte a. d. 24 S.

*** In der ersten Dekas im ersten Buche.

(P409)

unter der Regierung der Könige, Mathias Korvins,* und Wladislaws führte sie eben diesen Namen, wie man solches in den Dekreten dieser Könige finden kann. Auch zu den Zeiten Ludwigs des Zweyten,** und Ferdinand des Ersten*** ward sie allzeit so genennet; und so nennt sie auch Werbötz**** sehr deutlich, wenn er die Reichsbaronen herzählet. — Daher ist es nun sehr schwer zu bestimmen, woher der Name und das Ansehen eines Banats entstanden, man müßte denn glauben, daß der erloschene Name des Sewerier und Machower Banats, durch diese Benennung wieder ins Leben gebracht worden. —

Und nun will ich Ihnen auch Temeschwár schildern. — Außer allen Zweifel ist es, daß der Ungrische Name dieser Stadt von dem Flusse Temesch herzuleiten sey. Lateinisch heißt sie Temesia, und mit der Ungrischen Endung Temesvárum und Temesvárinum. Unter welchem Könige der Grund der Stadt, und des Schlosses gelegt worden, übergehen unsere vaterländischen Geschichtschreiber mit Stillschweigen. Die Meynung derjenigen, welche den Ursprung dieser Stadt, bis in die Zeiten des heiligen Stephans, oder des heiligen Ladislaus setzen, scheint mir sehr rähtselhaft. — Zu den Zeiten Kolomans, welcher wegen den Kreutzfahrern mit seiner Armee bey dem Flusse Temesch stand, war der Name dieser Stadt noch völlig unbekannt. Und wäre er es nicht gewesen, so würde Bonfin gewiß eine Meldung davon gethan haben; und daher muß sie erst später erbaut worden seyn. Ihrer wird zuerst in der Geschichte Karls des Ersten gedacht, und zwar, daß dessen Gemahlinn Maria nach der Mey-

* Im 6ten Dekrete des Mathias, und öfter in dem des Wladislaw.

** Decr. 1518. Art. 32.

*** Decret. 1552. Art. 27.

**** Tripart Operis P. I. Tit. XCIX.

(P410)

nung des Thurotzius* in derselben gestorben sey, und daß Karl, als er von den Walachen, denen er unbesonnen einen Krieg ankündigte, geschlagen worden, sich mit wenigen seiner Leute dahin geflüchtet habe.

Als ich nach Temeschwár kam, besuchte ich zuvörderst den Obergespan Grafen Christoph Nitzky, einen in der vaterländischen Rechtsgelehrsamkeit überaus erfahrnen, und in den Wissenschaften und Künsten, die Melpomenen und Thalien heilig sind, stark bewanderten Kavalier, der mir, seinem alten Verehrer, mit ungewöhnlicher Liebe und Freundschaft begegnete. Eben diese unverdiente Güte erzeigten mir in dem Komitatshause, welches an Pracht und Bequemlichkeit alle andere dieser Art in Ungern weit übertrift, der würdige Vicegespan Lowáß, und die übrigen Mitglieder dieser Gespanschaft, die ich schon ehedem zu kennen die Ehre hatte, — die Herren Domtscháni, Pongráz, Urik, Frumer, Meschterháßi, und der Notarius Atzél. —

Die meisten Einwohner der Stadt sind Deutsche, die Ungern aber nehmen seit der eingeführten Ungrischen Regierungsform von Tag zu Tage zu. Die Raitzen, und Walachen, die hier wohnen, leben theils von gedungener Arbeit, theils aber von jährlichen Hausdiensten, Und daher ist es nohtwendig, daß diejenigen, welche der Dienste dieser Leute nöhtig haben, auch ihre Sprache verstehen. Und dieses ist eben die Ursache, daß das Walachische in der Stadt so allgemein ist, — Viele beschuldigen diesen Ort einer ungesunden Luft, und eines Mangels an gutem Wasser. Hier könnte man sich an jene Folter des Tantalus erinnern: Quaerit aquas in aquis. Doch diesem Mangel hat man dadurch abgeholfen, daß man aus einer ziemlichen Entfernung von der

* In der Chron. Hung. im 91sten Kapitel des 2ten Theils, wo man den Fehler des Bonfins bemerket, den er im 9ten Buche der zwoten Dekas auf der 317 Seite begangen hat, da er nämlich das Sterbjahr auf das J. 1305 setzet, welches vielleicht, so wie Demesch statt Temesch, ein Druckfehler ist.

(P411)

Stadt, durch bleyerne Röhren hinlängliches und gesundes Wasser geleitet wird. Diejenigen aber, welche einen bessern Geschmack an sauerm Wasser finden, lassen sich solches von den Serwischen Gränzen, oder von andern Orten bringen. Die Luft ist freylich nicht so rein, daß sie nicht manchmal, besonders aber den Fremden schädlich seyn sollte; sie ist aber nicht so ungesund, daß man sie nicht ertragen, oder ihre Ansteckung nicht verhüten könnte. Den Ankömmlingen fällt sie freylich etwas beschwerlich, sie können jedoch, sobald sie sich daran gewöhnet, solche ohne Verlust ihrer Gesundheit, besonders, wenn sie von einer dauerhaften Leibesbeschaffenheit sind, sehr leicht ertragen. Nur Bürger und Soldaten, wie die Ungern sind, will Temeschwár haben! — Dieses Uibel zu mildern, haben die Vornehmsten der Besatzung, und viele Einwohner ihre Gärten außerhalb der Stadt, in welchen sie bey heiterem Himmel täglich freye Luft schöpfen, angelegt. Diese Gärten prangen mit aller Schönheit, und Mannigfaltigkeit einheimischer und fremder Früchte im Uiberflusse. —

Die Stadt, in welche man nur durch viele Brücken kommen kann, ist so sehr mit Festungswerken eingeschlossen, daß sie fast unüberwindlich scheinet. Außer dem pranget sie mit breiten, und regelmäßigen Gäßen, prächtigen Kirchen, einem doppelten Bischthume, beqwemen und ansehnlichen Häusern, mit einem schifreichen Kanale; — und sie behauptet daher mit allem Rechte einen vorzüglichen Rang unter den berühmtesten Städten, welche dem Hause Oesterreich angehören. —

Da ich nun die Beschreibung dieser Stadt endige, so schließe ich auch mein weitläuftiges Schreiben, und wünsche, daß Sie wohl leben mögen! Temeschwár, den 20ten Juny, 1781.
Topic revision: r32 - 09 Sep 2012, KatalinBlasko
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