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ZUM GESAMTINHALT

Ungrisches Magazin, Band 1, Heft 4, Text 38 (S. 460-466)
Hrsg. von Karl Gottlieb Windisch
Pre\xDFburg, L\xF6we, 1781
Autor: 1. Augustini S\xE1muel, Ab Hortis; 2.(eventuell Conrad Dominik Bartsch )
Zuordnung: 1. Geschichte; 2. Kulturgeschichte

Vom ungrischen Ursprunge der Kutschen 1

Vom ungrischen Ursprunge der Kutschen 2

Vom ungrischen Ursprunge der Kutschen 3

Vom ungrischen Ursprunge der Kutschen 4

Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtw\xE1nfi 1

Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtw\xE1nfi 2

Lebensgeschichte des Nikolaus Ischtw\xE1nfi 3



(p460)

38. Ausz\xFCge aus Briefen.

1. Uiber die Erfindung der Kutschen.

G. den 18ten May 1781.

Sie wollen uns in dem ersten St\xFCcke des ersten Bandes Ihres Magazins S. 15. u. f. glaublich machen: da\xDF die Kutschen eine ungrische Erfindung sind. Es ist wahr, die ganze Abhandlung von dieser Sache, ist nicht allein sinnreich und gelehrt, sondern sie macht auch unserem Vaterlande Ehre, wenn dasselbe als die Erfinderinn eines Fahrzeuges angesehen

(p461)

wird, dessen sich nun die gr\xF6\xDFten Herren in ganz Europa zu ihrer Beqwemlichkeit bedienen. Ich bin auch gar nicht gesonnen, diese Ehre meinem Vaterlande zu entziehen, sonderlich verehre vielmehr den gelehrten Herrn Verfasser, der dieses so gr\xFCndlich entdeckt, und auf die Bahn gebracht hat. Nur dazu kann ich mich noch nicht \xFCberreden, da\xDF das Wort Kutsche oder Kotsi ein wahres, und seinem Urspr\xFCnge nach, \xE4chtes ungrisches Wort seyn sollte. Ich kann es also dem flei\xDFigen Herrn Joseph Benk\xF6, als einem in dieser Sprache erzogenen, und darinnen vollkommenem Manne gar nicht verdenken, da\xDF er demselben in seiner Muttersprache keine Stelle giebt. Denn ich sehe nicht ein, woher man es aus dem ungrischen herleiten k\xF6nnte, oder was es sonst zu bedeuten h\xE4tte, daraus man abzunehmen im Stande w\xE4re, wie und aus was f\xFCr einem Grunde dieser Name einem solchen ganz neu erfundenen Fahrzeuge beygeleget worden sey?

Hingegen aber ist es allzudeutlich, da\xDF das Wort Kutsche oder Kotsche ein wahres \xE4chtes zipserisch deutsches Wort sey, welches bey denen hier wohnenden Insassen, die diese Sprache reden, noch bis diese Stunde in einer solchen Bedeutung gebraucht wird, aus der man den Namen Kutschen ganz nat\xFCrlich, und ohne allen Zwang, ja fast nohtwendig, von demselben herleiten mu\xDF. Kutschen oder Kotschen hei\xDFet in der Zips so viel, als decken. Zukutschen oder auch zukotschen zudecken; eine Kutsche oder Kotsche aber hei\xDFt eine Decke. Auch sogar die Decke, womit man die kleinen Kinder umfasset, und auf den S\xE4\xDFen herum tr\xE4gt, heisset eine Kutsche oder Kotsche. Man spricht daher, wenn man eines solchen Kindes mit seiner W\xE4rterinn ansichtig wird: sie tr\xE4gt das Kind in der Kutsche oder Kotsche. Die Kindesw\xE4rterinnen pflegen den Kindern schmeichelnd den Antrag zu machen: komm zu mir, mein Kind in die Kutsche oder Kotsche! — Nichts kann also aus dieser Redensart begreiflicher seyn, als

(p462)

eine Kutsche, wenn von einem Fahrzeugs die Rede ist, einen bedeckten, oder nach Zipser Art zu reden, einen verkutschten Wagen bedeute, in welchem man eben so gem\xE4chlich und beqwem fortkommen kann, wie ein Kind, welches von seiner W\xE4rterin in der Kutsche getragen wird. Die Weibspersonen vom gemeinen Volke pflegen auch in der Zips Sommerszeit eine Decke von seiner Leinwand um den R\xFCcken und auf beyden Armen herabhangend, als einen Zieraht an Sonn-und Feyertagen zu tragen; diese Decke nennen sie die Kotsche. Wenn in der Zips anstatt des Worts Kutschen, das von W\xE4chtern angef\xFChrte, alte und bereits au\xDFer den Gebrauch gekommene Wort Kutten im Gebrauch w\xE4re, so w\xFCrde ich selbst ein Bedenken tragen, den Namen Kutsche von demselben herzuleiten; denn man k\xF6nnte fragen: warum man diese Fahrzeuge nicht Kutten nennet? So aber ist nichts nat\xFCrlicher und ungezwungener, als da\xDF ein Zipser in seiner Sprache einen \xFCberdeckten Wagen, kurz, und mit einem Worte eine Kutsche nennet. Aus diesem Grunde pfleget man auch hier, und vielleicht wohl nirgends, wo man Deutsch spricht, einen unbedeckten Wagen nicht Kutsche, sondern Kalesse oder Kalesche zu hei\xDFen. Der Unger hingegen, dem der eigentliche Ursprung von dieser Benennung unbekannt ist, bemerket diesen Unterscheid nicht, sondern nennet beydes in seiner Sprache mit den n\xE4mlichen Namen Kotsi. Hieraus k\xF6nnte man den Schlu\xDF machen: da\xDF wenn ja dieses Fahrzeug in Ungern erfunden worden ist, dasselbe zuerst in der Zips entstanden sey, und den Namen Kutsche hier erhalten habe.

Es ist aber noch die Frage: ob in der Zips auch ein Ort vorhanden sey, dessen Name eben so viel Aehnliches mit dem Namen der Kutschen hat, als das in der Wieselburger Gespanschaft liegende Kitsee? Ich mache mir zwar auf diesen Beweis gar keine Rechnung, dem ungeachtet aber ist auf den Gebiehte der K\xF6nigl. Freyen Stadt

(p463)

Leutschau ein kleines Dorf, welches auf Deutsch Kusch\xF6bchen oder Kutsch\xF6bchen hei\xDFet. Es wird zwar verschiedentlich geschrieben, und benennet, als Kunscheiben, Kunschobchen, wie dergleichen Benennungen in der Welt mancherley Abwechslungen unterworfen zu seyn pflegen. Es ist ja dieses Schicksal verschiedenen grossen und ber\xFChmten St\xE4dten ehedem schon begegnet, die da heut einen ganz andern Namen f\xFChren, als sie in alten Zeiten gehabt haben. Ich will also auch hier gar keine Untersuchung anstellen, welches der rechte Name dieses Dorfs sey? so viel aber ist richtig, da\xDF man es noch immer nach der gemeinen Gewohnheit — Kuschh\xF6bchen oder auch Kutsch\xF6bchen nennet. Und wie sch\xF6n lie\xDF sich diese Erschaffung der Kutschen von diesem Orte herleiten, wenn man sie nur mit wenigen Urkunden und Zeugnissen best\xE4tigen k\xF6nnte! — Das Dorf liegt an dem so genannten Rehberge, welcher ehedem mit einer Menge Eichenholz (welches zur Verfertigung der Kutschen am t\xE4uglichsten ist) besetzt war. Der Name Kutschh\xF6bchen, kann so viel bedeuten, als ein kleiner Hof, wo man Kutschen verfertiget, oder wenigstens das n\xF6htige Holz dazu vorbereitet. Den Leutschauern, als Grundherren, konnte die rauhe Witterung des Zipserlandes, und die Reisen, die sie bey ihrem ehemaligen starken Handel zu thun gen\xF6htiget waren, zu dieser Erfindung Stof und Gelegenheit an die Hand gegeben haben. —

Wie sollen wir aber alles dieses mit den bew\xE4hrten Zeugnissen und Gr\xFCnden des Herrn Verfassers zusammen reimen und verbinden, damit kein offenbarer Widerspruch entstehe? Wir stimmen mit dem Herrn Verfasser \xFCberein, und gestehen es gerne, da\xDF die Kutschen eine in Ungern entstandene Erfindung sind, allein die ersten Erfinder dieses Fahrzeuges m\xFC\xDFen Zipser gewesen seyn, die derselben nach ihrer Sprache und Mundart den schicklichen Namen Kutsche gegeben haben. Weil es nun aber sehr leicht zu vermuhten ist, da\xDF die ersten zipse-

(p464)

rischen Kutschen, noch ein ziemlich elendes und ungestaltes Gem\xE4cht seyn mu\xDFten, so ist dasselbe nach der Zeit, besonders unter dem K\xF6nige Mathias Korwin, und zwar, wie man nicht ohne Grund vermuhtet, in dem damaligen Kotsi (heute Kitsee) zur Vollkommenheit gebracht, und so dann in andern L\xE4ndern bekannt worden. Der Name aber dieses Fahrzeuges, den dasselbe bey seiner ersten Entstehung in der Zips erhalten hatte, ist so wohl von den Schlawaken als Ungern angenommen, und beybehalten worden. —

ab H.

2. Nachtrag zu Istwanfi's Biographie.

F\xFCnfkirchen, den 21. July, 1781.

Zu Dero im ersten St\xFCcke des Ungrischen Magazins befindlichen Lebensgeschichte des Nik. Istw\xE1nfi finde ich n\xF6htig folgendes zu erinnern: Istw\xE1nfi's Gemahlinn hie\xDF nicht, wie S.29 gesagt wird, Batta, sondern Botth de Bayna. Er erzeugte mit ihr nicht eine, sondern drey T\xF6chter, davon die \xE4lteste Eva, die j\xFCngere Ursula, die j\xFCngste Katharina hie\xDF. Alle dreye wurden Stammm\xFCtter grosser noch itzt bl\xFChender Familien. Die erste heurahtete den B\xE1n Johann Draskowitsch; — die zwote verm\xE4hlte sich mit dem Johann Lipcsey von Nagy-L\xFCtsche, und erzeugte eine einzige Tochter Elisabeth genannt, die den Baron Malakoczy heurahtete, mit dem sie mehrere T\xF6chter hatte, deren eine die Gamahlinn des Georg Czindery von Nagy-Attad, Viceb\xE1ns in Kroatien ward, deren Familie noch bl\xFChet; — die dritte endlich, Katharina, heurahtete, wie Sie richtig melden, den Georg Keglewitsch. Es mag seyn, da\xDF Istw\xE1nfi

(p465)

f\xFCr diese um die weibliche Succession bey dem K\xF6nige Mathias angehalten, und dieser sie ihm nicht zugestanden habe, wie das S. 30 Note** angef\xFChrte, bey der Ungrischen Kammer befindliche Rescript desselben ausweiset; aber vermuhtlich ist Istw\xE1nfi noch nichl von seiner Bitte abgestanden, und hat sich sp\xE4ter nachher an den ihm ungemein g\xFCnstigen K. Rudolph selbst gewandt; denn so viel ist gewi\xDF, da\xDF er von ihm die weibliche Succession f\xFCr alle seine drey T\xF6chter erhalten hat. Ich habe eine vidimirte Kopie, der deswegen von besagtem Kaiser verliehenen Donation, datirt von Pre\xDFburg den 20ten J\xE4ner 1600, wovon das Original sich in dem Gr\xE4fl. Dra\xDFkoviczischen Archive zu Klenovnik in Kroatien befindet, und die Statution des Eisenburger Kapitels. Diese Urkunden sind \xF6fters vor den ungrischen hohen Gerichten gewesen, und vollkommen authentisch befunden worden. Es haben auch blo\xDF durch sie die Nachkommenschaft der Istwanfischen T\xF6chter mehrere der vormals Istwanfischen G\xFCter vindicirt, und erhalten.

Istw\xE1nfi aber hatte eine ungemeine Anzahl von Besitzungen; ein grosser Theil von Kroatien, dem Szalader, Sch\xFCmegher und B\xE1r\xE1nyer Komitat war sein; aber die meisten dieser G\xFCter waren in den H\xE4nden der T\xFCrken, daher besitzen auch bey weiten seine weibliche Nachkommen nicht alle Istw\xE1nfischen G\xFCter.

Seine Grabst\xE4tte ist zu Vinitza in Kroatien, dort liegt er und seine Gemahlinn in einer Kapelle n\xE4chst dem Hochaltare. Es befinden sich auf seinem Grabsteine eine von ihm selbst verfa\xDFte Innschrift, und einige Verse; die Innschrift lautet nach dem Verfasser des B\xFCchelchens: Palatium Regni Hungariae etc. Cassoviae 1739: 8vo S. 60 (wo auch eine kurze Biographie vom Istw\xE1nfi befindlich ist) also:

(p466)

D.O.M.

Rudolpho II. Imperatore Caesare Augusto, pio, felici, Nicolaus Istv\xE1nfi, Regni Hungariae Pro-Palatinus, hac cura posteros levare volens, sibi & Elisabethae Bot de Baine coniugi pientissimae posuit, ut qui XXXV amplius annis conjuctissime vixerunt, una etiam resurgant. Annno Christi Salvatoris CIƆ IƆ -- -- XCVII. Vivite Superstites mortaluatis memores. - Ich kann nicht b\xFCrgen, da\xDF diese Innschrift richtig sey; die Verse weis ich dermalen nicht; sollte ich aber, wie ich hoffe, bald nach Kroatien kommen, so werde ich nicht unterlassen, das Monument dieses grossen Mannes zu untersuchen, und Ihnen davon genaue Nachricht geben.

Als eine Merkw\xFCrdigkeit f\xFChrt man noch an, da\xDF bey der Grabst\xE4tte in der Mauer ein grosser ebener Stein befestiget ist, hinter welchem man nicht weis, was verborgen sey. Einige vermuhten, Istw\xE1nfi habe dahinein seine hinterlassenen Schriften gebracht; man hat aber keine Kosten zur Untersuchung verwenden wollen, die nicht anders als mit dem Consens und Beyseyn der ganzen Istw\xE1nfischen Familie geschehen kann. —
Topic revision: r29 - 01 Dec 2011, KatalinBlasko
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