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Karl Gottlieb Windisch an Daniel Cornides
Pressburg, 4. November 1781
Windisch gibt Cornides den Inhalt des neuerschienen Stücks des
Ungrischen Magazins detailliert wieder, benennt dabei auch die Autoren der einzelnen Beiträge. Er bittet Cornides darum, ihm bei der Überarbeitung seiner Geschichte des Königreichs Ungarn behilflich zu sein.
(P19)
(P20)
(P21)
(P22)
Preßburg, den 4ten 9bris 1781.
Theuerster, beßter Freund,
Deroselben beyde liebenswürdige Briefe, habe ich richtig erhalten; und nur meine Amtsgeschäfte, die mich fast drey Wochen, in einem der hiesigen Stadt zugehörigen Dorfe Weinern genannt, als Kommissär während der Weinlese gefesselt hielten, haben die Beantwortung des ersten bisher verzögert. Das dritte und vierte Stück des
Ungrischen Magazins habe ich bereits an unsern lieben
Seivert geschickt, von dem Sie beyde richtig erhalten werden. Die Münze des K[önig] Peter ist eine von denen, welche dieses Jahr erst, in einem der neuen Stadt Mar[ia] Theresianopel zugehörigen Prädio Tompa gefunden worden. Ich habe meinem Freunde daselbst bereits geschrieben, mir, wo möglich, noch einen solchen zu verschaffen, den ich, sobald ich ihn erhalte, mit vielen Vergnügen Ihnen, mein Beßter überschicken werde. Könnte ich doch so glücklich seyn, Ihnen worinnen gefällig zu werden! Sagen Sie, was soll ich thun, um es zu werden! Alles, was in meinen Kräften und Vermögen steht will ich anwenden, Ihre Wünsche zu befriedigen!
Das erste Stück des 2ten Bandes unseres
Magazins wird folgende Materien enthalten: 1.
Denkmaal der K[aiserin] K[önigin] Mar[ia] Theresia in Ungern errichtet. Ein vortrefflicher Kupferstich auf Imperialfolio, erfunden und gezeichnet von dem Kameralsekret[är] Schonsitsch und Bar[on] Schilson und von Schmutzer gestochen. Ist von mir beschrieben. 2.
Insekten der Oedenburger Gegend, von Herrn D[oktor]
Conrád: in Oedenb[urg] 3.
Diarium Anni 1664. in Castris ad Uj-Zrínvár aus einer ungrischen Handschrift in das Deutsche übersetzt von M[athias]
Ráth, Verfasser des
Magyar Hirmondó. 4.
Topographie des Popradflusses, von Herrn P[astor]
ab Hortis. 5.
Von einem Denkmaale zu Deés 6.
Von den Klementinern, nebst einem Kupfer, von mir durch Ihren Beystand verfaßt. 7.
Fortsetzung des Ungrischen Atlas. 8.
Auszüge aus Briefen: a) Beytrag zur Biographie des Niklas Ischtwánfi, von D[ominik]
Bartsch, aus
Warasdin. b) Etwas vom Drachenorden. c) von der Ofnerischen Buchdruckerey, unter dem König Mathias Korwin. d) Historische Kleinigkeiten von Pfarrer
Schweitzer, weltlicher Priester in Kaschau. 9.
Uiber die Größe des Großfürstenthums Siebenbürgen, von Gr. 10. Ankündigung einer Geschichte der Fürsten in 7bürgen, mit zwo illuminirten Platten, wovon eine den Fürst Sigmund Báthori, die andere den Grafen der Sächsischen Nation Hutherus vorstellet. Die Zeichnungen sind nach dem Original in Kupfer gestochen, von dem geschickten Maler Stock, einen 7bürger, der sich in Preßburg etablirt hat, und Ihnen wohl bekannt zu seyn sich rühmet. Die eigentliche Geschichte von den Grafen hat Herr Pfarrer
Seivert geschrieben, die von den Fürsten hat er noch nicht. 11.
Anfrage an die Botaniker, Oekonomen etc. den Weinbau in Ungern betreffend, von
Conrád. 12.
Anekdoten. Die lesen unsere Damen, Fräulen, Weiber, Mägdchen, Stutzer, Bramarbase, [?], politische Kannengiesser, und d[e]rgl[eichen] Saugthiere sehr gern! Und da ein Viertl der Auflage durch dieselben verzerrt wird: so muß ich immer etliche hinten anflicken; denn die meisten untersuchen die Stücke von hinten. Solche Anekdoten, wenn Ihnen theuerster Freund, welche gelegentlich einfallen, bitte ich für unser Magazin zu sammeln. Noch habe ich die Bücheranzeigen, welche künftighin in jedem Stücke erscheinen sollen. Alle einheimischen Schriften, die nicht außerhalb unsern Plan sind, sollen nach und nach recensiret, doch mehr ausziehend und erzählend, als kritisirend erscheinen. In diesem Stücke, welches itzt schon unter der Presse ist, werde ich den Anfang machen, mit
Schönvisneri Iter Taurinum ad Leg. XXX Budae 1780–81. Salagy Comment. de Columna miliari nuper Budae reperta. 5eccles. 1781. Eiusdem de statu Eccl. Pann. 4 Th. Papanek Hist. Gentis Slavae. 5eccl. 1780.
Die gütigst überschickten Zusätze zu dem Deéser Denkmaal werde ich an gehörigen Oertern einrücken. Der Abbé Manzini ist auf einige Zeit verreist, wird aber täglich erwartet. Sobald er kömmt werde ich ihn an das versprochene Diplom erinnern.
Horányi ist eben bey mir, und empfiehlt sich Ihnen. Er edirt den
Simon de Keza, mit einigen seiner Bemerkungen. Zu seiner
Memoria Hungarorum gedenkt er bald ein
Supplement herauszugeben, welches, wenn er dazu auch alles nach ihrer Gewohnheit aufrafft, leicht stärker als das Werk selbst werden kann. Zu diesem Bande habe ich ihm Stoff genug gegeben.
Noch habe ich eine Bitte, die ich mich kaum zu thun wage. Meine
kurzgefaßte Geschichte der Ungern hat sich fast völlig vergriffen, und der
Verleger hat mich bereits an eine neue Auflage erinnert. Ich weis nicht ob Sie diesen Wunsch kennen. Nie würde ich mich daran gewagt haben, wenn ich nicht von höhern Oertern dazu aufgefordert worden wäre. Ihre Königliche Hoheit, die
Erzherzogin Maria Christina wollte etwas von der Ungrischen Geschichte Deutsch haben, und trug mir diese Arbeit auf. Viel Zeit konnte ich nicht darauf verwenden, und die Grossen können nichts erwarten. Das Ding ward gedruckt, und gefiel wenigstens dem Hofe; und dem Schwarm von Lesern, die nur aus Gewohnheit liest. Aber nun, da es wieder gedruckt werden solle, möchte ich es doch ein wenig mehr aufputzen – hin und wieder die Schminke abwischen – das Kleid etwas passender machen, und dem Körper seine natürliche Gestalt geben. Aber kann ich das auch? Unter uns gesagt, was so viele wissen, ich bin ein sehr schlechter Schneider. Aber muß denn auch ein jeder Flicken sich gleich an ein Staatskleid wagen? Das soll er freylich nicht. Aber, und immer aber doch geschieht es oft, daß ein verpfuschtes Kleid, durch einen Meister zu rechte gebracht wird. Wollten Sie wohl so viel Christliche Liebe haben, und mir das verhunzte Kleid zu verbessern helfen? Dort und da ein Zwickel eingesetzt, hin und wieder ein wenig ausgelassen, könnte es wohl noch so ziemlich herstellen. Ja theuerster Freund, wenn Sie meine Geschichte hin und wieder verbessern, und mit Ihren Zusätzen bereichern wollten, wie freudig würde ich mich zur zwoten Auflage derselben rüsten! Aber bin ich nicht zu unverschämt, so was von Ihnen zu begehren.
Aber, Sie sind doch bey Ihrem nomadischen Leben immer gesund! Ja nun, so reisen Sie in Gottes Namen nur brav zu; aber vergessen Sie dabey unsers
Magazins nicht! Der größte Theil des lesenden Publikums sucht itzt nichts als Reisebeschreibungen. Die Leipziger Meßkatalogi sind damit angefüllt, und schon giebt jeder Schuster und Schneidermeister seine Reisen heraus. Ein pfälzerischer Gürtlergeselle, der als Matrose mit dem
Kapitän Cook fuhr, beschenkte die Neugierigen mit seinen Beobachtungen und machte Aufsehen. Wir haben von den unbekanntesten Ländern einen Strom von Beschreibungen, und Nachrichten allerley Art, wir reden von Nordamerika, als wenn wir dort zu Hause wären, und unser Vaterland kennen wir nicht. Wer kennt Ungarn und Siebenbürgen anderst, als aus der gewöhnlichen Geographie? Ja mein Beßter, Sie würden sich einen großen Theil des Publikums sehr verbindlich machen, wenn Sie ihm nach und nach Ihre Beobachtungen und Anmerkungen auf Ihren Reisen mittheilen wollten. Berühmte Engländer und Franzosen haben das mit ihrem Vaterlande gethan, artistische, oekonomische, physikalische, antiquarische Reisen durch Engl[and], Schottland, Irrland, und Frankreich herausgegeben. Und, was wird ein Mann, von so ausgebreiteten Kenntnissen, wie Sie theuerster Freund sind, nicht prästieren können? Und so kriegen wir bald ein Stück Ihrer Reise zu sehen! O thun Sie das!
Nun, das heißt geschwätzt bis in die späte Nacht. Aber das dürfte eben ich nicht sagen, weil ich versichert bin, daß Sie es dem ganzen Briefe ansehen werden, daß er halb im Schlafe geschrieben ist.
Und itzt wünsche ich Ihnen mit eben so vielem Rechte als die europäischen Fürsten, aber gewiß mit mehr Aufrichtigkeit, daß Sie Gott in seinen heiligen Schutz nehmen wolle! Ich bin Ihr
Ganzergebener Freund und D[iener]
Windisch mpia